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Viele Optionen beim Morbus Still des Erwachsenen

Beim Morbus Still des Erwachsenen oder Adult Onset Still’s Disease (AOSD) handelt es sich um eine polygenetische autoinflammatorische Erkrankung. Sie kann als einmalige Episode, rekurrierend oder chronisch verlaufen. Die geschätzte Inzidenz beträgt zwischen 0,16 und 0,4 pro 100.000; die Prävalenz liegt bei etwa 0,73 bis 6,77 pro 100.000, schreiben die Leitlinienautoren um Prof. Dr. StefanVordenbäumen von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Große Gelenke häufiger betroffen als kleine
Mehr als 80 % der Betroffenen weisen Arthralgien und mehr als 50 % Arthritiden auf. Polyartikuläre Verläufe kommen häufiger vor als oligo- und monoartikuläre Verläufe; große Gelenke sind häufiger betroffen als kleinere. Dazu kommt eine vielfältige, individuell unterschiedliche klinische Symptomatik. Gemäß den neuen Leitlinien soll eine AOSD erwogen werden, wenn eine Kombination vorliegt aus
- sehr häufigen Symptomen, d.h. in mehr als 50 % der Fälle wie Fieber (> 39 °C), Exanthem, Arthralgie, Arthritis, Halsschmerzen, Lymphadenopathie oder Myalgien,
- häufigen Symptomen (> 20 % der Fälle) wie Splenomegalie, Hepatomegalie oder Gewichtsverlust und
- seltenen, charakteristischen Symptomen, z.B. Pleuritis, Perikarditis oder abdominelle Schmerzen.
Gleichzeitig müssen relevante Differenzialdiagnosen, beispielsweise andere entzündlich- rheumatische Erkrankungen, Tumoren, hämatologische Neoplasien und Infektionserkrankungen, ausgeschlossen werden.
Deutlich erhöhtes Ferritin spricht für den M. Still
Sind die Yamagouchi-Kriterien, bei denen es sich um Klassifikations- und nicht um Diagnosekriterien für AOSD handelt, erfüllt, unterstützt dies die Diagnose. Dies gilt auch für einen deutlich erhöhten Ferritinwert (≥ 5 x oberer Normwert) und einen stark erniedrigten Anteil des glykosilierten Ferritins (< 20 %). Fast alle Patienten berichten zudem über Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Erschöpfung.
Ein validierter Score zur Einschätzung der Aktivität der Erkrankung existiert bislang nicht. Daher sollte die Krankheitsaktivität anhand der typischen klinischen Zeichen sowie von Laborveränderungen abgeschätzt werden. Zu Letzteren gehören Ferritin und glykosiliertes Ferritin (falls verfügbar) sowie CRP. Ob die Bestimmung von Interleukin(IL)-18 einen zusätzlichen Vorteil bei der Diagnose bzw. Einschätzung der Krankheitsaktivität bringt, bleibt aktuell unklar. Genetische Untersuchungen können in Einzelfällen sinnvoll sein, etwa um andere autoinflammatorische Syndrome auszuschließen. Zur Routinediagnostik empfehlen sie die Leitlinienautoren jedoch nicht.
Schwere Komplikationen des Morbus Still
Das Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) als schwere Krankheitsmanifestation ist potenziell lebensbedrohlich. Ein vermehrtes Risiko dafür besteht bei gesteigerter klinischer Aktivität und bei Laborauffälligkeiten wie stark erhöhtem Ferritin und Zytopenien. Darüber hinaus können eine Lungenbeteiligung und eine Perimyokarditis als schwerwiegende Komplikationen eines AOSD auftreten. Sie sind mit einer schlechten Prognose assoziiert. Insbesondere bei länger andauernder aktiver Erkrankung droht zudem die seltene Komplikation einer AA-Amyloidose.
Für die Akuttherapie sind gemäß der neuen Leitlinie systemische Glukokortikoide Mittel der Wahl. Wegen der bekannten Nebenwirkungen sollte man jedoch zusätzliche alternative und/oder glukokortikoidsparende Therapien nutzen. In der Praxis fällt die Wahl am häufigsten auf niedrig dosiertes Methotrexat oder Calcineurininhibitoren, z.B. Ciclosporin A. Sulfasalazin wird bei AOSD nicht empfohlen.
Bei hoher Krankheitsaktivität Anakinra oder Canakinumab
Sprechen Patienten auf Glukokortikoide und konventionelle Basistherapeutika nicht ausreichend an, kommen Biologika wie der IL-6-Blocker Tocilizumab, der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra und der IL-1b-Inhibitor Canakinumab in Bretracht. Anakinra oder Canakinumab können auch bei initial hoher Krankheitsaktivität ohne vorherige Behandlung mit konventionellen Basistherapeutika angewendet werden.
Nicht-steroidale Antirheumatika und andere Analgetika und Antipyretika darf man vorübergehend zur Kontrolle von Symptomen wie Schmerzen oder Fieber einsetzen. Kleine Fallserien belegen darüber hinaus den erfolgreichen Einsatz von Tacrolimus, dem JAK-Inhibitor Tofacitinib, Rilonacept und Clarithromycin.
Die Leitlinienkommission rät explizit zu einem multidisziplinären Therapieansatz unter Einschluss von Schmerztherapie, physikalisch-therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen. Auch die Einbeziehung von Selbsthilfegruppen inkl. Selbstmanagementkursen halten die Experten bei wiederkehrendem und chronischem AOSD ausdrücklich für wichtig und sinnvoll.
Quelle: DGRh-S2e-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des adulten Still-Syndroms (AOSD)“, AWMF-Register-Nr. 060-011, www.awmf.org
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