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Mit Betablockern die Dekompensation der Zirrhose ausbremsen
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Jedes Jahr dekompensiert bei 5–7 % der Patienten mit Leberzirrhose die Erkrankung, was das mediane Überleben dramatisch von zwölf auf zwei Jahre senkt. Zu den Zeichen der Entgleisung gehören neben Aszites auch Varizenblutung oder hepatische Enzephalopathie.
Stärkster Prädiktor dafür ist die klinisch signifikante portale Hypertonie (CSPH) mit einem hepatischen venösen Druckgradienten (HVPG) ≥ 10 mmHg, schreiben Dr. Càndid Villanueva vom Hospital of Santa Creu und Sant Pau, Barcelona, und Kollegen.1 Betablocker können den Druck in der Pfortader senken, weil sie den Einstrom reduzieren. Patienten mit kompensierter Zirrhose und CSPH haben eine fortgeschrittene hyperdynamische Zirkulation, daher macht sich der betablockerinduzierte HVPG-Abfall bei ihnen deutlich stärker bemerkbar.
Die Autoren wollten nun wissen, ob diese Tatsache dazu beitragen kann, die Entgleisung der Krankheit zu verhindern. Dazu randomisierten sie 201 Patienten mit einem HVPG ≥ 10 mmHg. Vorab gab es einen Test mit intravenös verabreichtem Propranolol. Sackte darunter der Druck um mindestens 10 % ab, diente der Betablocker als Studienmedikation (bis zu 160 mg 2x täglich). Wer darauf nicht ansprach, bekam Carvedilol (≤ 25 mg/Tag). 67 Teilnehmer fielen in die erste, 33 in die zweite Gruppe, die anderen 101 erhielten Placebo. Primärer Endpunkt war die Inzidenz der Zirrhosedekompensationen oder der Tod.
Nach einem medianen Follow-up von 37 Monaten betraf er 16 % aus dem gemischten Verum- und 27 % aus dem Placebokollektiv. Daraus errechnete sich eine Hazard Ratio (HR) von 0,51. Der Unterschied beruhte in erster Linie auf erheblich weniger Aszitesfällen und zeigte sich deutlich nach 24 Monaten Behandlung. Der HVPG sank unter der Betablockade im Schnitt um 11 %, Carvedilol wirkte sich stärker aus als Propranolol. Den größten Benefit hatten Patienten mit einem Abfall des Gradienten von mindestens 10 % bzw. auf unter 10 mmHg.
Die Autoren glauben, dass die Ergebnisse das Management von Zirrhotikern nachhaltig verändern sollte. Sie plädieren für ein generelles Screening der Betroffenen auf CSPH – was dank Elastographie oder moderner Bildgebung auch weniger invasiv gelingt – und bei positivem Befund für die präventive Dauergabe von Betablockern.
Sharon Levy und Professor Dr. Didier Samuel vom Centre Hépato-Biliaire am AP-HP Hôpital Paul-Brousse in Villejuif mahnen aber ein wenig zur Zurückhaltung.2
Langzeitfolgen noch nicht absehbar
Schließlich geht die Betablockade mit Nebenwirkungen wie Fatigue, Schwindel, Libidoverlust und verminderter körperlicher Belastbarkeit einher. Außerdem weiß man noch nichts über die Langzeitfolgen dieser Prophylaxe. Es wäre daher wünschenswert, erst in weiteren Studien herauszufinden, welche Patienten besonders von dieser Strategie profitieren und welche nicht. abr
Quellen:
1. Villanueva C et al. Lancet 2019; online first
2. Levy S, Samuel D. A.a.O.
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