Eine Q-TWiST-Analyse

ASCO-GI 2024 Dr. Moyo Grebbin

Mit einer Kombinationstherapie scheinen ESCC-Patient:innen länger zu leben. Mit einer Kombinationstherapie scheinen ESCC-Patient:innen länger zu leben. © peopleimages.com – stock.adobe.com

Kombinationen mit dem Checkpoint-Inhibitor Nivolumab sind in der Erstlinie des Ösophagus-Platten­epithelkarzinoms angekommen – dank den Ergebnissen aus CheckMate 648. In neuen Analysen dieser Studie befassten sich Forschende mit der Qualität der verlängerten Überlebenszeit und mit der Suche nach Biomarkern. 

Mit den Regimen Nivolumab plus Chemotherapie (Nivo + Chemo) oder Nivolumab plus Ipilimumab (Nivo + IPI) erreichten Patient:innen mit fortgeschrittenem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (ESCC) in der Studie ­CheckMate ­648 ein längeres Gesamtüberleben als unter Chemotherapie alleine. Neue Sicherheitssignale traten nicht auf und die Lebensqualität blieb den Betroffenen erhalten. „Auf dem letztjährigen ASCO-GI Kongress präsentierte Dr. Ken Kato aus Tokio die Langzeitdaten“, erinnerte sich Prof. Dr. ­Ian ­Chau vom Royal Marsden Hospital in London.1 „Die Ergebnisse haben zur Zulassung von Nivo + Chemo und Nivo + IPI als Erstlinie in den USA, Europa, Japan und vielen anderen Ländern geführt.“ In diesem Jahr stellte Prof. ­Chau einen neuen exploratorischen Endpunkt der Studie vor: Die qualitätsangepasste Überlebenszeit nach mindestens 29 Monaten Follow-Up (s. Kasten).

Zunächst unterteilten die Forschenden die Überlebenszeit in drei Gesundheitsstadien:

  • TOX: Toxizität (Grad 3/4 Nebenwirkungen vor der Progression)
  • TWiST: Zeit ohne Symptome des Krankheitsfortschritts oder Toxizität
  • PROG: Progression (Zeitspanne von der Progression bis zum Tod oder dem letzten dokumentierten Lebensdatum)

Im Folgenden berechneten sie die Zeit, die durchschnittlich in jedem der Gesundheitsstadien verbracht wurde. Anhand der Ergebnisse des Fragebogens ermittelte das Team schließlich Q-TWiST: die nützlichkeitsgewichtete Summe der mittleren Dauer in jedem Stadium. Basierend auf dem medianen OS im Chemotherapiearm von 10,7 Monaten wurde eine Q-TWiST-Differenz von 1,1 Monaten zwischen den Behandlungsgruppen als klinisch bedeutsam festgelegt.

Berechnung der Qualität der verbleibenden Lebenszeit

Für die neue Auswertung zogen die Wissenschaftler:innen eine als ­Q-TWiST bezeichnete Analyse heran: Die „quality-adjusted time without symptoms or toxicity“. „Die Methode basiert auf einem Patient-Reported-Outcome, dem EQ-5D-3L Fragebogen“, erklärte Prof. Chau. 

Etwa sechs bis sieben gute Wochen mehr

In die Q-TWiST Analyse flossen die Daten aller 970 1:1:1 randomisierten Personen ein. Unter den Kombinationstherapien mit dem längeren OS verbrachten die Teilnehmer:innen im Durchschnitt mehr Zeit in jedem der Gesundheitsstadien. Klinisch bedeutsame Unterschiede im Q-TWiST-Wert traten auf zwischen den Studienarmen:

  • Nivo + Chemo vs. Chemo (7,6 Wochen; 16 %)
  • Nivo + IPI vs. Chemo (5,7 Wochen; 12 %)

„Zusätzlich haben wir Sensitivitäts-Analysen durchgeführt. Wir legten einen uTWiST-Wert von 0,78 fest und variierten dann die Nützlichkeitsparameter für TOX und PROG von 0,2 bis 0,9. Die Ergebnisse bestätigten die Robustheit unserer primären Analysen“, betonte Prof ­ Chau. 

Das Fazit des Vortragenden: Seine Arbeit befürworte noch einmal den Einsatz der Nivolumab-Kombinationen als Erstlinienbehandlung für Patient:innen mit fortgeschrittenem ESCC. Denn sie verlängerten nicht nur das OS, sondern verhalfen Betroffenen auch zu einer besseren Qualität ihrer verbleibenden Lebenszeit. 

Einen weiteren explorativen Endpunkt zu ­CheckMate 648 präsentierte Dr. Dr. Ken ­Kato vom National Cancer Center Hospital in Tokyo.2 Gemeinsam mit seinen Koautor:innen begab er sich auf die Suche nach Biomarkern. In allen drei Versuchsarmen waren Exomdaten und RNA-Sequenzierungen von etwa 60 % der Teilnehmenden auswertbar. 

„Der Anteil an Patient:innen mit hoher Mutationlast war mit nur sieben Prozent gering. Das schränkte die Interpretation der Bedeutung ihres Status für das OS ein“, erklärte Dr. ­Kato. Sein Team untersuchte auch, wie einzelne typische ESCC-Mutationen mit dem Überleben zusammenhängen. Der OS-Benefit von Nivo + Chemo vs. Chemo war unabhängig von dem Mutationsstatus fast aller untersuchten Gene, wie z.B. PIK3CA, NFE2L2 oder NOTCH1. Ausnahmen bildeten CDKN2A und CCND1. „Diese Beobachtung steht im Einklang mit der Literatur, denn die Alteration der CDKN2A hängt mit einer Immunsuppression zusammen und beeinflusst die Wirksamkeit von Checkpointinhibitoren“, kommentierte Dr. ­Kato. Zwischen den Studienarmen Nivo + IPI vs. Chemo zeigte sich der Überlebensvorteil unabhängig vom Mutationsstatus aller untersuchten Gene – nur mit Notch1-Mutation lag die HR nahe eins.

Bei den Expressionsdaten korrelierten inflammatorische Signaturen mit einem verbesserten OS – und zwar für beide Nivolumab-Kombinationen vs. Chemotherapie. Dasselbe traf auf eine niedrige ß-Catenin-Signatur zu, außer wenn mehr als 1 % der Tumorzellen PD-L1 positiv war. Ein Zusammenhang von einem niedrigen Stroma-GES*-Score mit einem Überlebensvorteil fand sich nur im Vergleich zwischen NIVO + IPI vs Chemo. 

Die Untersuchung habe Biomarker für mehrere Subgruppen hervorgebracht, welche durch die Kombinationsbehandlungen einen noch größeren OS-Benefit erfahren als die Gesamtheit der Teilnehmenden, schloss Dr. ­Kato. Die klinische Nutzbarkeit solle prospektiv validiert werden.Dr. Moyo Grebbin

*    gene expression signatures

Quellen:
Chau I. ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium 2024; Abstract 251
Kato K für Lei M. ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium 2024; Abstract 252

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Mit einer Kombinationstherapie scheinen ESCC-Patient:innen länger zu leben. Mit einer Kombinationstherapie scheinen ESCC-Patient:innen länger zu leben. © peopleimages.com – stock.adobe.com