
Neue Daten zur fokalen Therapie mit HIFU befeuern die Diskussion zur onkologischen Sicherheit

Im Gegensatz zur Bewertung in den Leitlinien würde HIFU im klinischen Alltag von vielen Urologinnen und Urologen als ein Teil der Standardmethoden neben Prostatektomie oder Radiatio empfohlen und auch von vielen Betroffenen nachgefragt, erklärte Dr. Gregor Duwe, Klinik und Poliklinik für Urologie und Kinderurologie, Mainz.1 Eine an der Uniklinik Mainz zwischen Dezember 2016 und Oktober 2021 durchgeführte prospektive Phase-2-Studie sollte daher die onkologische Sicherheit des HIFU-Verfahrens bei Personen mit unilateralem, lokalisiertem Prostatakarzinom (≤ cT2, ISUP 1–3, PSA ≤ 15 ng/ml) untersuchen. Die Erkrankung musste durch eine mpMRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie nachgewiesen worden sein, das Prostatavolumen der Betroffenen durfte nicht mehr als 90 ml betragen. Mit der HIFU mit dem Gerät FocalOne® (EDAP TMS) wurde entweder fokal behandelt oder eine Hemi-Ablation der Prostata durchgeführt. Im ersten Jahr erfolgten alle drei Monate PSA-Kontrollen, im zweiten Jahr alle sechs Monate, gefolgt von jährlichen Kontrollen. Außerdem wurden im Follow-up erneut mpMRT-Ultraschall-Fusionsbiopsien nach 12 und nach 24 Monaten durchgeführt. Im Falle eines Rezidivs durfte keine zweite HIFU erfolgen, erklärte Dr. Duwe.
Beim DGU-Kongress wurden die Daten von 29 Patient:innen vorgestellt, von denen 20 (69 %) als ISUP Grad 1 klassifiziert wurden (Gleason Score 3 + 3 = 6). 8 Teilnehmende waren ISUP Grad 2 (Gleason 3 + 4 = 7a), nur eine Person war ISUP Grad 3 (Gleason 7 + 3 = 7b). Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben. Der mediane PSA-Wert vor der HIFU betrug 6,8 ng/ml, das mediane Alter der Behandelten lag bei 67 Jahren. Bei 62 % wurde eine HIFU-Hemi-Ablation durchgeführt.
Onkologisch waren die Ergebnisse schlechter als erwartet. Dr. Duwe bezeichnete die Gesamtrezidivrate von 37,93 % als „erstaunlich hoch“. Bei einer Person wurde zwei Jahre nach der HIFU eine lymphogene Metastasierung entdeckt. „Das war für uns Anlass für den Abbruch der Studie“, so Dr. Duwe. Die funktionellen Ergebnisse des Verfahrens waren wiederum gut. 70 % berichteten von einer ausreichenden Erektionsfähigkeit, 97 % von keiner Verschlechterung der Kontinenz.
Kritikpunkte zur HIFI-Studie
Kritisiert wurde das kurze Follow-up der Studie von zweieinhalb Jahren, das nicht-randomisierte Studiendesign und der Altersunterschied von fast zehn Jahren zwischen den beiden Therapiegruppen. Aufgrund der letzten beiden Punkte sei es nicht möglich, belastbare Schlussfolgerungen aus der Studie zu ziehen, kommentierte der Vorsitzende Prof. Dr. Christian Stief, Ludwig-Maximilians-Universität, München.
Ein Vergleich muss sein
Dr. Duwe sah die Notwendigkeit einer internationalen, multizentrischen und randomisierten Studie zum Vergleich der HIFU mit Prostatektomie und Radiatio. Als weiterer Problempunkt wurde das Vorgehen bei Rezidiven bzw. Progress diskutiert. Sowohl bei Salvage-Prostatektomien als auch bei Radiatio nach HIFU sei von einem sehr schlechten funktionellen Outcome auszugehen. Dr. Duwe bezeichnete die Patientenselektion als einen entscheidenden Faktor, was in der Diskussion die Frage aufwarf, ob es sich bei HIFU um eine Scheintherapie handele, die nur bei denjenigen sicher sei, die ohnehin keine Therapie benötigten. An der urologischen Klinik Mainz werde seit der Studie keine HIFU mehr durchgeführt, so der Referent.
Auch Prof. Pascal Rischmann, Centre Hospitalier Universitaire de Toulouse, betonte in seinem Vortrag die Bedeutung der Patientenselektion für die Sicherheit des Verfahrens genauso wie die Einbettung der HIFU in ein Gesamtkonzept, in der die nachfolgende Active Surveillance ebenso wichtig sei.2 Prof. Rischmann stellte die finalen Ergebnisse der HIFI-Studie vor, die HIFU (ebenfalls mit FocalOne®) mit radikaler Prostatektomie (RP) als Erstlinientherapie beim lokalisierten Prostatakarzinom verglichen hatte. Die Selektionskriterien der prospektiven, an 42 Zentren durchgeführten, nicht-randomisierten Studie waren wie folgt:
- Teilnehmende > 69 Jahre
- cT1–2,
- ISUP 1 oder 2 (Gleason 3 + 4 = 7a)
- PSA < 15 ng/ml
Bei der HIFU musste mindestens 70 % der Prostata behandelt werden. Primärer Endpunkt der Nicht-Unterlegenheitsstudie war das Überleben ohne Salvagetherapie (STFS) nach 30 Monaten. Im Zeitraum von 2015–2019 wurden insgesamt 3.328 Personen eingeschlossen. Das mediane Alter der mit HIFU Behandelten betrug 74,6 Jahre vs. 65 Jahre bei den Prostatektomierten (p < 0,0001). Nach 30 Monaten lebten 89,8 % der mit HIFU behandelten Teilnehmenden ohne eine Salvagetherapie (ST) zu benötigen und 86,2 % nach RP. Das Risiko, eine ST zu benötigen, war nach einer RP 1,2-fach höher (HR 0,78; 95%-KI 0,64–0,96; p = 0,02). Der mediane PSA-Nadir lag in der HIFU-Gruppe bei 0,25 ng/ml gegenüber 0,01 ng/ml in der RP-Gruppe. 12,5 % der Teilnehmenden hatten 30 Monate nach der HIFU eine positive Biopsie. Der International Prostate Symptom Score (IPSS) und die Lebensqualität (gemäß QLQC-30-Score) waren vergleichbar. „Gegenüber den Ausgangswerten zeigten sich in beiden Therapiegruppen keine Veränderung und nach zwölf Monaten ergab sich zwischen beiden Gruppen kein statistischer Unterschied“, konkretisierte Prof. Rischmann und kam zu folgendem Fazit: „HIFU war der Prostatektomie 30 Monate nach der Behandlung nicht unterlegen, führte aber zu besseren Werten hinsichtlich Kontinenz und erektiler Funktion und sollte deshalb bei sorgfältig ausgewählten Patienten als Erstlinientherapie diskutiert werden.“
Quellen:
1. Duwe G. 75. Kongress der DGU; V11-04 „Unizentrische, prospektive Phase-2-Studie mit hochintensivem fokussiertem Ultraschall (HIFU) bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs: gute funktionelle Ergebnisse, aber onkologisch nicht so sicher wie erwartet“
2. Rischmann P. 75. Kongress der DGU; V11-05 „HIFU vs radical prostatectomy for ISUP 1-2 localized prostate cancer: final results of the HIFI trial“
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).