Obstruktionen für jedes zehnte akute Nierenversagen verantwortlich

Dr. Anja Braunwarth

Häufig beginnt das Leiden in den Harnwegen und führt dann zum Organversagen. Häufig beginnt das Leiden in den Harnwegen und führt dann zum Organversagen. © iStock/Nixxphotography

Schon seit zwei Monaten drückt es dem 65-Jährigen im unteren Harntrakt. Jetzt steht er vor dem Arzt und ist richtig malad. Das Labor zeigt: Seine Nieren haben die Arbeit niedergelegt. Wie geht es nun weiter?

Noch vor drei Wochen betrug das Serumkreatinin des Mannes 0,88 mg/dl, mittlerweile war es auf 1,81 mg/dl­ angestiegen. Außerdem fand sich Eiweiß im Urin. An Medikamenten nahm der 65-jährige Hypertoniker und Diabetiker regelmäßig Metformin, Ramipril, Gliclazid und Ibuprofen. Während der rektal-digitalen Austastung zeigte sich die Prostata leicht vergrößert, der PSA lag bei 6 ng/ml. Das ließ an eine obstruktive Uropathie als Ursache des akuten Nierenversagens denken.

Abseits des Krankenhauses beruht ein akutes Nierenversagen in den meisten Fällen auf einer Infektion, z.B. einer Influenza. Hinter 10 % aber stecken obstruktive Erkrankungen der Harnwege, schreiben Indre K. Semogas vom St. George’s University Hospitals NHS Foundation Trust in London und Kollegen. Das akute Organversagen birgt ein hohes Risiko für die Progression zum chronischen. Im Krankenhaus verlängert es den Aufenthalt und steigert die Sterblichkeit.

Erstes Zeichen ist normalerweise das erhöhte Krea. Es sollte Anlass für weitere Untersuchungen geben wie die Messung von Elektrolyten (Cave: Hyperkaliämie!), Harnstoff, CRP und Phosphat sowie ein großes Blutbild. Der Urinstix kann Hinweise auf die Ursache geben. Leukozyten und positives Nitrit deuten auf eine bakterielle Infektion, Hämaturie und Proteinurie allein auf eine Glomerulonephritis, isolierte Leukozyten auf eine interstitielle Entzündung.

Besteht der Verdacht auf ein ob­struktives Geschehen (s. Kasten), gilt der Ultraschall als diagnostisches Mittel der Wahl. Gibt es Zeichen für eine Pyonephrose, z.B. Fieber, Flankenschmerz oder Dysurie, gewinnt die Untersuchung an Dringlichkeit. Bei einer akuten Obstruktion verschafft ein Katheter sofortige Erleichterung, danach kann die Überweisung zum Urologen erfolgen.

Was den Verdacht auf eine Obstruktion weckt

  • abdominelles oder pelvines Malignom in der Anamnese
  • bekannte benigne Prostata- hypertrophie
  • neurogene Blase
  • Nephrolithiasis
  • Therapien, die zur retroperitonealen Fibrose führen können
  • vorausgehende Symptome der unteren Harnwege
  • Oligurie/Anurie
  • palpable Blase
  • Resistenz im Abdomen
  • tastbare Prostatavergößerung

Ab Stadium 3 rasch zum Nephrologen

Ein akutes Nierenversagen in den Stadien 1 und 2 können Kollegen meist ambulant behandeln. Die wesentlichen Maßnahmen sind: Hydrieren, Infektionen therapieren und nephrotoxische Medikamente absetzen. Ab Stadium 3 heißt es rasch zum Nephrologen schicken. Hat sich die Niere erholt, sollten die Patienten nach drei Monaten zur Kontrolle kommen, damit man eine mögliche chronische Entwicklung rechtzeitig entdeckt.
Stadien des akuten Nierenversagens*
Stadium
Serumkreatinin
Ausscheidung
11,5- bis 1,9-fach erhöht in den letzten 48 h oder ≥ 0,3 mg/dl in den letzten 24 h< 0,5 ml/kg/h für 6–12 h
22,0- bis 2,9-fach erhöht< 0,5 ml/kg/h für ≥ 12 h
33,0-fach erhöht oder ≥ 4,0 mg/dl oder Beginn einer Nierenersatztherapie Bei unter 18-Jährigen: Abfall der eGFR auf < 35 ml/min/1,73m2 < 0,3 ml/kg/h für ≥ 24 h oder Anurie für ≥ 12 h
* nach: Kidney Disease, Improving Global Outcomes, kdigo.org
Im vorliegenden Fall lag ein Stadium 2 vor, Metformin, Ramipril und Ibuprofen wurden vorübergehend ausgesetzt. Die Sonographie zeigte beidseitig eine Hydronephrose und eine vergrößerte Prostata, die auf die Blase drückte. Der Mann wurde katheterisiert und erhielt einen α-Blocker plus Finasterid, dann ging es zum Urologen zur definitiven Versorgung.

Quelle: Semogas IK et al. BMJ 2019; online first; DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.l4007

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Häufig beginnt das Leiden in den Harnwegen und führt dann zum Organversagen. Häufig beginnt das Leiden in den Harnwegen und führt dann zum Organversagen. © iStock/Nixxphotography