NMDA-Rezeptorinhibierung als antidiabetische Therapie?

Dr. Judith Besseling

Dextromethorphan war mal ein Hustenstiller und soll jetzt als Antidiabetikum durchstarten. Dextromethorphan war mal ein Hustenstiller und soll jetzt als Antidiabetikum durchstarten. © Artinun – stock.adobe.com

Die Diabetesprogression kann auch durch neue Antidiabetika nicht langfristig aufgehalten werden. Ob Hemmer von NMDA-Rezeptoren einen besseren Job machen könnten, wird momentan getestet.

Professor Dr. Eckhard Lammert, vom Deutschen Diabetes-Zentrum, Düsseldorf, betonte: „Viele orale Antidiabetika verlieren nach einiger Zeit ihren blutzuckersenkenden Effekt.“ Auch neue Medikamente wie SGLT2-Hemmer seien davon nicht ausgeschlossen. Darum wird versucht, Antidia­betika mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln.

Sie sollen:

  • die Diabetesprogression verhindern
  • die pankreatischen Betazellen schützen
  • keine größeren Nebenwirkungen wie Hypoglykämien oder kardiovaskuläre Probleme verursachen

Als Zielstruktur haben die Wissenschaftler um Prof. Lammert einen Ionenkanal gewählt – den NMDA-Rezeptor der Betazellen. „Das Besondere an dem Kanal ist, dass er sich nur öffnet, wenn die Zelle depolarisiert ist“, erklärte der Referent. Die alleinige Bindung seiner Liganden würde dazu nicht ausreichen. „Das ist wichtig, um zu verstehen, dass eine Hemmung dieses Rezeptors nur depolarisierte – also einer hohen Blutzuckerkonzentration ausgesetzte – Betazellen beeinflusst.“ Das könne einer der Gründe sein, warum ein Inhibitor dieses Kanals keine Hypoglykämien verursacht.

Die Hemmung des NMDA-Rezeptors führt zu einer längeren Aktivierung der Zelle und somit zu einer erhöhten Insulinausschüttung, so der DZD-Wissenschaftler Prof. Lammert. Er stellte die Hypothese auf, dass der Rezeptor in seiner natürlichen Funktion eine überschießende Insulinsekretion nach Glukosestimulierung reduzieren soll.

Leptin und Adipositas

Die Adipositas des Menschen geht mit einer Resistenz gegenüber körpereigenem Leptin einher, deren Ursache noch weitgehend ungeklärt ist.

Ein Wirkstoff, der den NMDA-Rezeptor inhibieren kann, ist Dextromethorphan, ein Prodrug von Dextrorphan. Der Arzneistoff wurde früher als Hustenstiller verwendet. Im Mausmodell konnten die Wissenschaftler zeigen, dass eine Injektion aus Dextrorphan und Glukose den Insulingehalt im Blut bereits nach 15 Minuten signifikant erhöhen kann. Auch die Glukosetoleranz dieser Tiere war erheblich verbessert. Bei leptinrezeptordefizienten Mäusen konnte eine anhaltende Reduktion der Nüchternglukoselevel und somit auch der Diabetesprogression erreicht werden. Und auch bei Menschen mit Dia­betes wurde schon ein positiver Effekt des Inhibitors in einer Phase-II-Studie¹ deutlich: Wurde Dextrometh­orphan (60 mg) zusammen mit Sita­gliptin (100 mg) verabreicht, konnten die postprandialen Blutglukoselevel im Vergleich zur alleinigen Sita­gliptingabe stärker gesenkt werden. Zentralnervöse Nebenwirkungen traten unter dieser Dosis nicht bzw. kaum auf.

Quellen:
Diabetes Herbsttagung 2018 / Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft 2018
Marquard J et al. Diab Obes Metab 2016; 18: 100-103

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