Nahrungsergänzungsmittel: Höchstmengenvorschläge sollen die Bevölkerung schützen

Dr. Anna-Lena Krause

Allein über die Nahrung nimmt man ausreichend Mikronährstoffe auf - dafür benötigt man keine Ergänzungsmittel. Allein über die Nahrung nimmt man ausreichend Mikronährstoffe auf - dafür benötigt man keine Ergänzungsmittel. © fotolia/Richard Villalon

Auf EU-Ebene gibt es bislang keine Einigkeit darüber, welche Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen maximal in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sein dürfen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat die Sache jetzt selbst in die Hand genommen und seine Vorschläge zu Höchstmengen aktualisiert.

Jeder Dritte nimmt hierzulande regelmäßig mindestens ein Nahrungsergänzungsmittel ein, darunter viele, die ohnehin einen gesunden Lebensstil führen und sich ausgewogen ernähren, schreiben Dr. Anke Weißenborn­ und ihre Kollegen vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Allein in Deutschland wird mit den Präparaten pro Jahr rund eine Milliarde Euro Umsatz gemacht. Doch der Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen hat nicht immer den von Herstellern versprochenen positiven Effekt auf Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.

Im Jahr 2002 beschloss das Europäische Parlament, Höchstmengen für Nahrungsergänzungsmittel festzulegen, aber auf EU-Ebene ist dies bis heute nicht umgesetzt worden. Und das, obwohl in den letzten Jahren mehrere wissenschaftliche Arbeiten aus verschiedenen europäischen Ländern mit Vorschlägen zu entsprechenden Richtwerten publiziert wurden.

Getränke enthalten oft schon mehr als genug β-Carotin

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat die einzelnen Vitamine und Mineralstoffe nun selbst unter die Lupe genommen und eine aktualisierte Version seiner 2004 erstellten Liste für Maximaldosen in Supplementen veröffentlicht.

Die Werte leiten sich ab aus der Differenz zwischen der höchsten tolerierbaren Tagesaufnahmemenge und der Zufuhr im Rahmen einer nährstoffreichen Ernährung. Wird die höchste tolerierbare Tagesaufnahmemenge überschritten, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Gesundheitsgefahr besteht, sondern nur, dass das Risiko dafür erhöht ist. Bei Nährstoffen, für die nicht beide Variablen verfügbar waren (Vit­amine A, E, B1, B2, K, β-Carotin, Bio­tin, Pantothensäure) oder bei kontroverser Datenlage zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit (Vitamin D), führten die Experten Einzelfallbetrachtungen durch. Die daraus ermittelten Mengen bewerten die Autoren für Jugendliche ab 15 Jahre und Erwachsene als sicher (s. Tabellen).

 

Maximal empfohlener Zusatz von Vitaminen und deren Derivaten
Vitamin A0,2 mg/d, in der Schwangerschaft nur nach Rücksprache mit dem Arzt
β-CarotinZusatz in Ergänzungsmitteln nur, wenn Getränke (z.B. Fruchtsäfte) nicht mehr oder nur noch beschränkt mit β-Carotin angereichert werden
Vitamin B3 (Nicotin­säure, Niacin) 4 mg/d
Nicotinamid160 mg/d, Produkte mit mehr als 16 mg für Schwangere nicht geeignet
Inositol-Hexanicotinat 4 mg/d
Vitamin B6 3,5 mg/d
Vitamin B9 (Folsäure) 200 µg/d, bei Kinderwunsch und im ersten Trimenon: 400 µg/d
Vitamin B12 25 µg/d
Vitamin C250 mg/d
Vitamin D20 µg/d, Präparate mit höheren Dosen sind als Arzneimittel anzusehen
Vitamin E 30 mg/d
Vitamin K 80 µg/d, Rücksprache mit dem Arzt bei Einnahme von Cumarin-­Derivaten

Das Risiko, die höchste tolerierbare Tagesaufnahmemenge durch die Supplementierung zu überschreiten, bewerten die Wissenschaftler als hoch für:

  • Vitamin A
  • Calcium
  • Kupfer
  • Zink

Ein hohes Risiko für unerwünschte Effekte besteht bei (starker) Überschreitung der empfohlenen Tageszufuhr von Eisen und β-Carotin. Als problematisch erachten Dr. Weißenborn und ihre Kollegen, dass β-Carotin vielen Lebensmitteln zugesetzt wird, z.B. als Farbstoff. So kann die sichere Aufnahmemenge allein schon durch den Konsum von angereicherten Fruchtsäften überschritten werden. Daher sollten Nahrungsergänzungsmittel nicht auch noch β-Carotin enthalten. Ein geringes Gesundheitsrisiko hingegen sehen sie im Zusatz von:

  • Vitamin B1
  • Vitamin B2
  • Vitamin B12
  • Biotin
  • Pantothensäure
Höchstmengen für Mineralstoffe in den Produkten
Calcium  0,5 g/d
Eisen 6 mg/d, Männer, Schwangere, postmenopausale Frauen und Patienten mit Hämochromatose nur nach Rücksprache mit dem Arzt 
Fluorid 0 g/d
Jod100 µg/d, Schwangere und ­ Stillende: 150 µg/d
Kupfer 1 mg/d (erst ab 18 Jahren!)
Kalium 500 mg/d
Magnesium 250 mg/d
Mangan 0,5 mg/d
Selen 45 µg/d
Silizium 50 mg/d
Zink6,5 mg/d

Grundsätzlich sind Ergänzungsmittel aufgrund der in der Regel ausreichenden Aufnahme von Mikronährstoffen aus der Nahrung meist überflüssig, lautet das Fazit der Autoren. Zudem biete die Supplementierung über den Bedarf hinaus keine positiven Effekte auf die Gesundheit. Die vorgeschlagenen Höchstmengen sollen dazu dienen, die gut versorgte Bevölkerung vor einem Risiko bei langfristiger Einnahme zu schützen. Zukünftig zu beachten sei, dass die Maximaldosen immer an neue wissenschaftliche Erkenntisse angepasst werden müssen. Denn es bestünden bei manchen Stoffen noch erhebliche Wissenslücken, auch hinsichtlich der Bioverfügbarkeit und möglicher Interaktionen.

Quelle: Weißenborn A et al. J Consum Prot Food Saf 2018; online first

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Allein über die Nahrung nimmt man ausreichend Mikronährstoffe auf - dafür benötigt man keine Ergänzungsmittel. Allein über die Nahrung nimmt man ausreichend Mikronährstoffe auf - dafür benötigt man keine Ergänzungsmittel. © fotolia/Richard Villalon