
Neue Empfehlungen

Die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA) und der adulte Morbus Still (Adult-onset Still´s diseae, AOSD) zeigen viele Gemeinsamkeiten: Dazu gehören die vier Majorsymptome
- rekurrierende Fieberschübe,
- Hautausschlag,
- Gelenkschmerz und Gelenkentzündungen sowie
- hohe Entzündungswerte.
Aber auch weitere Befunde wie Serositiden, erhöhte Leber- und Ferritinwerte und das Risiko für ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) sind beiden Erkrankungen gemein. Inzwischen werden sie auch als eine Entität erachtet, wobei bislang ein einheitlicher Ansatz für Diagnose und Therapie fehlte. Dem hat sich nun eine EULAR-Task-Force um Prof. Dr. Bruno Fautrel von der Universität Sorbonne angenommen und vier übergeordnete Prinzipien (siehe Kasten) sowie 14 spezielle Empfehlungen entwickelt, die die Diagnose und das Management des Morbus Still bei Kindern und Erwachsenen verbessern sollen.
Diagnose
1 Für die schnelle und sichere Identifizierung von Patientinnen und Patienten mit Morbus Still gelten folgende Diagnosekriterien:
- Fieberschübe mit ≥ 39° C für mindestens sieben Tage
- transienter Ausschlag, vor allem am Rumpf, meist erythematös (lachsfarben)
- begleitende Myalgie oder Arthralgie; eine Arthritis ist nicht zwingend und tritt manchmal erst im Verlauf auf
- hohe Entzündungswerte (CRP, Ferritin, neutrophile Leukozytose)
2 Wenn möglich sollten Interleukin-18 und S100-Proteine wie Calciprotectin gemessen werden, da ihr Anstieg die Diagnose unterstützt.
3 Andere Ursachen wie Malignome, Infektionen und immunvermittelte oder autoinflammatorische Erkrankungen sind sorgfältig auszuschließen.
Definitionen und Ziele
4 Eine klinisch inaktive Erkrankung (CID) ist definiert durch die Abwesenheit der stilltypischen Symptome und durch normale BSG- bzw. CRP-Werte.
5 Eine Remission liegt vor, wenn der inaktive Zustand mindestens sechs Monate anhält. Als Therapieziel gilt die medikamentenfreie Remission. Um sie zu erreichen, werden folgende Zwischenziele empfohlen:
- Tag 7: Fieberfreiheit und eine CRP-Reduktion um mindestens 50 %
- Woche 4: kein Fieber, Verminderung der aktiven (geschwollenen) Gelenke um mehr als 50 %, normales CRP, PGA auf einer visuellen Analaogskala von 1–100 unter 20
- Monat 3: CID mit Glukokortikoiden < 0,1 mg/kg (Erwachsene) oder < 0,2 mg/kg (Kinder)
- Monat 6: CID ohne Glukokortikoide
Therapeutische Empfehlungen
6 Um eine langfristige Glukokortikoidgabe zu vermeiden, sollte der Einsatz von IL-1- und IL-6-Inhibitoren priorisiert werden.
7 Die Therapie mit einem IL-1- oder IL-6-Inhibitor ist bei Diagnosestellung zu beginnen.
8 Biologika sollten erst dann reduziert werden, wenn eine glukokortikoidfreie CID über drei bis sechs Monate erreicht wurde.
Die vier übergeordneten Prinzipien
- Eine Krankheit, ein Name: Bei der sJIA und der AOSD handelt es sich um dieselbe Krankheit. Sie soll deshalb bei allen Alterstufen Morbus Still (Still´s disease) genannt werden.
- Therapieziele und -strategien sollen auf der gemeinsamen Entscheidung von Betroffenen und Behandlungsteam beruhen (shared decision).
- Treat-to-target wird angestrebt, das Ziel ist die medikamentenfreie Remission.
- Ein Makrophagenaktivierunssyndrom (MAS) sollte unverzüglich erkannt und prompt behandelt werden.
Komplikationen
9 Weil lebensbedrohliche Komplikationen wie ein MAS oder eine Lungenbeteiligung jederzeit auftreten können, müssen die Betroffenen engmaschig überwacht werden.
10 Zu erwägen ist ein MAS bei persistierendem Fieber, Splenomegalie, erhöhten oder ansteigenden Werten für Ferritin oder Triglyceride, erhöhten Leberwerten, Anzeichen der intravasalen Gerinnung, Zytopenien.
11 Ein MAS wird mit hoch dosierten Glukokortikoiden behandelt. Zusätzlich können Anakinra, Ciclosporin und/oder Interferon-g-Inhibitoren eingesetzt werden.
12 Mit Anamnese, klinischer Untersuchung und Lungenfunktionstests soll aktiv nach Anzeichen für eine Lungenbeteiligung gesucht werden (Trommelschlegelfinger, chronischer Husten, Luftnot). Betroffene mit klinischen Symptomen sollen eine hochauflösende CT-Untersuchung erhalten.
13 Weder eine Morbus-Still-Lungenbeteiligung noch die Risikofaktoren dafür (junges Alter, Trisomie 21, MAS, hohe IL-18-Werte im Serum) sind eine Kontraindikation für die Verabreichung von IL-1- und IL-6-Inhibitoren.
14 Betroffene mit Lungenbeteiligung, MAS oder schwer zu therapierenden Verläufen sollten in Zusammenarbeit mit spezialisierten Zentren betreut werden.
* Paediatric Rheumatology European Society
Quelle. Fautrel B et al. Ann Rheum Dis 2024; 0:1–14; DOI: 10.1136/ard-2024-225851
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).