
Migränetherapeutika werden nur unzureichend eingesetzt

Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen an Migräne. Die Erkrankung gilt als führende Ursache für Lebensjahre mit Einschränkungen bei Menschen unter 50 Jahren. Dazu kommen erhebliche individuelle und soziale Kosten, schreiben die Forscher unter Federführung von Professor Dr. Messoud Ashani vom Danish Headache Center, Abteilung Neurologie der Universität Kopenhagen. Eine Fülle von Behandlungsoptionen steht zur Verfügung, doch die Ergebnisse aus sechs europäischen bevölkerungsbasierten Studien ließen 2018 erhebliche Missstände erkennen und zwar in puncto Unterbehandlung, mangelnder Therapieadhärenz oder Zugriff auf bestimmte Medikamente.
So nahmen nur 3–22 % der Migräne-Patienten Triptane und lediglich 2–14 % der Betroffenen, die für eine medikamentöse Prophylaxe infrage kommen, nutzten sie tatsächlich.
Wann ist die Akutbehandlung der Migräne erfolgreich?
- Schmerzfreiheit innerhalb von zwei Stunden nach der Therapie
- Abklingen von störenden migräneassoziierten Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu oder Lärmempfindlichkeit innerhalb von zwei Stunden nach der Therapie
Wenn ein Triptan nicht wirkt, ein anderes versuchen
Ergotamine gehören zu den ältesten Migränetherapeutika, wirken aber in oraler Form nicht so gut wie Triptane und können zu vaskulären Ereignissen führen. Daher rät die European Headache Federation, sie nicht mehr routinemäßig zu verwenden. Die migränespezifischen Triptane liegen in unterschiedlichen Formulierungen vor, wobei Sumatriptan in den meisten Ländern der Welt zur Verfügung steht. In der Regel werden Triptane zur Behandlung von Migräneattacken mit mittelschweren oder schweren Kopfschmerzen verordnet, die Anwendung empfiehlt sich möglichst früh, bevor die Kopfschmerzen an Stärke zunehmen. Orale Triptane kosten weniger und sind leichter verfügbar als z.B. subkutanes Sumatriptan. Dennoch wird eine nicht-orale Formulierung bevorzugt, wenn Patienten Migräneattacken mit begleitender Übelkeit und Erbrechen haben, bereits beim Aufwachen an mittelschweren oder schweren Kopfschmerzen leiden oder eine rasche Wirkung brauchen. Bei Erbrechen und Übelkeit können zusätzlich prokinetische Antiemetika hilfreich sein. Falls die Betroffenen auf ein bestimmtes Triptan nicht ansprechen, sollte man einen anderen Vertreter der Substanzklasse versuchen. Sumatriptan kann auch erfolgreich in Kombination mit Naproxen eingesetzt werden. Auch Triptane haben vasokonstriktorische Effekte. Daher raten die Autoren, sie bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit, zerebrovaskulärer Erkrankung oder unkontrollierter Hypertonie nicht zu verwenden. Die Gepante Ubrogepant und Rimegipant sowie das Ditan Lasmiditan sind neue, bisher nur in den USA zugelassene Substanzen gegen mittelschwere bis schwere Attacken. Gepante agieren als Antagonisten am CGRP(Calcitonin Gene-Related Peptide)-Rezeptor, Ditane als Serotoninrezeptoragonisten. Der therapeutische Nutzen der Gepante gilt als moderat, Lasmiditan beeinträchtigt Autofahren und das Bedienen von Maschinen für mindestens acht Stunden nach Einnahme, sodass der Einsatz dieser Präparate auf Kranke beschränkt bleiben dürfte, bei denen Kontraindikationen gegen nichtsteroidale Antirheumatika und Triptane vorliegen oder diese nicht anschlagen. Die European Headache Federation empfiehlt eine Prophylaxe für Patienten, die Attacken an mindestens zwei Tagen pro Monat haben und deren Lebensqualität dadurch eingeschränkt wird. Außerdem sollte sich die Migräne trotz optimierter Akutmedikation nicht angemessen kontrollieren lassen oder zu einer sehr häufigen Anwendung von Akutmedikamenten führen. Die Autoren betonen, dass die Entscheidung für die Vorbeugung individuell und in Übereinstimmung mit den lokalen Praxisleitlinien getroffen werden sollte. Folgende Substanzgruppen kommen infrage:- Antidepressiva: insbesondere Amitriptylin
- Antihypertensiva: vor allem Betablocker (Propranolol, Metoprolol, Atenolol), aber auch Candesartan und weitere Substanzen
- Antikonvulsiva: Topiramat und Valproat
- Flunarizin (ein Kalziumantagonist)
- Injektionen mit Onabotulinumtoxin A
- subkutane oder intravenöse Gabe von monoklonalen Antikörpern gegen CGRP
Placeboeffekt der Akupunktur eine Chance geben
Neben den verschiedenen medikamentösen Optionen gibt es laut den Autoren weitere Erfolg versprechende Möglichkeiten:- Neuromodulation (über implantierte oder nicht-invasiv verwendete Geräte)
- kognitive Verhaltenstherapie
- Biofeedback
- Entspannungsübungen
Quelle: Ashina M et al. Lancet 2021; 397: 1505-1518; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32342-4
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).