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Mit Tic-Störungen im Kindesalter richtig umgehen

Als ihr Sohn im Grundschulalter anfing, ständig mit den Augen zu zwinkern und sich zu räuspern, fragte die Mutter einen Kinderarzt um Rat. „Das verwächst sich noch“ war seine Antwort. Im Laufe der Zeit kamen Schulterzuckungen hinzu, die der mittlerweile 12-Jährige zwar für eine Weile unterdrücken konnte, es dafür aber irgendwann umso stärker „rauslassen“ musste. Den Jungen belasteten die Geräusche und Zuckungen viel weniger als seine Mutter. Sie befürchtete die Entwicklung eines Tourette-Syndroms und eine damit verbundene soziale Ausgrenzung und suchte deshalb erneut einen Pädiater auf. Der konnte sie nach wie vor beruhigen.
Meist beginnt es mit Bewegungen im Gesicht
Tics zählen mit einer Prävalenz von 15 % im Kindesalter zu den häufigsten psychiatrischen Störungen, schreiben Viktoria Höfflin von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der TU Dresden und ihre Kollegen. Das Störungsbild äußert sich durch plötzlich einsetzende, unwillkürliche, nicht-rhythmische Bewegungen oder Lautäußerungen ohne erkennbaren Zweck.
Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf
- frühes Auftreten von Tics
- familiäre Komponente (Tics, Zwänge, ADHS)
- vokale und komplexe Tics
- Komorbiditäten (hyperkinetische Störungen oder Zwänge)
- aggressive Verhaltensweisen
Tic oder Zwang?
Nur 1 % entwickelt ein Tourette-Syndrom
In 3–4 % der Fälle gibt es einen chronischen Verlauf und nur 1 % entwickelt ein Tourette-Syndrom. Die Diagnose wird in der Regel anhand einer ausführlichen Anamnese, die auch das nähere Umfeld mit einschließt, und einer organischen Ausschlussdiagnostik (inkl. internistisch-neurologischer Untersuchung) gestellt. Als differenzialdiagnostisch bedeutsame Anamnesemarker gelten:- Der Patient hat sensomotorische Vorgefühle (z.B. Muskelanspannung, Kribbelgefühl, Kitzeln, Stechen, Jucken).
- Ein Tic schwächt diese Gefühle ab oder lässt sie verschwinden.
- Ein Tic lässt sich unterdrücken.
- Nach längerem Unterdrücken nimmt die Symptomatik zu (Rebound-Phänomen).
- Die Symptomatik lässt bei Konzentration (z.B. Ausführen willkürlicher Bewegungen) nach.
- Die anatomische Lokalisation wechselt.
- Im Schlaf nehmen die Symptome ab oder sie verschwinden sogar.
- Frequenz und Intensität schwanken im zeitlichen Verlauf.
- Es besteht eine „Suggestibilität“ bis hin zu einer Echolalie/-praxie (unterhält man sich über „Zwinker-Tics“, zwinkert der Patient vermehrt).
Quelle: Höfflin V et al. Monatsschrift Kinderheilkunde 2020; 168: 169-176; DOI: 10.1007/s00112-020-00840-z
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