Metastasiertes NSCLC mit NRG-1-Fusion spricht auf Zenocutuzumab an

Friederike Klein

Eine zweite Diagnostik ermöglicht die zielgerichtete Behandlung. Eine zweite Diagnostik ermöglicht die zielgerichtete Behandlung. © iStock / teguhjatipras

Testen lohnt sich – auch nach der Primärdiagnostik. Das verdeutlicht ein Fall aus Hamburg: Hier wurde erstmals in Deutschland eine Patientin mit metastasiertem NSCLC und NRG1-Fusion mit dem bispezifischen Antikörper Zenocutuzumab behandelt. Mit einer partiellen Remission als Ergebnis.

Fusionen, die das Gen Neuroregulin 1 betreffen, werden in verschiedenen Krebserkrankungen gefunden. Bei Adenokarzinomen der Lunge liegt die Prävalenz bei unter 1 %, berichteten Felix M. ­Schönhofer, Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg, und Kollegen.

Für Tumoren mit NRG1-Fusion wird derzeit u.a. der bispezifische Antikörper Zenocutuzumab geprüft. Dieser blockiert HER2 sowie HER3, verhindert so die Bindung von NRG1 und damit die Aktivierung der nachfolgenden Signalwege. Damit wird das Tumorwachstum gebremst. Über den Mechanismus einer antikörperabhängigen zellvermittelten Zytotoxizität soll zusätzlich der Zelltod induziert werden, erklärte Schönhofer.

Anfangs keine Treibermutation erkennbar

Dass der Nachweis einer potenziell therapierelevanten genetischen Veränderung wie einer NRG1-Fusion auch noch in fortgeschrittener Linie sinnvoll sein kann, um Patient:innen eine zielgerichtete, personalisierte Therapie zugute kommen zu lassen, machte der von Schönhofer und Kollegen vorgestellte Fall deutlich. Eine 50-jährige Patientin (Nie-Raucherin) erhielt im Juni 2019 die Diagnose eines metastasierten NSCLC im linken Lungenunterlappen.

Das Staging ergab T2b, N3, M1c (Lymphknoten- und Knochenmetastasen), Stadium IVb. Histologisch zeigte sich ein azinäres Adenokarzinom, in der molekularpathologischen Analyse mittels Next Generation Sequencing wurde zu diesem Zeitpunkt keine Treibermutation gefunden.

Als Erstlinie erhielt die Betroffene vier Zyklen einer Chemoimmuntherapie mit Cisplatin/Carboplatin, Pemetrexed und Pembrolizumab. Anschließend folgte eine Erhaltungstherapie mit fünf Zyklen Pemetrexed/Pembrolizumab beziehungsweise einer Pembrolizumab-Monotherapie von Juli 2019 bis Januar 2020. Im CT zeigte sich unter dieser Behandlung ein lokaler Tumorprogress.

Zweite Diagnostik ermöglicht zielgerichtete Behandlung

Mittels Keilresektion wurde in der Videothorakoskopie Tumormaterial entnommen und erneut analysiert, dieses Mal mit einer archerbasierten molekularen Diagnostik. Dabei konnte eine Genfusion im NRG1-Gen nachgewiesen werden. Zu diesem Zeitpunkt liefen im Ausland bereits erste Studien mit dem Antikörper Zenocutuzumab.

Bedingt durch den Lockdown wegen der SARS-CoV-2-Pandemie konnte die Patientin allerdings nicht daran teilnehmen, informierten die Wissenschaftler. Dank eines Early-Access-Programms konnte aber in Hamburg-Harburg eine zielgerichtete Tumortherapie mit Zenocutuzumab durchgeführt werden. 

Der bispezifische Antikörper wurde in zweiwöchentlichen Zyklen von April 2020 bis November 2020 verabreicht. Es kam darunter zu einer partiellen Remission. Die Wirksamkeit ließ sich anhand der Hustensymptomatik, des radiologischen Ansprechens und des Tumormarkers CA19-9 monitoren.

TKI und Chemotherapie folgen

Im November 2020 wiesen Befunde der PET-CT und steigende CA19-9-Werte auf einen langsamen Progress hin. Die daraufhin begonnene Behandlung mit 50 mg/d Afatinib ermög­lichte eine weitere Tumorstabilisierung (11/2020–08/2021). Es kam aber zu relevanten Nebenwirkungen wie chronischen Durchfällen, so die Autoren.

Eine Chemotherapie mit Carboplatin/Gemcitabine konnte wegen Nebenwirkungen ebenfalls nur über zwei Zyklen durchgeführt werden, so der Referent. Es traten symptomatische Hirnmetastasen auf und die Patientin starb letztlich unterstützt von einer spezialisierten ambulanten Palliativversorgung.

Quelle: Schönhofer MF et al. 62. Kongress der DGP; Po 271

Kongressbericht: 62. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

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Eine zweite Diagnostik ermöglicht die zielgerichtete Behandlung. Eine zweite Diagnostik ermöglicht die zielgerichtete Behandlung. © iStock / teguhjatipras