Schon ab drei Minuten Fieberkrampf ist eine antikonvulsive Therapie indiziert

Dr. Alexandra Bischoff

Eltern sind in großer Sorge, wenn ihr Kind einen Fieberkrampf hat. (Agenturfoto) Eltern sind in großer Sorge, wenn ihr Kind einen Fieberkrampf hat. (Agenturfoto) © Angelov – stock.adobe.com

Fieberkrämpfe bei Säuglingen und Kleinkindern sind häufig und können die Eltern zutiefst verunsichern. Auch wenn die Anfälle in der Regel folgenlos vorübergehen, sollten alle Beteiligten wissen, was in der Situation zu tun ist.

Bei etwa 2–4 % aller Kinder bis zum fünften Lebensjahr treten Fieberkrämpfe auf, meist im Rahmen einer fieberhaften Erkrankung. Ausgelöst werden die epileptischen Anfälle häufig während des ersten raschen Fieberanstiegs, wobei definitionsgemäß eine Körpertemperatur von mindestens 38 °C erreicht sein muss. Als Risikofaktor bedeutsam ist die maximal erreichte Temperatur (> 39 °C), schreibt Professor Dr. Andreas Merkenschlager von der Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendliche des Universitätsklinikums Leipzig. Neben bestimmten Erregern und einigen Impfungen scheint auch die genetische Suszeptibilität ein wesentlicher Risikofaktor zu sein.

Bei etwa acht von zehn Fällen handelt es sich um einen einfachen Fieberkrampf, der häufig innerhalb von fünf Minuten spontan endet. Ein solcher Anfall verläuft generalisiert, dauert nicht länger als 15 Minuten und tritt innerhalb von 24 Stunden nur einmal auf.

Komplizierte Fieberkrämpfe sind deutlich seltener und haben einen prolongierten oder fokalen Verlauf über 15 Minuten oder länger. Innerhalb von 24 Stunden kann es zu weiteren Anfällen kommen, die sich auch durch konsequente Fiebersenkung nicht vermeiden lassen. Hält ein Krampf mindestens 30 Minuten an, spricht man von einem febrilen Status epilepticus.

Bukkales Midazolam besser als rektales Diazepam

Bei einfachen Fieberkrämpfen ist in der Regel weder ein EEG noch eine Labordiagnostik indiziert. Allerdings kann ein Basislabor mit großem Blutbild, Blutzucker und Elektrolyten hilfreich sein. Eine zerebrale Bildgebung sollte nicht routinemäßig erfolgen, sondern bestimmten Situationen vorbehalten bleiben, beispielsweise afebrilen Krampfanfällen nach prolongierten Verläufen. Insbesondere bei Rezidiven und positiver Familienanamnese kann eine genetische Diagnostik sinnvoll sein. Eine akute antikonvulsive Behandlung ist bereits bei einer Krampfdauer von drei bis fünf Minuten indiziert, um das Risiko eines Status epilepticus zu minimieren. Dabei sollte bukkales Midazolam (0,2–0,5 mg/kgKG oder als Fertigspritze in altersgerechter Dosierung) rektalem Diazepam (0,5 mg/kgKG bzw. absolut 5 mg bei < 15 kgKG und 10 mg bei ≥ 15 kgKG) vorgezogen werden.

Zwar sind die Effekte auf die Ventilation ähnlich, jedoch gelingt die Anfallsdurchbrechung mit Midazolam schneller und erfordert zudem seltener ein weiteres Antikonvulsivum. Krampft das Kind länger als fünf Minuten, wird die intravenöse Gabe von Lorazepam oder Diazepam empfohlen. Beide Medikamente eignen sich auch beim febrilen Status epilepticus. Kann ein Anfall nach 15 Minuten nicht durch Diazepam i.v. unterbrochen werden, ist eine Weiterbehandlung unter intensivmedizinischer Überwachung indiziert.

Die Eltern seien durch einen Fieberkrampf häufig massiv verängstigt, gibt der Autor zu bedenken. Daher sollte man mit ihnen grundsätzlich über eine stationäre Aufnahme sprechen. Sinnvoll ist diese bei sehr jungen Kindern zum sicheren klinischen Ausschluss einer ZNS-Infektion sowie bei komplizierten Fieberkrämpfen aufgrund des hohen Rezidivrisikos.

ZNS-Infektion ausschließen

Eine Lumbalpunktion sollte dringend erwogen werden bei:
  • Säuglingen ohne empfohlene Schutzimpfungen
  • Säuglingen mit antibiotischer Vorbehandlung
  • meningitischen Zeichen (z.B. Nackensteife)
  • prolongierter Bewusstseinsstörung

Zur Prävention eignen sich Antikonvulsiva nicht

Etwa ein Drittel der Kinder erleidet mindestens einen weiteren Fieberkrampf, häufig im Folgejahr. Risikofaktoren für ein Rezidiv sind:
  • niedriges Alter (< 12 Monate) beim ersten Anfall
  • positive Familienanamnese
  • relativ niedrige Temperatur zum Zeitpunkt des Fieberkrampfs
  • kurze Fieberphase vor dem ersten Krampfanfall
Weder eine präventive antikonvulsive Therapie bei einfachen Fieberkrämpfen noch eine antipyretische Behandlung ist Prof. Merkenschlager zufolge sinnvoll oder kann das Risiko von spontan oder nach Impfungen auftretenden Rezidiven senken. Eine intermittierende antiepileptische Therapie mit Benzodiazepinen wird aufgrund der potentiellen Toxizität nur in Einzelfällen empfohlen. Bei rezidivierenden Fieberkrämpfen sollte man immer auch an die Möglichkeit von fieberassoziierten Epilepsiesyndromen wie das Dravet- Syndrom oder das Generalisierte-Epilepsie- Fieberkrampf-Plus-Syndrom denken.

Quelle: Merkenschlager A. Kinder- und Jugendarzt 2019; 50: 794-801

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Eltern sind in großer Sorge, wenn ihr Kind einen Fieberkrampf hat. (Agenturfoto) Eltern sind in großer Sorge, wenn ihr Kind einen Fieberkrampf hat. (Agenturfoto) © Angelov – stock.adobe.com