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Amputationen verhindern: PAVK-Patienten profitieren von dualer Plättchenhemmung
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Eine intensivierte antithrombotische Therapie z.B. mit ASS plus Clopidogrel, vermag den Revaskularisations- und Amputationsbedarf bei Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit signifikant zu senken. Allerdings wird dieser Erfolg mit einem erhöhten Blutungsrisiko erkauft, wie Professor Dr. Christine Espinola-Klein von der Universitätsmedizin Mainz ausführte.
Eine wichtige Rolle spielt die Gerinnungstherapie nach einer Angioplastie bzw. Operation. Sie sorgt dafür, dass sich das Gefäß bzw. der Bypass nicht verschließt. Die Leitlinien empfehlen im Anschluss an eine perkutane Intervention (v.a. mit Stent) eine passagere duale Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel. Nach einer Bypass-Operation wird mehrheitlich eine Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel angeraten. Alternativ kommen Antikoagulanzien (bei venöser Gefäßbrücke) oder eine duale Hemmung (bei Kunstoffbypass) in Betracht. Die Evidenz dafür beruht bisher nur auf wenigen kleinen Studien.
In der VOYAGER-PAD-Studie wurde der Stellenwert einer dualen Therapie mit niedrig dosiertem Rivaroxaban (2x 2,5 mg/d) plus ASS (100 mg/d) mit ASS allein verglichen. Teilnehmer waren mehr als 6000 PAVK-Patienten nach einer Revaskularisation. Durch die intensivierte Gerinnungshemmung wurde insbesondere das Risiko für eine akute Extremitätenischämie in den folgenden drei Jahren signifikant reduziert. Die Rate schwerer Blutungen lag etwas höher (2,7 % vs. 1,9 %), lebensbedrohliche und intrazerebrale Blutungen traten nicht vermehrt auf.
Effekt von Statinen oft unterschätzt
Ein unverzichtbarer, aber oft unterschätzter Bestandteil der Sekundärprävention ist die Lipidsenkung mit Statinen. Sie vermag schon für sich allein genommen die Zahl der peripheren Gefäßereignisse und Amputationen um rund ein Drittel zu senken, wie eine große Metaanalyse mit fast 140 000 PAVK-Patienten ergab. Schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse und Schlaganfälle verringerten sich in der gleichen Größenordnung und die Gesamtmortalität sank um fast 40 %. Auch nach einer peripheren Revaskularisation lohnt es sich noch, mit einer Statintherapie zu beginnen – falls dies vorher versäumt wurde, betonte Prof. Espinola-Klein.
Allerdings hapert es mit der nötigen Konsequenz: Patienten mit peripherer Verschlusskrankheit erhalten seltener ein Statin als ihre Leidensgenossen mit KHK. Nur 40 % der PAVK-Patienten erreichen ein LDL-Cholesterin unter 70 mg/dl. Einen Wert unter 55 mg/dl, der angesichts ihres besonders hohen Risikos erstrebenswert wäre, schafft nur knapp jeder Fünfte.
Auch den Lipoprotein(a)-Spiegel messen!
Dabei könnte eine Mehrheit sehr wohl ans Ziel gelangen, wenn die therapeutischen Möglichkeiten optimal genutzt würden. Falls die alleinige Statin-Behandlung nicht genügt, kann z.B. die Kombination mit einem PCSK9-Inhibitor wie Alirocumab die Wirkung verstärken.
Auch mit der Mitarbeit der Patienten steht es nicht zum Besten: Aus Angst vor den z.B. auf dem Beipackzettel erwähnten muskulären Beschwerden verzichten viele auf Statine oder setzen sie wieder ab (Nocebo-Effekt). Dabei konnte man zeigen, dass diese unter Placebo genauso auftreten können. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Aufklärung. Viele Patienten sind dann bereit, sich auf den Lipidsenker einzulassen.
Als vaskulärer Risikofaktor noch unterschätzt wird das Lipoprotein(a), es kann unter einer Statinbehandlung eventuell sogar ansteigen. Die Therapie mit einem PCSK9-Hemmer erreicht immerhin eine Reduktion um 20–25 %, was sich in einem verminderten Auftreten von peripheren Gefäßereignissen niederschlägt. Deshalb sollte das Lp(a) im Rahmen des Lipidprofils miterfasst werden.
Einer der wichtigsten vermeidbaren Risikofaktoren der PAVK ist nach wie vor das Rauchen. Allerdings darf sich die Nikotinabstinenz nicht nur auf den konventionellen Konsum beschränken. E-Zigaretten und Shishas erhöhen das kardiovaskuläre Risiko ebenfalls und fördern zudem Lungenschäden beziehungsweise Schlaganfälle. Deshalb rät Prof. Espinola-Klein, bei der Entwöhnung zunächst auf Maßnahmen wie Verhaltenstherapie und Medikamente wie Vareniclin, Bupropion und Nikotinpflaster zu setzen. Die E-Zigarette sollte, wenn überhaupt, nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden– auch wenn sie besser wirkt als die Nikotinersatztherapie.
Ein überraschendes Ergebnis zeitigten Studien zur Körperfülle: Im Gegensatz zu anderen Gefäßerkrankungen scheint bei der manifesten PAVK ein moderates Übergewicht die Prognose zu verbessern. Dieses „Obesity Paradox“ könnte sich allerdings auch mit dem vermehrten Auftreten von Malignomen bei Rauchern erklären lassen, da diese mit einem niedrigen Gewicht einhergehen und eine schlechtere Prognose bedeuten.
Eine zentrale Therapiemethode bei PAVK bleiben körperliche Übungen und das Gehtraining. Als Pensum werden mindestens dreimal wöchentlich 30 Minuten empfohlen. Patienten, die mehr als 7000 Schritte täglich schaffen, haben eine signifikant bessere Lebensqualität als Leidensgenossen, denen dies nicht gelingt.
Quelle: 12. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin*
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