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Mehr Frühstadien, mehr Chancen

Die Inzidenz des Pankreas-Adenokarzinoms (PDAC) ist zu gering für ein populationsbasiertes Screening. Es gibt aber Hochrisikogruppen, für die eine regelmäßige Früherkennungsuntersuchung sinnvoll erscheint, berichtete Prof. Dr. Roland Schmid, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München.1 In der multizentrischen prospektiven Studie CAPS5 definierten die Autor:innen das hohe Risiko vor allem durch die familiäre Vorbelastung (betroffene Verwandte ersten oder zweiten Grades) mit oder ohne Nachweis von Treibermutationen, in einigen Fällen auch durch eine BRCA2- oder ATM-Mutation ohne von einem PDAC betroffene Familienmitglieder.2 Alle wurden jährlich mit Endosonografie und/oder MRT/Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie untersucht. Entdeckten die Kolleg:innen verdächtige Läsionen, war es möglich, das Intervall zwischen den Kontrolluntersuchungen zu verkürzen.
Bei zehn der 1.461 gescreenten Hochrisikopersonen wurde zwischen 2014 und 2021 ein PDAC diagnostiziert. Einer litt bereits zum Zeitpunkt der Diagnose an einem metastasierten PDAC, nachdem er vier Jahre zuvor die Überwachung abgebrochen hatte. Von den übrigen neun Erkrankten mit PDAC, die im Screeningprogramm geblieben waren, wiesen sieben (77,8 %) ein Stadium I auf und nur je einer ein Stadium II und III.
Außerhalb des Screeningprogramms erhielt in weiteren CAPS-Studien nur eine von insgesamt sieben Personen eine Diagnose im Stadium I. Das mediane OS der Patient:innen mit PDAC betrug im Screeningprogramm 9,8 Jahre und außerhalb 1,5 Jahre.
Chirurgie als Schlüsselfaktor
Die Pankreaschirurgie als potenziell kurative Option des PDAC ist mit einem hohen Risiko verbunden. Durch erfahrene Operateur:innen lässt sich die Mortalität im Krankenhaus begrenzen. Im Universitätsklinikum Heidelberg starben bei insgesamt 10.512 Pankreasresektionen nur 2,9 % der Operierten im Krankenhaus, berichtete der ehemalige Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg, Prof. Dr. Markus W. Büchler. In seiner jetzigen Wirkungsstätte am Pankreaskarzinom-Zentrum der Champalimaud Foundation in Lissabon, Portugal, sei die Krankenhausmortalität nach Pankreasresektion sogar noch geringer.
Die Realität in Deutschland sei aber eine andere, berichtete er aus einer noch nicht publizierten Auswertung von Krankenkassendaten. Zwischen 2010 und 2019 wurden danach 11.419 totale Pankreatektomien in Deutschland durchgeführt. Die Hälfte der Kliniken führte diese komplexen Eingriffe nur bis zu zehn Mal in zehn Jahren durch – also im Durchschnitt maximal einmal pro Jahr. Die Krankenhausmortalität nach der OP betrug in diesen Kliniken 32,4 %, bei Eingriffen mit Gefäßrekonstruktion sogar 59,7 %. Für Kliniken mit mehr als 70 solcher Eingriffe in zehn Jahren belief sich die Krankenhausmortalitätsrate auf 18,6 %, bei Gefäßrekonstruktion auf 29,3 %. „Das ist besser, aber nicht gut“, betonte Prof. Büchler. „Da muss sich etwas verändern!“
Quelle: Büchler MW. 36. Deutscher Krebskongress 2024; Keynote Lecture „Therapieintensivierung oder Nihilismus? Die Perspektive des Chirurgen“
Auch wenn ein PDAC im Stadium I entdeckt wird, sollte der kurativ intendierten Chirurgie standardmäßig eine adjuvante Therapie folgen. Prof. Schmid wies darauf hin, dass auch einige oligometastasierte Pankreaskarzinome möglicherweise noch kurativ behandelbar sind. Wie PD Dr. Georg Beyer vom LMU München berichtete, prüft die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) in der Phase-2-Studie HOLIPANC derzeit eine neoadjuvante Therapie mit liposomalem Irinotecan kombiniert mit Oxaliplatin und 5-FU/Folinsäure, gefolgt von einer kurativen Resektion bei Patient:innen mit auf die Leber beschränktem oligometastatischem, lokal resezierbarem oder lokal fortgeschrittenem PDAC. Die demnächst anlaufende Phase-3-Studie METAPANC der AIO schließt Erkrankte mit PDAC und resektablem Primärtumor sowie maximal drei Lebermetastasen ein. Verglichen wird
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die neoadjuvante Chemotherapie mit acht Zyklen modifiziertem FOLFIRINOX gefolgt von der Resektion und einer 5-FU-basierten Erhaltungstherapie über drei Monate
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eine alleinige Chemotherapie mit acht Zyklen FOLFIRINOX und 5-FU-basierter Erhaltungstherapie ohne Chirurgie
Die adjuvant zielgerichtete Behandlung spielt aktuell nur für wenige Patient:innen mit Pankreaskarzinom eine Rolle – viele weisen keine Alterationen auf, die eine solche Therapie möglich machen. KRASG12C-Mutationen, für die inzwischen Inhibitoren verfügbar sind, finden sich z.B. nur bei 1–2 % der Pankreaskarzinome, so Prof. Schmid. Bislang begrenzen die rasche Resistenzentstehung und die Heterogenität der Tumoren die Effektivität der zielgerichteten Substanzen.
Eine andere Option könnte in Zukunft eine auf das KRASG12D-Neoantigen gerichtete T-Zell-Rezeptor-Gentherapie sein, berichtete Dr. Beyer. Eine Patientin mit extensiv vorbehandeltem metastasiertem Pankreaskarzinom hatte auf diese angesprochen. Auch die Vakzinierung gegen Tumor-Neoantigene erscheint möglich. In einer Phase-1-Studie erzielte eine gegen KRASG12D und KRASG12R gerichtete Vakzine bei vielen Patient:innen mit resektablem PDAC und einem molekularen KRASG12D/KRASG12R-positiven Rezidiv nach der OP ein gutes bis komplettes Ansprechen.4
Einen weiteren Ansatz könnte eine individualisierte, nach dem Resektat adaptierte mRNA-Vakzine gegen verschiedene festgestellte Neoantigene als Zusatz zur adjuvanten Chemotherapie darstellen. In einer monozentrischen Untersuchung erhielten Personen mit reseziertem Pankreaskarzinom eine solche individualisierte Impfung zusammen mit Atezolizumab vor der adjuvanten Chemotherapie mit modifiziertem FOLFIRINOX. Patient:innen, die auf eine solche individualisierte mRNA-Impfung mit einer T-Zell-Expansion ansprachen, hatten ein deutlich reduziertes Risiko, über 18 Monate einen Progress zu entwickeln.5
Quelle: Kongressbericht 36. Deutscher Krebskongress
1. Schmid RM. 36. Deutscher Krebskongress 2024; Vortrag „Die Perspektive des Onkologen“
2. Dbouk M et al. J Clin Oncol 2022; 40: 3257-3266; DOI: 10.1200/JCO.22.00298
3. Beyer G. 36. Deutscher Krebskongress 2024, Vortrag „Was kommt Neues beim Pankreaskarzinom?“
4. Pant S et al. Nat Med 2024; 30: 531-542; DOI: 10.1038/s41591-023-02760-3
5. Rojas LA et al. Nature 2023; 618: 144-150; DOI: 10.1038/s41586-023-06063-y
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