Monotherapie reicht bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit oft aus

Dr. Elke Ruchalla

Nach peripheren Gefäßinterventionen erhalten Patienten heutzutage gerne zwei Plättchenhemmer. Dieses Schema ist bei PAVK kaum untersucht. Nach peripheren Gefäßinterventionen erhalten Patienten heutzutage gerne zwei Plättchenhemmer. Dieses Schema ist bei PAVK kaum untersucht. © iStock/tussik13

Wenn beim Gehen nichts mehr geht, ist die PAVK schon ziemlich weit fortgeschritten. Besser also, früh einzugreifen. Aber muss man dazu gleich nach der Diagnose Medikamente verschreiben? Und wenn ja, welche?

Die Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit richtet sich zunächst nach den Beschwerden des Patienten, schreibt Dr. Peter Klein-Weigel von der Klinik für Angiologie und dem Interdisziplinären Zentrum für Gefäßmedizin am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Wenn bei einem asymptomatischen Patienten die Erkrankung per Zufall diagnostiziert wurde, etwa weil jemand routinemäßig einen Schallkopf auf die Arterien gehalten oder den Knöchel-Arm-Index berechnet hat, verschreiben Sie genau nichts. Jedenfalls nicht für die PAVK.

ASS hilft bei asymptomatischer Verschlusskrankheit nicht

Allerdings müssen Sie kardiovaskuläre Risikofaktoren, z.B. Bluthochdruck oder Hypercholesterinämie, sorgfältig einstellen – jeder Patient mit PAVK ist ein Herz-Kreislauf-Hochrisikopatient, erklärt der Kollege. Ein Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS hilft in diesem Stadium nicht. Er hält weder die Progression der Erkrankung in den Beinarterien auf, noch verhindert er kardiovaskuläre Ereignisse. Stattdessen erhöht sich das Blutungsrisiko. Etwas anderes ist es, wenn eine manifeste KHK oder eine behandlungsbedürftige Stenose der Hirngefäße vorliegt: Dann richtet sich die Thrombo-Hemmung nach den Begleiterkrankungen.

Sowie die PAVK symptomatisch wird, der Betroffene z.B. über die typische Claudicatio bei längerem Gehen klagt, ist intensiveres Handeln angesagt. In jedem Fall wird ihm ein Gehtraining guttun, und jetzt haben auch ASS & Co. ihren Auftritt. Die Ergebnisse aus größeren Studien sprechen eigentlich dafür, dass Clopidogrel-Mono MACE* besser verhindert als ASS. Fachgesellschaften empfehlen derzeit in den deutschen und den europäischen Leitlinien noch beide Substanzen gleichermaßen. Eine duale Therapie ist aber nicht angezeigt, betont der Autor.

Allerdings hat vor einigen Jahren die COMPASS-Studie die Fachwelt aufgeschreckt. Darin schnitt die Kombination aus dünndarmlöslicher ASS mit Rivaroxaban, einem Faktor-Xa-Inhibitor, bei Patienten mit symptomatischer PAVK oder vermindertem Knöchel-Arm Index plus einer weiteren Gefäßerkrankung (KHK oder Karotisstenose) besser ab als ASS alleine. Und das galt auch, wenn man nur Probleme an Beinarterien berücksichtigte: Sowohl kritische Extremitätenis­chämien wie auch Revaskularisationseingriffe waren unter der Kombi deutlich seltener.

Dr. Klein-Weigel rät trotzdem zur Zurückhaltung, denn als Kehrseite der Medaille traten unter dem auch deutlich teureren Doppelschema wesentlich mehr schwere Blutungen auf, vor allem im Magen-Darm-Trakt. Möglicherweise profitieren junge Patienten mit Mehrgefäßerkrankung ohne Blutungsrisiko von der Kombinationstherapie – bis jetzt stehen aber Real-Life-Daten noch aus, denn in COMPASS gab es zahlreiche strikte Ausschlusskriterien.

Wichtig ist, die Problemgruppen gesondert zu betrachten, betont der Angiologe. Nach peripheren Gefäß­interventionen – Ballondilatation oder Stenteinlage – erhalten Patienten heutzutage gerne zwei Plättchenhemmer, ASS plus (meist) Clopidogrel. Dieses Schema stammt primär aus der Kardiologie und ist bei PAVK leider kaum untersucht. Weil sich der Vorteil nach sechs Monaten aufhebt, sollte die duale Plättchenhemmung auf diesen Zeitraum begrenzt werden, rät der Potsdamer Kollege.

Nach peripherem Gefäß-Bypass wird es tricky: Je nach Intervention verschreiben Gefäßchirurgen z.B. ASS bei einem Bypass oberhalb des Knies und unterhalb bei guter Ausstrombahn (Zweigefäßabstrom). Zwei Plättchenhemmer gibt es bei Kunststoffinterponat unterhalb des Knies oder Bypassverschlüssen und orale Antikoagulanzien, wenn der Venen-Bypass unterhalb des Knies mit schlechtem Ausstrom liegt, oder ebenfalls wenn es sich um einen Rezidiv-Bypass handelt.

Eventuell überbrücken mit niedermolekularem Heparin

Patienten, die aus anderen Gründen, Antikoagulanzien einnehmen, z.B. wegen Vorhofflimmern, benötigen normalerweise keine zusätzliche Verschlussprophylaxe. Nach peripheren Gefäßeingriffen kann man individuell und sorgfältig über einen zusätzlichen Plättchenhemmer nachdenken. Der läuft dann in der Regel maximal vier Wochen, danach folgt wieder das orale Antikoagulans alleine. Eine Tripletherapie ist in der Angiologie primär nicht indiziert. Brauchen diese Patienten eine Revaskularisierung, kann man individuell ein Bridging mit niedermolekularem Heparin erwägen, so der Gefäßspezia­list. Generell vorgesehen sei es aber nicht. Allerdings sollte der Patient seine orale Antikoagulation schnellstmöglich wieder aufnehmen. 

* Major Cardiovascular Event

Quelle: Klein-Weigel P. Intern Praxis 2020; 61: 559-567

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Nach peripheren Gefäßinterventionen erhalten Patienten heutzutage gerne zwei Plättchenhemmer. Dieses Schema ist bei PAVK kaum untersucht. Nach peripheren Gefäßinterventionen erhalten Patienten heutzutage gerne zwei Plättchenhemmer. Dieses Schema ist bei PAVK kaum untersucht. © iStock/tussik13