Rätselhafte Hautentzündungen waren ein VEXAS-Syndrom

Dr. Anne Benckendorff

Kutane Manifestationen des VEXAS-Syndroms bei einem 66-Jährigen: An Oberkörper, Hals und den Streckseiten der Arme finden sich multiple, disseminierte, druckdolente und urtikarielle Papeln und infiltriert wirkende Plaques. Kutane Manifestationen des VEXAS-Syndroms bei einem 66-Jährigen: An Oberkörper, Hals und den Streckseiten der Arme finden sich multiple, disseminierte, druckdolente und urtikarielle Papeln und infiltriert wirkende Plaques. © Ennker KS et al. Wehr­medizinische Monatsschrift 2023; 67: 93-96; ­­DOI: 10.48701/opus4-105 © Beta Verlag &  Marketinggesellschaft mbH, Bonn

Morbus Still, Sweet-Syndrom, Sézary-Syndrom und Myelodysplasie: Aufgrund von Fieber, Haut- und Blutbildveränderungen hatte der Patient schon viele Verdachtsdiagnosen erhalten. Dann kam heraus, dass er an einer erst kürzlich entdeckten Erkrankung litt, dem VEXAS-Syndrom.

Schon seit mehreren Jahren quälte sich der 66-jährige Patient mit rezidivierenden Schüben von Hautveränderungen, Fieber und  transienten, selbstlimitierenden Leukopenien, berichten Dr. Kim Ennker vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin und Kollegen.

Außerdem litt er an einer chronischen Polyarthritis sowie an einer beginnenden Lungenfibrose bei vorbekannter arzneimittelinduzierter interstitieller Lungenerkrankung. Die von ihm zuvor aufgesuchten Ärzte hatten unter anderem einen Morbus Still im Erwachsenenalter und ein Sézary-Syndrom vermutet. Außerdem war nach einer Knochenmarkpunktion die Verdachtsdiagnose myelodysplastisches Syndrom (MDS) gestellt worden. Sämtliche Therapieversuche mit Methotrexat, Anakinra, Canakinumab, Tocilizumab und zuletzt Dapson brachten keinen Erfolg. Beschwerdefrei sei er nur unter oralen Prednisolondosen > 40 mg/Tag gewesen, gab der Patient an.

Bei Aufnahme in das Bundeswehrkrankenhaus im Dezember 2020 zeigten sich am Oberkörper und an den oberen Streckseiten beidseits multiple Papeln und Plaques (siehe Abbildung). Infek­tionsserologie (HIV, HCV, HBV und TPHA) und Vaskulitisdiagnostik waren unauffällig, das CRP allerdings erhöht. Die Histologie der Haut­biopsien bot das Bild einer neutrophilenreichen Dermatose. Im weiteren Verlauf trat ein Fieberschub mit Leukopenie auf, die sich von selbst zurückbildete. Die Arbeitsdiagnose der Bundeswehrärzte lautete zu diesem Zeitpunkt Sweet-Syndrom bei MDS mit Neutropenie und Fieber. 

Auf Prednisolon 1 mg/kgKG p.o. und Mometason-Creme sprachen die Hauterscheinungen nur protrahiert an. Deshalb und aufgrund der zugrundeliegenden hämatologischen Erkrankung stellten die Kollegen den Patienten zur Einleitung einer Therapie mit Azacitidin in der Hämato­onkologie der Charité vor. Dort kam schließlich heraus, dass der Patient an einem VEXAS-Syndrom (­siehe Kasten) litt, das wenige Wochen zuvor erstmals beschrieben worden war. Unter einer fortlaufenden Systemtherapie mit Azacitidin sistierten die Symptome des Patienten endlich.

Das verbirgt sich hinter VEXAS:

Das Akronym der neu identifizierten Erkrankung setzt sich folgendermaßen zusammen:

  • Vakuolen im Knochenmark

  • E1-Enzym

  • X-chromosomal

  • Autoinflammation

  • somatisch

Mutation auf dem X-Chromosom

Patienten mit VEXAS-Syndrom weisen eine somatische Muta­tion im UBA1-Gen auf, das für das E1-Enzym kodiert und auf dem X-Chromosom lokalisiert ist. Das E1-Enzym ist für die Übertragung von Ubi­quitin auf Proteine verantwortlich. Funktioniert das nicht, kommt es zu einer Überregulierung proinflamma­torischer Zytokine und in der Folge zu diversen, behandlungsresistenten Entzündungssyndromen. Zusätzlich weisen die Patienten häufig hämatologische Krankheitsbilder auf, z.B. ein myelodysplastisches oder ein mye­lo­­­proliferatives Syndrom. Weil das UBA1-Gen auf dem X-Chromosom liegt, sind von der Erkrankung vorwiegend Männer betroffen, wobei die Symptome meist erst in der zweiten Lebenshälfte auftreten.

Quelle Text und Abb.: Ennker KS et al. Wehr­medizinische Monatsschrift 2023; 67: 93-96; ­­DOI: 10.48701/opus4-105 © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn

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Kutane Manifestationen des VEXAS-Syndroms bei einem 66-Jährigen: An Oberkörper, Hals und den Streckseiten der Arme finden sich multiple, disseminierte, druckdolente und urtikarielle Papeln und infiltriert wirkende Plaques. Kutane Manifestationen des VEXAS-Syndroms bei einem 66-Jährigen: An Oberkörper, Hals und den Streckseiten der Arme finden sich multiple, disseminierte, druckdolente und urtikarielle Papeln und infiltriert wirkende Plaques. © Ennker KS et al. Wehr­medizinische Monatsschrift 2023; 67: 93-96; ­­DOI: 10.48701/opus4-105 © Beta Verlag &  Marketinggesellschaft mbH, Bonn