Prognose von Kindern nach einem Fieberkrampf ist gut

Dr. Elke Ruchalla

Fieberkrämpfe sind Gelegenheitsanfälle, keine Variante der Epilepsie. Fieberkrämpfe sind Gelegenheitsanfälle, keine Variante der Epilepsie. © iStock/skynesher

In den meisten Fällen hören Fieberkrämpfe binnen weniger Minuten wieder auf. Trotzdem sind die Eltern meist sehr besorgt, weshalb Ärzte sie in erster Linie beruhigen und ausführlich aufklären sollten.

Epidemiologen gehen davon aus, dass bis zu fünf von 100 Kindern unter fünf Jahren von Fieberkrämpfen betroffen sein könnten. Treten diese allerdings bei Älteren etwa nach dem sechsten Geburtstag auf, muss man genauer hinsehen. Denn dann könnte auch eine Epilepsie dahinterstecken, die unbedingt ein Neurologe ausschließen sollte.

Infos für Impfskeptiker

Zwar können nach Vakzinierungen Fieberkrämpfe auftreten – es handelt sich dabei aber nicht um eine Impfkomplikation, betont Prof. Kurleman. Dieses Fieber ist ein Zeichen für eine Stimulation des Immunsystems, das mit einer ganz normalen Reaktion antwortet. Es handelt sich dabei um „normale“ Fieberkrämpfe, die genauso behandelt werden, wie im Text beschrieben. Dies sollte man den Eltern unbedingt klar machen. Die Vorteile einer Impfung überwiegen die Risiken durch einen Fieberkrampf um ein Vielfaches.

Per definitionem ist ein Fieberkrampf ein altersabhängiger epileptischer Anfall ohne gleichzeitige Infektion des zentralen Nervensystems. Er tritt meist zu Beginn einer Fiebererkrankung auf. Dabei scheint die absolute Höhe des Fiebers (meist über 39 °C) eher ursächlich als die Geschwindigkeit, mit der die Temperatur ansteigt. Fieberkrämpfe sind Gelegenheitsanfälle, keine Variante der Epilepsie, erklärt Professor Dr. Gerhard­ Kurlemann­ von der Kinderklinik Bonifatius Hospital in Lingen. Bei rund 85 % der Betroffenen kommt es zu generalisierten klonischen oder tonisch-klonischen Anfällen. Differenzialdiagnosen umfassen z.B. respiratorische Affektkrämpfe oder „Schüttelfrost“ (Zittern beim Temperaturanstieg). Ein „einfacher Fieberkrampf“ hört spontan innerhalb von drei bis maximal fünf Minuten wieder auf. Dies gilt für mehr als 90 % der betroffenen Kinder. Anschließend sind die Kleinen meist schnell wieder fit. Die Zeitangaben von besorgten Angehörigen sollte man jedoch mit Vorsicht genießen, da diese die Länge des Anfalls aufgrund der Dramatik häufig überschätzen, mahnt der Kinder­neurologe. Dauern die Krämpfe länger als fünf Minuten, ist ein akutes medikamentöses Eingreifen erforderlich, um den Anfall zu durchbrechen. Dann handelt es sich auch nicht mehr um einen einfachen, sondern um einen „komplizierten Fieberkrampf“ (Fakten dazu finden Sie in der Tabelle).

Charakteristika komplizierter Fieberkrämpfe
Dauerlänger als fünf Minuten
Therapie: aktiv, kein Abwarten

Diazepam i.v. oder rektal

  • Säuglinge: 0,25–0,5 mg/kgKG
  • ab Kleinkindalter: 0,2–0,4 mg/kgKG
  • zweite Gabe nach 10 min

Midazolam bukkal*

  • Säuglinge ab 3 Monate: 2,5 mg
  • ab 1 Jahr: 5 mg
  • ab 5 Jahre: 7,5 mg
  • ab 10 Jahre: 10 mg
  • zweite Gabe nach 10 min
Desorientierung nach dem Anfalllängere Verwirrtheit oder Schläfrigkeit möglich
weiteres Vorgehen
  • stationäre Aufnahme je nach Klinik
  • EEG, evtl. noch in der Akutphase
  • MRT nur bei bestimmten Fragen, z.B. ausgeprägten Herdzeichen im EEG
  • keine Belege für den Nutzen einer Langzeittherapie mit Antiepileptika
Epilepsierisikoerhöht, abhängig von verschiedenen Risikofaktoren (z.B. pos. Familienanamnese, Alter bei erstem Anfall, Rezidive)
Sterblichkeitüber etwa zwei Jahre nach dem Anfall erhöht
* off label; in Deutschland ist dieser Verabreichungsweg nur zur Unterbrechung epileptischer Anfälle zugelassen

Nach dem Krampf sollte der kleine Patient sorgfältig untersucht werden. Die beiden wichtigsten Fragen lauten: 1. Warum hatte das Kind Fieber? Infekte durch das humane Herpesvirus 6 und Influenzaviren gehören neben der Unreife des zentralen Nervensystems zu den häufigsten Ursachen von Fieberkrämpfen. 2. Steckt eventuell eine Meningitis dahinter? Säuglinge zeigen nicht immer die typischen klinischen Zeichen einer Hirnhautentzündung. Eine Lumbalpunktion kann Sicherheit geben. Ähnliches gilt für unter Zweijährige mit einer verzögerten kognitiven Entwicklung sowie Kinder, die sich nur langsam nach einem Anfall erholen. Bei jedem fiebernden Säugling ist zwingend eine Urinuntersuchung erforderlich, erklärt Prof. Kurlemann. Fällt die klinische Untersuchung bei älteren Kindern normal aus und wirken diese auch sonst munter, kann man auf die Routine­blutuntersuchungen verzichten. Dies gilt ebenfalls für Elektro­enzephalographie und Magnetresonanztomographie. Je nach Klinik rät der Neurologe zu fiebersenkenden Mitteln wie Paracetamol. Cave: Rezidive lassen sich damit nicht verhindern.

Ganz normale Entwicklung zu erwarten

Prof. Kurlemann rät dazu, die Eltern umfassend über Fieberkrämpfe bei Kleinkindern aufzuklären:
  • Die Kinder haben keine Epilepsie.
  • Der Anfall kann sich wiederholen, muss es aber nicht.
  • Und vielleicht das Beruhigendste: Die Prognose ist gut. Kinder nach Fieberkämpfen entwickeln sich physisch und psychisch genauso wie ihre Altersgenossen ohne einen solchen Anfall.

Quelle: Kurlemann G. Monatsschr Kinderheilkd 2021; 169: 69-80; DOI: 10.1007/s00112-020-01019-2

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Fieberkrämpfe sind Gelegenheitsanfälle, keine Variante der Epilepsie. Fieberkrämpfe sind Gelegenheitsanfälle, keine Variante der Epilepsie. © iStock/skynesher