
PEACE-3-Studie zeigt verlängertes PFS

Hintergrund
Radium-223-Dichlorid (Ra223) ist ein Alpha-Strahlung emittierender Calcium-Imitant, der gezielt gegen Knochenmetastasen wirkt, indem er dort DNA-Doppelstrangbrüche induziert. Das Radionuklid hatte zuvor in der placebokontrollierten ALSYMPCA-Studie bei mCRPC-Erkrankten mit symptomatischer ossärer Metastasierung einen Gesamtüberlebensvorteil gezeigt. Seither ist es für Patient:innen mit mild symptomatischem mCRPC und alleiniger ossärer Metastasierung zugelassen. Ferner war zu Beginn der Rekrutierung für PEACE-3 bereits bekannt, dass auch Abirateron und Enzalutamid beim mCRPC das Gesamtüberleben verlängern.
Folgerichtig wurden Studien mit einer Kombination aus einem ARSI* und Ra223 initiiert. In der ERA-223-Studie hatte die Dublette aus Abirateron-Acetat plus Ra223 jedoch keinen Vorteil bezüglich des Auftretens skelettaler Ereignisse oder des Gesamtüberlebens gezeigt. Es ereigneten sich jedoch signifikant gehäuft pathologische Frakturen.
Ergebnisse aus PEACE-3
Prof. Dr. Silke Gillessen, Oncology Institute of Southern Switzerland, Bellinzona, präsentierte nun die Ergebnisse der 1:1 randomisierten Phase-3-Studie PEACE-3 als Late Breaking Abstract. Es nahmen 446 Patient:innen mit kastrationsresistenter Erkrankung inklusive ossärer Metastasierung mit fehlender oder milder Symptomatik, jedoch ohne viszerale Metastasen teil. Sie wurden entweder mit Enzalutamid allein (ENZA, 160 mg einmal täglich) oder ENZA plus sechs Zyklen Ra223 (55 kBq/kgKG, alle vier Wochen i. v.) behandelt.
Primärer Studienendpunkt war das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS). Sekundäre Endpunkte umfassten die Therapiesicherheit, das Gesamtüberleben sowie die Zeit bis zur nächsten Behandlung, bis zur Zunahme der Schmerzsymptomatik oder bis zum ersten skelettalen Ereignis. Mit Bekanntwerden der erhöhten Frakturrate in der ERA-223-Studie erfolgte nach Rekrutierung von 119 Studienteilnehmern eine Protokollanpassung der PEACE-3-Studie, die zum primärprophylaktischen Einsatz von Antiresorptiva (Denosumab oder Zoledronat) verpflichtete.
Nach einer medianen Nachbeobachtung von 42 Monaten zeigte sich eine signifikante Verlängerung des rPFS um drei Monate mit der Kombination ENZA + Ra223 gegenüber ENZA allein. Es bestand eine Risikoreduktion für Progression oder Tod um 31 % (HR 0,69; 95%-KI 0,54–0,87) und eine Zwei-Jahres-rPFS-Rate von 45 % vs. 36 %. Der primäre Studienendpunkt wurde damit erreicht, jedoch ist dieser klinisch wenig relevant.
Wichtig ist daher auch das Ergebnis der Interimsanalyse für das Gesamtüberleben. Es zeigte sich hier ebenfalls ein signifikanter Vorteil für ENZA + Ra223 mit einer 31%igen Risikoreduktion, zu versterben, und einem medianen OS von aktuell 42,3 Monaten vs. 35,0 Monate zugunsten der Kombinationsbehandlung. Abzuwarten bleibt, ob die geplante finale OS-Analyse den Überlebensvorteil bestätigt.
Ferner verlängerte sich die Zeit bis zur nächsten systemischen Therapie signifikant, sodass im Kombinationsarm lediglich 30 % der Patient:innen gegenüber 51 % der ENZA-behandelten Erkrankten nach zwei Jahren bereits eine weitere Therapielinie begonnen hatten. Es bestand kein Unterschied in der Zeit bis zum ersten skelettalen Ereignis oder bis zur Verschlechterung der Schmerzsymptomatik.
Bevor Teilnehmende in der PEACE-3-Studie eine obligate antiresorptive Primärprophylaxe erhielten, zeichnete sich, wie bereits in der ERA-223 Studie, eine erhöhte Rate pathologischer Frakturen im Kombinationsarm ab. Unter antiresorptiver Therapie traten jedoch in beiden Armen nahezu keine Frakturen mehr auf. Als häufigste höhergradige Nebenwirkung (Grad ≥ 3) entwickelte knapp ein Drittel der Behandelten in beiden Studienarmen einen arteriellen Hypertonus als Folge der ENZA-Gabe. Das bedeutet, dass bei allen Patient:innen, die einen ARSI erhalten, der Blutdruck regelmäßig kontrolliert und ein entstehender Hypertonus gegebenenfalls behandelt werden muss.
Basierend auf diesen Ergebnissen wird ENZA + Ra223 sehr wahrscheinlich zeitnah für die erste Therapielinie des ossär metastasierten CRPC ohne ARSI-Vorbehandlung in die Leitlinien aufgenommen und zugelassen werden. Anders als in der ALSYMPCA-Studie könnten künftig auch Erkrankte mit asymptomatischer Knochenmetastasierung von Ra223 profitieren.
Relevanz im Klinikalltag
Grundsätzlich stellt sich damit die Frage, wie sich ENZA + Ra223 in die aktuelle Therapielandschaft des metastasierten Prostatakarzinoms einfügen wird. PEACE-3 rekrutierte von 2015 bis 2023. Während dieser Zeit haben sich die Behandlungsstandards für Menschen mit metastasierter hormonsensitiver (mHSPC) und kastrationsresistenter Prostatakarzinomerkrankung (mCRPC) grundlegend verändert.
Waren zu Beginn der PEACE-3-Rekrutierungsphase LHRH-Analoga ± Docetaxel der Standard für die Primärtherapie des mHSPC, bekommt mittlerweile die Mehrheit eine Primärbehandlung mit LHRH-Analoga plus ARSI (Abirateron, Enzalutamid oder Apalutamid). In der PEACE-3-Studie hatten lediglich 30 % der Teilnehmenden zuvor Docetaxel und nur 2,5 % Abirateron zur Behandlung ihres mHSPC erhalten. Die künftige klinische Bedeutung der Ergebnisse ist daher mit Vorsicht zu beurteilen und die Zahl geeigneter Betroffener wird eher gering ausfallen.
Außerdem ist bisher nicht bekannt, wie sich ENZA + Ra223 auf die Lebensqualität der Patient:innen auswirkt und ob durch die obligate Antiresorptiva-Gabe vielleicht vermehrt Osteonekrosen auftreten. Ergebnisse zu beiden klinisch bedeutsamen Faktoren wurden bisher noch nicht berichtet.
Aktuell wird Ra223 in weiteren randomisierten Studien beim mCRPC untersucht. In der Phase-3-Studie DORA (NCT03574571) wird die Wirksamkeit der Kombination aus Ra223 + Docetaxel gegenüber Docetaxel allein nach ARSI-Vorbehandlung verglichen, eine heute klinisch relevantere Situation. Die Phase-4-Studie RADIANT (EudraCT 2019-000476-42) stellt wiederum die Gabe von Ra223 einem zweiten ARSI nach ARSI-Vortherapie gegenüber.
* Androgen Receptor Signaling Inhibitors
Quelle:
Gillessen S. et al. ESMO Congress 2024; Abstract LBA1
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