Mit Chlamydien und Gonorrhö Schritt halten

Dr. Anja Braunwarth

Als Waffe gegen Neisseria gonorrhoeae bleibt nur die Antibiose. Die Entwicklung eines Vakzins kommt nicht voran. Als Waffe gegen Neisseria gonorrhoeae bleibt nur die Antibiose. Die Entwicklung eines Vakzins kommt nicht voran. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Die früher so gut therapierbare Gonorrhö zeigt sich zunehmend resistent gegen Antibiotika. Chlamy­dien dagegen sprechen gut darauf an. Es gibt aber Hinweise, dass sie trotz Therapie persistieren können. Was tun?

In den letzten Jahrzehnten hat sich Neisseria gonorrhoeae zu einem Keim entwickelt, der gegen immer mehr Antibiotika resistent ist. Die WHO stufte ihn daher 2016 unter die „priority pathogens“ ein, berichtete Dr. Susanne­ Buder­ von der Klinik für Dermatologie & Venerologie­ am Vivantes Klinikum Neukölln in Berlin. Zurzeit bietet in den meisten Ländern allein Ceftriaxon als injizierbares Cephalosporin der dritten Generation noch eine therapeutische Option. Für Stämme mit einer verminderten Empfindlichkeit bzw. Resistenz gegenüber Cefixim, Azithromycin oder Ceftriaxon besteht seit März 2020 eine Meldepflicht, erinnerte die Referentin.

Extrem resistente Variante ist nicht wieder aufgetaucht

Im März 2018 tauchte in Großbritannien ein Isolat mit extremer Resistenz auf, zwei Monate später gab es in Australien zwei Fälle. Die Information wurde an alle Kooperationslabore weitergeleitet und es herrscht seitdem erhöhte Wachsamkeit. „Glücklicherweise haben wir diese Variante seitdem aber nicht mehr beobachtet“, sagte Dr. Buder.

Die derzeitige Therapieempfehlung der Leitlinie für die unkomplizierte Gonorrhö von Harnröhre, Zervix, Rektum und Pharynx lautet bei gesicherter Compliance für eine Erfolgskontrolle: einmal Ceftriaxon 1–2 g (i.v. oder i.m.). Patienten mit unbekannter Adhärenz bekommen parallel dazu einmalig 1,5 g Azithromycin oral. Bei bekanntem Empfindlichkeitsprofil und bestätigter Adhärenz gibt es nach Testung folgende Alternativen:

  • Ciprofloxacin 500 mg p.o. einmalig
  • Ofloxacin 400 mg p.o. einmalig
  • Doxycyclin 100 mg p.o. für sieben Tage
  • Cefixim 800 mg p.o. einmalig (für pharyngeale Infektionen nicht ausreichend)
  • Azithromycin 2 g p.o. einmalig

Einige neue Antibiotika(klassen) befinden sich in der Testung, in Sachen Impfstoffentwicklung zeigt sich dagegen laut Dr. Buder kaum ein Lichtstreifen am Horizont.

Was bringt das Screening auf sexuell übertragbare Infektionen?

Zum Thema generelle Screeningprogramme auf sexuell übertragbare Infektionen (STI) sprach Privatdozent Dr. Stefan Esser vom Universitätsklinikum Essen. Risikopatienten auf HIV zu testen und HIV-Infizierte auf STI lohnt sich, dafür gibt es Evidenz. Auch der Check auf Chlamydien bei jungen Frauen hat sich im Hinblick auf das Zervixkarzinom bewährt. Für den Nutzen des neu eingeführten, einmaligen Screenings auf Hepatitis B und C von Menschen ab dem 35. Lebensjahr findet sich noch keine Evidenz, das Gleiche gilt für den Test auf bakterielle STI und die Hepatitis B/C für Menschen, die eine Präexpositionsprophylaxe nehmen. Die Suche nach diesen Infektionen oder einem Analkarzinom bei HIV-Infizierten scheint sinnvoll, dafür liegen erste positive Daten vor. Dr. Esser hob einige Besonderheiten im Bereich asymptomatische bakterielle STI hervor. Es gilt: „Wer suchet, der findet“, d.h., je mehr man screent, umso mehr Infektionen werden entdeckt – und antibiotisch behandelt. Damit wächst die Gefahr von Resistenzentwicklungen. Ohne diese Maßnahmen wiederum kommt es zu mehr Übertragungen und womöglich zur Selektion von Resistenzen, z.B. durch kommensale Keime aus Antibiotika, die die Betroffenen aus anderen Gründen erhalten. Und schließlich ist die Gefahr von Folgeschäden umso größer, je später eine (zunächst) asymptomatische Infektion behandelt wird. Sinn oder Unsinn entsprechender Programme lassen sich also nicht ganz einfach beurteilen, so das Fazit des Referenten.

Ein Update zu Chlamydien gab Professor Dr. Jan­ Rupp­ von der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Von den ca. 350 Millionen sexuell übertragbaren Infektionen pro Jahr in der Gruppe der 15- bis 49-Jährigen (weltweit) entfallen etwa 130 Millionen auf Chlamydia trachomatis. Unter den 15- bis 19-Jährigen beobachtete man zwischen 2015 und 2019 eine Zunahme um 11,6 %.

Entzündliche Beckenkrankheit kann Tripletherapie erfordern

Die Chlamydieninfektion steigert bei Frauen das Risiko für eine entzündliche Beckenerkrankung um mehr als das Zweifache (adjustierte HR 2,36), die Gefahr für Infertilität oder ektope Schwangerschaften nimmt ebenfalls deutlich zu (HR 1,85 bzw. 1,87). Wie genau diese Folgeschäden zustande kommen, ist nicht genau geklärt, spricht das Bakterium doch sehr gut auf eine Antibiose an. Man vermutet, dass es mitunter persistiert und ggf. reaktiviert werden kann. Auch das urogenitale Mikrobiom könnte eine Rolle spielen. Asymptomatische Infektionen und die akute Zervizitis/Urethritis behandelt man mit Doxycyclin 2 x 100 mg über sieben Tage oder einer Einmalgabe von 1,5 g Azithromycin. Für die leichte entzündliche Beckenerkrankung eignen sich Ceftriaxon 1 g i.m. einmalig plus Doxycyclin 2 x 100 mg über 14 Tage, eventuell ergänzt durch Metronidazol (2 x 400 mg über zwei Wochen). Eine Alternative zum Cephalosporin bieten Moxifloxacin oder Amoxicillin/Clavulan­säure. Eine schwere entzündliche Becken­erkrankung erfordert ein Triple aus Ceftriaxon 2 g i.v./Tag bis mindestens 24 Stunden nach klinischer Besserung, 2 x 500 mg Metronidazol für 7–14 Tage (je nach Klinik) und Doxycyclin 2 x 100 mg über 14 Tage. Ersatzweise erhält das Tetracyclin als Partner die Kombi aus Piperacillin und Tazibactam (3 x 4,5 g für 7–14 Tage).

Kongressbericht: 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin 2021 (Online-Veranstaltung)

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Als Waffe gegen Neisseria gonorrhoeae bleibt nur die Antibiose. Die Entwicklung eines Vakzins kommt nicht voran. Als Waffe gegen Neisseria gonorrhoeae bleibt nur die Antibiose. Die Entwicklung eines Vakzins kommt nicht voran. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.