
Quantifizierung zirkulierender Tumorplasmazellen kommt hoher Stellenwert zu

Die primäre Plasmazell-Leukämie (PCL) stellt die aggressivste monoklonale Gammopathie dar. Bis 2021 wurde sie durch einen Plasmazellanteil von mindestens 20 % charakterisiert, seither gelten ≥ 5 %. Auch Patient:innen mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom weisen zirkulierende Tumorplasmazellen (CTC) im Blut auf; deren Quantifizierung ist möglicherweise der relevanteste prognostische Faktor.
Kolleg:innen um Dr. Dr. Tomáš Jelínek, Universität von Ostrava, stellten jetzt die Hypothese auf, dass es sich bei der primären PCL nicht um eine separate klinische Entität handelt und dass ein niedrigerer CTC-Cut-off Erkrankte mit Ultrahochrisiko Multiplem Myelom charakterisiert, die eine ähnlich schlechte Prognose wie Personen mit primärer PCL haben.
Ab 2 % Tumorplasmazellen leidet das Überleben
In zwei tschechischen Zentren quantifizierten die Forschenden die CTC per Durchflusszytometrie zunächst in einer Kohorte von 395 Patient:innen mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, die nicht für eine Transplantation infrage kamen. Bereits in der ersten Auswertung deutete sich an, dass ≥ 2 % zirkulierende Plasmazellen ein sinnvoller Cut-off sein könnte.
So schnitten Betroffene mit Werten zwischen 2 und 20 % gegenüber denen mit < 2 % signifikant schlechter ab: Das progressionsfreie Überleben fiel bei ihnen mit median 3,1 Monaten vs. 15,6 Monate um den Faktor 5 kürzer aus (p < 0,001), und auch das Gesamtüberleben war mehr als halbiert (14,6 Monate vs. 33,6 Monate; p = 0,023). In einer multivariaten Analyse erwies sich der CTC-Anteil als unabhängiger prognostischer Marker neben bekannten Parametern wie dem ISS-Stadium, den LDH-Werten und einer Hochrisiko-Zytogenetik.
Die Kolleg:innen bestätigten die Bedeutung des 2%-Werts in einer Kohorte von 185 transplantationsfähigen Personen und validierten den Cut-off in einem unabhängigen Kollektiv nicht-transplantabler Erkrankter aus der Phase-3-Studie GEM-CLARIDEX. Darüber hinaus zogen sie die Daten von Patient:innen mit primärer PCL heran, davon 40 transplantationsfähige und 55 nicht-transplantationsfähige Personen. Hinsichtlich der Prognose unterschieden sie sich nicht von denjenigen aus den ursprünglichen Kohorten mit Plasmazell-Konzentrationen zwischen 2 % und 20 %.
Durchflusszytometrie sollte Standard sein
Die Unterschiede zwischen morphologisch und durchflusszytometrisch bestimmten CTC-Anteilen waren gering, sodass die Autor:innen die Durchflusszytometrie als die genauere Methode bei der diagnostischen Aufarbeitung eines Multiplen Myeloms empfehlen.
Um die etablierte Diagnosegrenze einer primären PCL von 5 % CTC herauszufordern, unterteilten die Wissenschaftler:innen die 2–20%-Spanne weiter in 2–5 % und 5–20 %. Sie poolten die nicht-transplantablen tschechischen Patient:innen mit denen aus der GEM-CLARIDEX-Studie. In diesem Kollektiv von 675 Erkrankten unterschieden sich CTC-Anteile von 2–5 % prognostisch kaum von solchen zwischen 5–20 %: Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 3,4 Monate vs. 5,1 Monate (p = 0,42) und lag damit signifikant unter dem von Erkrankten mit < 2 % CTC (18,1 Monate; p < 0,001).
Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass die primäre PCL nicht unbedingt eine eigene Entität darstellt, sondern vielmehr eine Gruppe von Myelompatient:innen mit ultrahohem Risiko repräsentiert. Die CTC-Konzentrationen scheinen ein Kontinuum von Erkrankungen mit zunehmend schlechterer Prognose zu beschreiben, wobei ein Cut-off-Wert von ≥ 2 % derzeit als sinnvoll erscheint, um den Verdacht auf eine primäre PCL mit deutlich schlechterer Prognose zu wecken. Der Anteil von Myelomerkrankten mit einer Plasmazellkonzentration von ≥ 2 % ist mit 4–7 % niedrig, aber ihre extrem schlechte Prognose unterstreiche den Bedarf an innovativen Therapiekonzepten.
Quelle:
Jelinek T et al. J Clin Oncol 2023; 41: 1383-1392; DOI: 10.1200/JCO.22.01226
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