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Neue Empfehlungen für den Typ-2-Diabetes

Für den GLP1-Rezeptoragonisten Dulaglutid konnte in der placebokontrollierten REWIND-Studie eine signifikante Überlegenheit bezüglich des kombinierten Endpunkts aus kardiovaskulärem Tod, nicht-tödlichem Herzinfarkt und nicht-tödlichem ischämischem Schlaganfall (Drei-Punkt-MACE) nachgewiesen werden. Dies gelang, obwohl zwei Drittel der Patienten noch keine kardiovaskuläre Erkrankung hatten, erklärte Professor Dr. Andreas Hamann von den Hochtaunus-Kliniken in Bad Homburg.
Deshalb erscheint es sinnvoll, schon Patienten mit hohem Risiko mit einem GLP1-Rezeptoragonisten zu behandeln. Definiert ist die besondere Gefährdung durch das Zusammentreffen von einem Alter ≥ 55 Jahre mit einer linksventrikulären Hypertrophie oder einer Gefäßstenose > 50 % in Koronarien, Karotiden oder Beingefäßen. Auch ein renoprotektiver Effekt konnte für Dulaglutid gezeigt werden, wie bei anderen GLP1-Rezeptoragonisten vorwiegend getriggert durch einen günstigen Einfluss auf die Albuminurie.
Eine weitere Studie (DECLARE) bescheinigte dem SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin, das Risiko für einen Abfall der GFR unter 60 ml/min um 46 % zu reduzieren. Die Rate für terminale Niereninsuffizienz und renal bedingten Tod sank um 59 %. Außerdem kam es unter Dapagliflozin seltener zu kardiovaskulären Todesfällen oder einer Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz.
SGLT2-Inhibitoren bald auch bei niedriger GFR?
Am Beispiel von Canagliflozin wurde in der CREDENCE-Studie erstmals gezeigt, dass ein SGLT2-Inhibitor den Abfall der Nierenfunktion auch bei Patienten mit stark eingeschränkter GFR (30–45 ml/min) noch aufhalten kann. Eine entsprechende Empfehlung wird durch die aktuelle Zulassung bisher nicht gedeckt. Danach sollen SGLT2-Inhibitoren nur bei einer eGFR ≥ 60 ml/min neu verordnet und bei einer eGFR < 45 ml/min abgesetzt werden. Derzeit laufen weitere Untersuchungen zum Einfluss von Empagliflozin und Dapagliflozin bei niedriger GFR. Eine Zulassungserweiterung ist nach Prof. Hamanns Einschätzung erst zu erwarten, wenn deren Ergebnisse vorliegen.
Die aktuellen Studienergebnisse haben die Therapieempfehlungen verändert. Im aktualisierten Konsensus-Report der europäischen und amerikanischen Diabetesgesellschaften EASD und ADA steht Metformin zwar noch an erster Stelle. Aber Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen und/oder chronischer Niereninsuffizienz sollen unabhängig von ihrem HbA1c-Wert, also auch bei guter Einstellung, zusätzlich einen SGLT2-Inhibitor bzw. GLP1-Rezeptoragonisten mit nachgewiesener Überlegenheit in Endpunktstudien erhalten. Diese Voraussetzung erfüllen neben Empagliflozin und Liraglutid inzwischen auch Dulaglutid und Semaglutid, bei Herzinsuffizienz und/oder chronischer Nierenerkrankung auch Dapagliflozin. Canagliflozin ist in Deutschland zurzeit nicht auf dem Markt.
Bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen oder hohem Risiko dafür bevorzugen die Autoren des Konsensus-Updates den GLP1-Rezeptoragonisten, bei Herzinsuffizienz bzw. chronischer Nierenerkrankung den SGLT2-Inhibitor. Falls der HbA1c-Wert zu tief sinkt, ist die Dosis des primär eingesetzten Antidiabetikums (Metformin etc.) zu reduzieren oder es ist ganz abzusetzen.
Wenn der HbA1c-Wert auch mit einer Zweierkombination noch über dem Zielbereich liegt, empfehlen die Experten eine Dreifachtherapie unter Einbeziehung des bisher nicht genutzten Kombinationspartners GLP1-Rezeptoragonist bzw. SGLT2-Inhibitor. Alternativ können andere Antidiabetika mit nachgewiesener kardiovaskulärer Sicherheit eingesetzt werden. Eine Insulintherapie sollte erst begonnen werden, wenn ein Hormonmangel besteht.
Die europäische Fachgesellschaft für Kardiologie (ESC) geht in ihren aktuellen Leitlinienempfehlungen sogar noch einen Schritt weiter und rüttelt am Primat für Metformin. Patienten mit arteriosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung oder (stark) erhöhtem Risiko sollen bereits primär einen GLP1-Rezeptoragonisten oder SGLT2-Inhibitor erhalten.
Aus diabetologischer Sicht kommt der Verzicht auf Metformin noch etwas verfrüht, konstatierte Prof. Hamann. Die Wertschätzung des Biguanids beruht zwar überwiegend auf der UKPDS-Studie, die nicht mehr heutigen Standards genügt. Aber auch in allen danach durchgeführten Untersuchungen war Metformin die Basis der Therapie. Eine direkte Vergleichsstudie mit einem modernen Antidiabetikum hält der Referent allerdings für sinnvoll.
Für Glimepirid wurde eine solche Untersuchung im vergangenen Jahr publiziert. Darin konnten die Zweifel an der kardiovaskulären Sicherheit des Wirkstoffs ausgeräumt werden. Im direkten Vergleich (Drei-Punkt-MACE) zeigte sich während der sechsjährigen Beobachtungszeit der CAROLINA-Studie kein Unterschied zwischen Glimepirid und Linagliptin.
Sulfonylharnstoffe kommen im Konsensuspapier schlecht weg
Der DPP4-Hemmer punktete allerdings mit einer um 1,5 kg geringeren Gewichtszunahme und einer niedrigeren Hypoglykämierate (37,7 % vs. 10,6 %). Schwere Unterzuckerungen traten unter Glimepirid ebenfalls häufiger auf, waren aber mit 0,7 % vs. 0,1 % insgesamt selten. In den aktuellen Konsensusempfehlungen spielen die Sulfonylharnstoffe nur noch eine untergeordnete Rolle, kritisierte Prof. Hamann. Seiner Einschätzung nach ist diese Substanzgruppe nach wie vor ein wichtiger Bestandteil des therapeutischen Arsenals.
Quelle: 15. Diabetologie-Update-Seminar
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