Diskussion um Metformin in der Therapie des Typ-2-Diabetes
Dr. Vanita R. Aroda, Harvard Medical School Boston, unterstrich, dass Metformin in der Therapie des Typ-2-Diabetes auf dem Boden einer reichen Evidenzbasis eingesetzt wird. Wir können mit diesem Medikament die Entwicklung vom Prädiabetes zum Diabetes verzögern und diabetischen Komplikationen vorbeugen. Weltweit nennen verschiedene Leitlinien Metformin als bevorzugtes Medikament zusätzlich zu Lebensstil-Modifikationen. Gründe dafür sind der mit modernen Medikamenten mindestens vergleichbare gute Effekt auf den Blutzucker, das Fehlen eines Risikos für Gewichtszunahme oder Hypoglykämie und schließlich die geringen Kosten.
Aus einer präspezifizierten UKPDS-Subanalyse geht hervor, dass eine Primärtherapie mit Metformin auch bei übergewichtigen Typ-2-Diabetespatienten das Risiko für diabetesassoziierte Endpunkte einschließlich makrovaskulärer Ereignisse im Vergleich zur konventionellen Therapie signifikant senkt. Dieser Nutzen einer frühen Metformin-Therapie hält langfristig an.
Die Empfehlung für Metformin als Primärtherapie gilt auch für Patienten mit etablierter atherosklerotischer Erkrankung. Empagliflozin oder Liraglutid, die in kardiovaskulären Outcome-Studien eine signifikante Risikoreduktion gezeigt haben, sieht die ADA noch als Add-on-Substanzen. Das sei nachvollziehbar, weil in diesen Studien kardiovaskuläre Hochrisikopatienten behandelt wurden, die nicht dem Kollektiv entsprechen, das mit einer Diabetestherapie beginnt. Zudem bildete Metformin in allen diesen Outcome-Studien die Basistherapie. Dies sollte auch in der Praxis so bleiben, schloss Dr. Aroda. Auch im ADA/EASD Position Statement bleibt Metformin die medikamentöse Ersttherapie.
Dagegen argumentierte Professor Dr. Alice Y.-Y. Cheng, St. Michaels Hospital, Toronto. Nach 60 Jahren Metformin sei es höchste Zeit für eine Veränderung, weil inzwischen bessere Optionen verfügbar seien.
Metformin greift an wenigen Pathomechanismen an
Multiple Mechanismen tragen beim Typ-2-Diabetes zur Hyperglykämie bei, darunter Insulinsekretion, Glukagonsekretion, hepatische Glukoseproduktion, Neurotransmitter-Dysfunktion, Glukoseaufnahme, Glukoserückresorption, Lipolyse und Inkretineffekt. Moderne Substanzen greifen an drei oder vier dieser Mechanismen an, Metformin nur an einem oder zwei, betonte Prof. Cheng.
Metabolische Parameter beeinflusst Metformin weniger effektiv als andere Substanzen
Was die Senkung des HbA1c angeht, steht Metformin hinter den GLP1-Analoga und den SGLT2-Inhibitoren zurück. Weitgehend neutral ist der Einfluss von Metformin auf das Gewicht, die Lipide und den Blutdruck. SGLT2-Inhibitoren hingegen senken das Gewicht und den Blutdruck, GLP1-Analoga alle drei Parameter, besonders deutlich das Gewicht.
Metformin ist nicht nephroprotektiv
Empagliflozin, Canagliflozin, Liraglutid und Semaglutid vermindern das Risiko für verschiedene renale Endpunkte. Ähnliches kann Metformin nicht vorweisen. Metformin ist weniger kardioprotektiv als andere Substanzen: Die Evidenz aus der UKPDS-Studie, dass Metformin im Vergleich zur konventionellen Therapie das Myokardinfarktrisiko senkt, bezieht sich auf ein kleines Kollektiv. Hinter der Risikoreduktion um 39 % stecken 39 vs. 73 Ereignisse. „Das mag damals gut genug gewesen sein, heute überzeugt es nicht mehr“, so Prof. Cheng. Zum Vergleich: Der signifikanten Reduktion des primären kardiovaskulären Endpunkts um 13 % durch Liraglutid, um 26 % durch Semaglutid, um 14 % durch Empagliflozin und um 14 % durch Canagliflozin liegen erheblich höhere Patienten- und Ereigniszahlen zugrunde.
Metformin senkt nicht die Mortalität
Für Empagliflozin und für Liraglutid ist eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität belegt. Die NNT, um ein Leben zu retten, bewegt sich im Bereich von Statinen oder ACE-Hemmern. Kein Mortalitätsvorteil ist dagegen für Metformin belegt.
Dennoch wird Metformin als Kombinationspartner für die modernen Medikamente noch lange unverzichtbar sein. „Wir schließen das Buch nicht, sondern schlagen nur eine neue Seite auf“, sagte Prof. Cheng abschließend.
Quelle: 78th Scientific Sessions der ADA
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