
Cartoon Medizin und Markt
Mit scharfen Sachen gegen fiese Keime

Etwa jede dritte Frau hat pro Jahr zumindest eine unkomplizierte Zystitis. Bei fast jeder fünften von ihnen tritt die Erkrankung wiederholt auf. In acht von zehn Fällen ist das Bakterium Escherichia coli der Auslöser, erläuterte Dr. Petra Sandow, Allgemeinärztin aus Berlin.
In der S3-Leitlinie zur Therapie von unkomplizierten Harnwegsinfekten wird für diese Situation primär eine Antibiotikatherapie empfohlen. In der Regel kommt Fosfomycin (3000 mg einmalig) oder Nitrofurantoin (200 mg über fünf bis sieben Tage) zum Einsatz, so die Referentin. Cotrimoxazol ist wegen zunehmender Resistenzen nicht mehr geeignet.
Aufgrund der besorgniserregenden Resistenzlage sollten pflanzliche Alternativen erwogen werden, meinte Dr. Sandow. Als Beispiel nannte sie die entzündungshemmenden Senföle, die Isothiocyanate (ITC) aus dem Kapuzinerkressenkraut und der Meerrettichwurzel. Für diese pflanzlichen Substanzen ist in vitro ein breites antibakterielles Wirkspektrum gezeigt worden, das resistente E. coli und problematische Keime wie MRSA einschließt, wie sie beschrieb. Auch entzündungshemmende Effekte sind für ITC nachgewiesen. Bewährt haben sich die Senfölgemische nicht nur bei Harnwegsinfekten, sondern auch bei akuten Atemwegserkrankungen.
In einer prospektiven Kohortenstudie in über 300 Arztpraxen wurden 1649 Erwachsene und 858 Kinder mit akuter Sinusitis, Bronchitis und Blasenentzündung mit einem Kapuzinerkresse-Meerrettich-Präparat oder mit einem spezifischen synthetischen Antibiotikum nach Wahl des Arztes behandelt. Die Symptomlinderung war in beiden Gruppen ähnlich, berichtete Dr. Sandow, wobei sich das Senfölgemisch als sicherer erwies. In einer weiteren Studie mit 219 Erwachsenen, die an häufig wiederkehrenden Harnwegsinfekten litten, ließ sich durch ein entsprechendes Phytopharmakon die Zahl der Episoden über 180 Tage hinweg um 43 % reduzieren. Die Senfölpräparate werden daher auch in den Leitlinien als phytotherapeutische Option bei häufig rezidivierenden Zystitiden empfohlen, meinte die Kollegin.
Dauern die Symptome über mehr als drei Tage an oder besteht Fieber, sollten aber doch synthetische Antibiotika eingesetzt werden. Das Gleiche gilt für Harnwegsinfektionen bei Schwangeren, Menschen mit Diabetes und Kindern.
Nach wie vor recht häufig werden die chemischen Antibiotika bei akuten Atemwegsinfektionen und Bronchitis und Sinusitis verordnet. Diese Erkrankungen sind aber zu 90 % viral bedingt, erinnerte Dr. Sandow, diese Wirkstoffe also in einer solchen Situation vollkommen fehl am Platz. 22 % aller verordneten Antibiotika gehören zu den Reservemedikamenten, gegen die zunehmend Resistenzen beobachtet werden, weshalb sie zur Zurückhaltung mahnte.
Auch bei Husten an Phytotherapeutika denken
Auch etliche andere Arzneistoffe, die regelmäßig bei Husten und anderen Atemwegskrankheiten eingesetzt werden, hätten – wenn überhaupt – nur eine begrenzte Wirksamkeit. Als Beispiele nannte sie zentral wirksame Antitussiva wie Codein oder Dextromethorphan, die in ihrer Standarddosis nicht wirksamer als Placebo seien. Auch das oft zum Schleimlösen verordnete Acetylcystein habe in Studien keinen Nutzen gezeigt.
Gut belegt seien indes die positiven Effekte für die Senföle aus Kapuzinerkresse und Meerrettich oder für Zubereitungen aus Pelargonium sidoides, der Kapland-Pelargonie. Auch ein Spezialdestillat aus Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöl habe in dieser Hinsicht überzeugen können, ebenso bestimmte Thymian-Efeu- und Thymian-Primelwurzel-Präparate.
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Quelle: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allgemeinmedizin/Innere Medizin am 29.05.2021 in Berlin, unterstützt von Repha GmbH Biologische Arzneimittel
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