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Neue Therapien verdrängen zunehmend die Stammzelltransplantation

Welche Patient:innen mit Lymphomen sollten in der CAR-T-Zell-Ära noch eine Hochdosistherapie (HDT) mit autologer Stammzelltransplantation (auto-SCT) erhalten? Dieser Frage ging Prof. Dr. Dr. Catherine Thieblemont, Hôpital Saint-Louis, Paris, nach.
Für großzellige B-Zell-Lymphome (LBCL) erachtet die Expertin den Stellenwert der auto-SCT als gering; wichtigste Kompetitoren in der Zweitlinie im Falle eines späten Rezidiv seien bispezifische Antikörper wie Glofitamab oder Epcoritamab. Diese seien derzeit zwar erst ab der Drittlinie als Monotherapie zugelassen, würden in Kombination mit Chemo aber auch in zahlreichen Studien ab der Zweit- und sogar Erstlinie geprüft.
Für die Behandlung primärer ZNS-Lymphome sieht die Expertin die auto-SCT als effektive und sichere Einsatzmöglichkeit im Rahmen einer Konsolidierungstherapie. Beim rezidivierten/refraktären Mantelzell-Lymphom würden in Kürze hocheffektive BTK-Inhibitor-basierte Frontlineregime die Therapielandschaft verändern, sodass der Stellenwert der auto-SCT immer mehr schwindet. Auch bispezifische Antikörper, CAR-T-Zellen und ADC seien Behandlungen der Zukunft.
Patient:innen mit follikulärem Lymphom haben in der vergangenen Dekade deutlich weniger autologe Transplantationen erhalten – die Zahl ist hier um über 75 % zurückgegangen. In dieser Indikation seien bispezifische Antikörper und CAR-T-Zellen bereits heute die „Gewinner gegenüber HDT/auto-SCT“, so Prof. Thieblemont.
Bispecifics ab der dritten Linie
Ergänzt werde das Spektrum immunologischer Therapien für Patient:innen mit rezidivierten/refraktären LBCL durch die bispezifischen Antikörper Glofitamab und Epcoritamab. Diese sind ab der Drittlinie bei LBLC zugelassen, berichtete Dr. Iacoboni. Mit den Kombinationen aus Polatuzumab und Bendamustin/Rituximab (Pola-BR) und Tafasitamab plus Lenalidomid sowie Loncastuximab tesirin stehen weitere immuntherapeutische Optionen zur Verfügung. Im Falle von Pola-BR seien die Ergebnisse klinischer Studien bereits durch Real-World-Daten bestätigt worden. In puncto Sequenz von CAR-T-Zellen und bispezifischen Antikörpern gebe es für beide möglichen Reihenfolgen gute Daten, so die Expertin.
Einsatzmöglichkeit für die allogene Transplantation
Die Frage nach dem Stellenwert der allogenen Stammzelltransplantation (allo-SCT) beantwortete Prof. Dr. Anna Sureda, Catalan Institute of Oncology, Barcelona, folgendermaßen: „Ja, den gibt es noch, aber er hängt von der Histologie und speziellen Subgruppen von Erkrankten ab.“ Für Personen mit diffus großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) sieht die Expertin die allo-SCT lediglich noch zur Behandlung von Rezidiven nach CAR-T-Zellen in einer sehr selektierten Subgruppe von Patient:innen.
Für das follikuläre Lymphom sei die allogene Transplantation „kein klarer Kandidat mehr“. Erkrankte mit MCL erhalten bevorzugt CAR-T-Zellen; einen Stellenwert für die allo-SCT sieht Prof. Sureda bei ausgewählten Personen im rezidivierten/refraktären Setting, falls eine partielle oder komplette Remission erreicht wird.
Im Falle des Hodgkin-Lymphoms könne der Einsatz der allo-SCT bei triple-refraktären Patient:innen diskutiert werden, die bereits eine Behandlung mit Brentuximab-Vedotin, Checkpoint-Inhibitoren und eine auto-SCT durchlaufen haben. Die einzigen Lymphom-Erkrankungen, bei der die Rolle der allogenen Transplantation laut Prof. Sureda bisher unangefochten ist, sind T-Zell-Lymphome. Hier bestehe die eindeutigste Indikation für die rezidivierte/refraktäre Situation.
Was immuntherapeutische Ansätze bereits erreicht haben, brachte Dr. Gloria Iacoboni, Vall d‘Hebron Hospital, Barcelona, auf den Punkt. So sei etwa der Siegeszug der CAR-T-Zellen beim rezidivierten/refraktären LBCL nicht mehr zu stoppen. Die Expertin erinnerte daran, dass die CAR-T-Zellprodukte Axicabtagen-Ciloleucel (Axi-cel), Tisagenlecleucel (Tisa-cel) und Lisocabtagen-Maraleucel (Liso-cel) ab der Drittlinie des LBCL zugelassen seien. „In großen klinischen Studien mit ausgedehntem Follow-up zeigte sich eine robuste Wirksamkeit, die von konfirmatorischen Real-World-Daten mit vergleichbaren Ergebnissen bestätigt wurden,“ so die Expertin. Bemerkenswert aus ihrer Sicht war, dass das Sicherheitsprofil in Real World durchweg besser war als in den Phase-3-Studien – ihrer Meinung nach Folge einer Lernkurve im Umgang mit den neuen Substanzen.
Axi-cel und Liso-cel sind darüber hinaus bereits ab der zweiten Linie bei transplantationsgeeigneten Erkrankten zugelassen. In entsprechenden Studien hatte sich ein signifikanter Vorteil im ereignisfreien Überleben im Vergleich zum bisherigen Standard ergeben, so Dr. Iacoboni. Auch für nicht transplantationsgeeignete Personen gebe es in den Studien ALYCANTE mit Axi-cel und PILOT mit Liso-cel bereits vielversprechende Daten, wenngleich bisher noch keine Zulassung erfolgt sei. Schließlich würden CAR-T-Zellen wie Axi-cel auch in der Erstlinie bei refraktären Hochrisiko-LBCL geprüft.
Quellen:
1. Thieblemont C. EBMT Annual Meeting 2024; Vortrag: „E04-1 - Which patient should get an auto in the CAR-T era“
2. Sureda A. EBMT Annual Meeting 2024; Vortrag: „E04-3 - Should any patient with lymphoma receive an allograft in 2024?“
3. Iacoboni G. EBMT Annual Meeting 2024; Vortrag: „E04-2 - BiTEs vs CAR-T vs other immunotherapies“
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