Neues CAR-Produkt ist effektiv, sicher und lässt sich einfach herstellen

Josef Gulden

Aus einer Nabelschnurspende lassen sich mehr als 100 Dosen der natürlichen Killerzellen gewinnen. Aus einer Nabelschnurspende lassen sich mehr als 100 Dosen der natürlichen Killerzellen gewinnen. © iStock/Christoph Burgstedt

Die bisherigen CAR-T-Zell-Produkte gehen teilweise mit schweren Nebenwirkungen einher und ihr Herstellungsprozess ist sehr aufwändig. Jetzt gibt es erste Daten zu einem Präparat, das diese Probleme umgehen soll. Es setzt anstelle von T-Zellen auf natürliche Killerzellen, die mit einem vergleichbaren CAR versehen wurden.

Bestimmte B-Zell-Leukämien/Lymphome können mit T-Zellen, die einen chimären Antigen-Rezeptor (CAR) exprimieren, behandelt werden. Trotz der antitumoralen Aktivität hat dieses Konzept einige Nachteile. Zum einen besteht ein enormer logistischer Aufwand. Zum anderen können erhebliche Toxizitäten auftreten.

Am M.D. Anderson Cancer Center in Houston stellten Dr. Enli Liu­ und Kollegen deshalb kürzlich ein neues Produkt her, das diese Probleme umgehen soll. Es besteht aus natürlichen Killerzellen (NK), die aus Nabelschnurblut gewonnen werden und über einen Anti-CD19-CAR verfügen. Zusätzlich pflanzten die Forscher zwei Gene ein: Die Expression von Interleukin 15 sollte Expansion und Persistenz der Zellen in vivo sichern. Zusätzlich diente eine induzierbare Caspase 9 als Sicherheitsschalter, um die NK im Fall einer inakzeptablen Toxizität in die Apoptose treiben zu können.

Nach vielversprechenden präklinischen Versuchen schlossen die Kollegen bisher elf Menschen mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) oder Lymphomen in eine Phase-1/2-Studie ein. Im Median hatten die Patienten vier und maximal elf Vortherapien erhalten. Zwei von fünf CLL-Erkrankten wiesen eine Richter-Transformation bzw. ein fortgeschrittenes Stadium auf.

Die Teilnehmer erhielten nach einer lympho-depletierenden Chemo­therapie eine von drei Dosierungen der CAR-NK: 1x105, 1x106 oder 1x107 Zellen/kgKG. Bei neun Teilnehmern handelte es sich um ein teilweise HLA-gemachtes Produkt.

Maximal tolerierte Dosis wurde bislang nicht erreicht

Für die beiden übrigen Patienten erlaubten die Autoren auch solche ohne HLA-Kompatibilität. Um hinsichtlich möglicher schwerer Toxizitäten kein Risiko einzugehen, behandelten sie alle sequenziell im Abstand von wenigstens zwei Wochen. Zudem stellten sie für jeden Patienten ein eigenes Produkt her.

In keinem Fall traten nach Gabe der Zellen ein Zytokin-Freisetzungssyndrom, Neurotoxizitäten, Hämophagozytische Lymphohistiozytosen oder Graft-versus-Host-Reaktionen auf. Es gab auch keinen Anstieg von Entzündungsmediatoren. Die maximal tolerierte Dosierung wurde bisher nicht erreicht.

Acht der elf Therapierten (73 %) sprachen an. Davon handelte es sich in sieben Fällen – vier Lymphome und drei CLL – um komplette Remissionen. Ein Teilnehmer mit Richter-Transformation erreichte zwar ein komplettes Ansprechen, hatte jedoch eine persistierende CLL. Die Remissionen traten für alle Dosierungen und innerhalb von höchstens 30 Tagen nach Infusion auf. Die NK-Zellen expandierten und persistierten auf niedrigem Niveau für mindestens zwölf Monate.

Die untersuchten CAR-NK sind in der Lage, in Patienten mit CD19-positiven Tumoren eine Remission zu erzeugen, so das Fazit der Autoren. Die Technologie eröffnet eine spannende Perspektive: Es scheint kein HLA-Matching erforderlich zu sein und aus einer Nabelschnur-Spende können mehr als hundert Dosen von CAR-NK-Zellen gewonnen werden. Wenn sich die Daten bestätigen und die Wirksamkeit langfristig besteht, könnte damit ein Produkt „von der Stange“ kreiert werden, das für mehr Betroffene zugänglich wäre.

Quelle: Liu E et al. N Engl J Med 2020; 382: 545-553; DOI: 10.1056/NEJMoa1910607

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Aus einer Nabelschnurspende lassen sich mehr als 100 Dosen der natürlichen Killerzellen gewinnen. Aus einer Nabelschnurspende lassen sich mehr als 100 Dosen der natürlichen Killerzellen gewinnen. © iStock/Christoph Burgstedt