Neuer Anlauf für Quizartinib

EHA 2022 Friederike Klein

Die AML tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr auf. Ältere Menschen sind jedoch deutlich häufiger betroffen. Die AML tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr auf. Ältere Menschen sind jedoch deutlich häufiger betroffen. © iStock/chrupka

Schon viele Jahre ist der FLT3-Inhibitor Quizartinib in der Entwicklung. Mit einer reduzierten Dosis könnte er endlich der Zulassung in den USA und Europa näher kommen.

FLT3-Mutationen gehören zu den häufigsten Alterationen bei akuter myeloischer Leukämie (AML). Man unterscheidet Mutationen in der Tyrosinkinasedomäne (TKD) von internen Tandemduplikationen (ITD). Die ITD sind mit hohen Rezidivraten und einem verkürzten Gesamtüberleben assoziiert.

Bei den TKD ist die Prognose noch unklar, erinnerte Prof. Dr. Harry P. Erba, Duke University, Durham, North Carolina. Der wenig selektive TKI Midostaurin zusätzlich zur Chemotherapie habe das OS von Betroffenen mit AML und FLT3-Mutation (ITD oder TKD) in der RATIFY-Studie verbessert, die Rezidivrate war aber hoch.

Quizartinib ist spezifischer als Midostaurin und wirkt primär gegen FLT3-ITD. Prof. Erba stellte die Ergebnisse der Phase-3-Studie ­QuANTUM-First vor, die randomisiert und placebokontrolliert die Wirksamkeit und Sicherheit von Quizartinib zusätzlich zur Chemotherapie bei Patient:innen mit neu diagnostizierter FLT3-ITD+ AML im Alter bis 75 Jahre untersuchte.2

Medianes Gesamtüberleben verdoppelt sich

Die Induktion bestand aus maximal zwei Zyklen einer Chemotherapie mit Cytarabin plus Daunorubicin oder Idarubicin und zusätzlich verblindet und randomisiert ab Tag 8 einmal täglich oral entweder Quizartinib (40 mg; n = 265) oder Placebo (n = 268). Die Konsolidierung erfolgte über bis zu vier Zyklen mit hoch dosiertem Cytarabin (HiDAC) plus Quizartinib und/oder einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (alloHSCT). Daran schloss sich eine bis zu 36 Zyklen dauernde Erhaltungstherapie mit Quizartinib (60 mg) oder Placebo an. In der RATIFY-Studie war nach der alloHSCT keine Erhaltungstherapie vorgesehen gewesen, erinnerte der Referent. 

Die QuANTUM-Studie erreichte nach 39 Monaten medianer Beob­achtungszeit ihren primären Endpunkt: Das mediane OS betrug unter Quizartinib 31,9 Monate, in der Placebo-Gruppe waren es 15,1 Monate (HR 0,776; 95%-KI 0,615–0,979; zweiseitiger p-Wert = 0,0324). Ein signifikanter Vorteil für Quizartinib war unabhängig davon zu beobachten, ob eine alloHSCT durchgeführt worden war oder nicht. 

"Ansprechen hält länger an"

Vergleichbar viele Patient:innen erreichten in beiden Studienarmen ein Komplettansprechen (54,9 % vs. 55,4 %; CR mit inkompletter Erholung der Neutrophilen oder Thrombozyten 16,8 % vs. 9,6 %). Unter Quizartinib hielt das Ansprechen jedoch länger an, betonte Prof. Erba: Die mediane Ansprechdauer lag hier bei 38,6 Monaten im Vergleich zu 12,4 Monaten mit Placebo. 

Die ereignisfreie Überlebensrate (EFS) ergab nach den Kriterien der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA (Ereignis = keine CR an Tag 42 des letzten Induktionszyklus) keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen (HR 0,916; 95%-KI 0,754–1,114; p = 0,237). Nach der ursprünglich geplanten Definition (keine CR/CRi am Ende der Induktion) war der Unterschied dagegen signifikant (HR 0,729; 95%-KI 0,592–0,897; p = 0,003), erläuterte der Vortragende.

Rezidive treten erst verzögert auf

Das rezidivfreie Überleben wurde nur explorativ analysiert. Der Median lag mit Quizartinib bei 39,3 Monaten, im Placebo-Arm bei 13,6 Monaten (HR 0,613; 95%-KI 0,444–0,845). Die auf 24 Monate bezogene kumulative Rezidivinzidenz betrug im Placeboarm 43,3 %, unter Quizartinib 31,2 %. Die Ergebnisse zum rezidivfreien Überleben und zur kumulativen Rezidiv­rate sprechen laut Prof. Erba dafür, dass Quizartinib zusätzlich zur Standardchemotherapie Rezidive verhindern kann.

Besondere Aufmerksamkeit hat das Toxizitätsprofil des TKI. In früheren Studien mit einer höheren Dosis waren u.a. häufiger QTc-Verlängerungen jeden Grades aufgetreten. In der QuANTUM-First-Studie wurde ein über 500 ms verlängertes QTc-Intervall bei 2,3 % der Patient:innen der Quizartinib-Gruppe und bei 0,7 % der Teilnehmenden unter Placebo festgestellt. Diese Nebenwirkung war durch Dosismodifikationen und die Behandlung anderer Einflussfaktoren beherrschbar, meinte Prof. Erba. 

Außerdem waren mit Quizartinib Neutropenien der Grade ≥ 3 häufiger (18,1 % vs. 8,6 %). 20,4 % der Patient:innen in der Quizartinibgruppe brachen die Therapie wegen Nebenwirkungen ab (vs. 8,6 %). Todesfälle wurden bei 11,3 % im Quizartinib- und bei 9,7 % im Placebo-Arm auf die Behandlung zurückgeführt.

Prof. Erba empfahl prophylaktische Maßnahmen wie die Gabe von G-CSF sowie eine antibakterielle und antimykotische Prophylaxe, da Infektionen die wesentlichen Gründe für die erhöhte behandlungs­assoziierte Mortalität waren.

Quellen:
1.    Stone RM et al. N Engl J Med 2017; 377: 454-464; DOI: 10.1056/NEJMoa1614359
2.    Erba HP et al. EHA2022 Congress; Abstract S100

Kongressbericht: EHA2022 Congress

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Die AML tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr auf. Ältere Menschen sind jedoch deutlich häufiger betroffen. Die AML tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3,7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr auf. Ältere Menschen sind jedoch deutlich häufiger betroffen. © iStock/chrupka