Positiver Coronatest: Risikopatienten passiv impfen mit monoklonalen Antikörpern

Birgit Maronde

Die monoklonalen Antikörper stehen in Deutschland vor allem den Universitätskliniken zur Verfügung. Die monoklonalen Antikörper stehen in Deutschland vor allem den Universitätskliniken zur Verfügung. © iStock/SiberianArt

Bundesweit stehen 200 000 Dosen von Antikörpern zu Verfügung, die in der Lage sind, SARS-CoV-2 zu neu­tralisieren. In der Frühphase von COVID-19 einmalig intravenös gegeben, könnten sie bis zu 85 % aller Klinikaufnahmen vermeiden – wenn es denn einen Plan dafür gäbe.

In den ersten Tagen einer SARS-CoV-2-Infektion, noch bevor der Betroffene Symptome bemerkt, ist die Viruslast hoch. Schon in der ersten Woche beginnt sie wieder abzusinken, die Serokonversion tritt zirka an Tag 10 bis 12 ein. Die meisten Patienten entwickeln – wenn überhaupt – nur leichte bis moderate Symptome, wie man sie von einer Virusinfektion bzw. einem grippalen Infekt kennt. Schwere Krankheitszeichen, die bis zur Intensivpflichtigkeit führen können, sieht man erst ab der zweiten Erkrankungswoche. Dann entscheidet sich, wohin die Reise geht, erklärte Professor Dr. Leif Erik Sander­ von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Einige Patienten seien in dieser Phase schon nicht mehr infektiös. Ist ein Kranker erst mal auf der Intensivstation gelandet, bestimmen immunologische Phänomene sowie Gerinnungskapriolen das Geschehen und auch die Therapie. Sie sind von der viralen Infektion abgekoppelt zu betrachten und Ausdruck einer fehlgeleiteten Wirtsreaktion.

Aufgrund des Infektionsverlaufs bieten sich antivirale Therapiestrategien also nur in der frühen Phase von COVID-19 an. Allerdings zeigen die vorhandenen – u.a. Remdesevir – allenfalls eine relativ geringe Wirkung auf die Symptomdauer und keinen Effekt auf die Mortalität.  

Als äußerst wirksam erweisen sich dagegen Antikörper gegen das Virus. Doch sie erfahren nach Auffassung von Prof. Sander viel zu wenig Aufmerksamkeit. Prinzipiell könnten sie von Personen stammen, die bereits COVID-19 durchgemacht haben. Entsprechende Studien fielen aber zumeist negativ aus. Ein großes Problem ist die Standardisierung, meinte der Kollege. Er bezeichnete die Plasmapräparate als eine „bunte Tüte“, die unterschiedliche Antikörper und Kofaktoren enthalte. 

Nachweislich wirksam sind monoklonale Antikörper als definierte Medikamente mit Affinität zum Spike-Protein des Virus und mit bekannter Konzentration und Pharmakokinetik. „Hier sehen die Daten sehr sehr gut aus.“ Am Weitesten in der Entwicklung befinden sich die Antikörper von Regeneron (Casirivimab/Imdevimab) und Eli Lilly (Bamlanivimab). In den USA haben sie eine Notfallzulassung erhalten. Auch Deutschland hat 200 000 Dosen dieser Präparate eingekauft, die im Rahmen von Heilversuchen eingesetzt werden dürfen.

In der Phase-2-Studie zu Bamlanivimab wurde die Viruslast der damit behandelten ambulanten Patienten kaum beeinflusst. Es kam nur zu einem leicht beschleunigten Abfall. „Sicher nichts, was einen vom Hocker reißt.“ Die Hospitalisierungsrate konnte gemäß Interimsanalyse jedoch von 6,3 % unter Placebo auf 1,6 % gesenkt werden. Zudem mussten die Verumpatienten seltener medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. 

Ähnliche Daten gibt es zu Casirivimab/Imdevimab. Das Antikörperduo zeigt eine gute Wirksamkeit auch gegenüber der südafrikanischen und der brasilianischen Virusvariante, berichtete Prof. Sander. Gibt man es sehr früh bei einer Viruslast > 106 Kopien, kommt es zu einem deutlichen Abfall. Von einem weiteren Antikörper wurde kürzlich in einer Pressemitteilung berichtet, dass er die Rate von Hospitalisierung und Tod um 85 % senken könne, so Prof. Sander.

Die beiden „eingekauften“ monoklonalen Antikörper stehen in Deutschland vor allem den Universitätskliniken zur Verfügung. Und das ist nach Auffassung von Prof. Sander ein Dilemma. Denn die Kliniken sehen COVID-19-Patienten erst dann, wenn ihre Erkrankung schon zu weit fortgeschritten ist. An der Charité werden die Antikörper daher nur bei einem Ausbruch eingesetzt oder bei Nicht-COVID-Patienten, die positiv getestet werden und ein hohes Risiko für einen schweren Coronaverlauf haben.

Angesichts der aktuellen dritten Coronawelle hat Deutschland mit den ca. 200 000 Dosen eigentlich ein Ass im Ärmel, erklärte Prof. Sander. Allerdings müsste die Logistik verbessert werden, denn nach wie vor ist unklar, wie die i.v. Präparate zu den gerade positiv getesteten Risiko­patienten nach Hause gelangen können. Man sollte diskutieren, ob dies über den KV-Dienst oder aber über den Rettungsdienst möglich ist, forderte der Kollege.

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Die monoklonalen Antikörper stehen in Deutschland vor allem den Universitätskliniken zur Verfügung. Die monoklonalen Antikörper stehen in Deutschland vor allem den Universitätskliniken zur Verfügung. © iStock/SiberianArt