Multiples Myelom: Hohe Ansprechraten mit CAR-T-Zelltherapie und BiTE

Dr. Katharina Arnheim

Das B-cell maturation antigen (BCMA) gehört zur Superfamilie der TNF-Rezeptoren. Das B-cell maturation antigen (BCMA) gehört zur Superfamilie der TNF-Rezeptoren. © wikipedia/Emw

Für Menschen mit Multiplem Myelom und hohem Risiko erzielt das gängige Vorgehen meist keine tiefen Remissionen. Bei diesen stark vorbehandelten Patienten haben in Phase-1-Studien CAR-T-Zelltherapie und neue bispezifische Antikörper hohe Ansprechraten und einen negativen MRD-Status bewirkt. Die Toxizitäten scheinen kontrollierbar.

Ciltacabtagen-Autoleucel

Die CAR-T-Zelltherapie hat bei Lymphomen und Leukämien bereits Erfolge gefeiert. In der Studie CARTITUDE-1 wird dieser Ansatz jetzt mit Ciltacabtagen-Autoleucel bei Patienten mit rezidiviertem und refraktärem Multiplem Myelom geprüft. Das T-Zellkonstrukt der zweiten Generation besitzt zwei gegen BCMA*-gerichtete Bindungsdomänen, erklärte Professor Dr. Deepu­ Madduri­ vom Mount Sinai Medical Center in New York. Im Phase-1b-Teil der Studie hatte Ciltacabtagen-Autoleucel bereits eine akzeptable Sicherheit und tiefe, dauerhafte Remissionen gezeigt.1

Auf der virtuellen ASH-Tagung stellte Prof. Madduri­ nun die kombinierten Ergebnisse der Phase-1b/2-Studie mit 97 progredienten Myelom-Patienten vor.2 Sie hatten median bereits sechs Vortherapien erhalten, darunter Proteasom-Inhibitoren, Immunmodulatoren und Anti-CD38-Antikörper. Die Erkrankung von 87,6 % der Patienten war gegen drei Behandlungen refraktär, von 41,2 % penta-refraktär. Fast ein Viertel besaß ein zytogenetisches Hochrisiko-Profil.

Auf die Einmalinfusion von Cilta­cabtagen-Autoleucel sprachen 97 % der Teilnehmer an. 67 % erreichten eine stringente komplette Remission, 93 % mindestens eine sehr gute partielle Remission. 93 % der darauf hin untersuchten Patienten wiesen keine minimale residuale Resterkrankung (MRD) mehr auf. Angesichts der intensiven Vortherapie der Teilnehmer bezeichnete Prof. Madduri­ die Response-Raten als „außergewöhnlich“.

Das Intervall bis zum Ansprechen war mit etwas mehr als einem Monat kurz, die Remissionen bei 72 % der Erkrankten dauerhaft. Nach gut einjähriger Beobachtungszeit ist der Median im progressionsfreien Überleben (PFS) bislang nicht erreicht. Die Zwölf-Monats-Rate beträgt 77 %, für Patienten in stringenter Komplettremission 85 %, für die mit mindestens sehr guter partieller Remission 68 %.

Auch das längerfristige Verträglichkeitsprofil von Ciltacabtagen-Autoleucel bewertete Prof. Madduri­ als akzeptabel. Die Zeit bis zur Erholung von einer Neutropenie vom Grad 3–4 betrug zwei Wochen, im Falle einer Thrombozytopenie vom Grad 3–4 vier Wochen. Infektionen entwickelte etwa jeder zweite Patient, sie waren jedoch meist leicht ausgeprägt. Ein Zytokin-Freisetzungssyndrom erlitten 51 % der Teilnehmer, doch erreichten 95 % der aufgetretenen Fälle nur Grad 1–2. Aufgrund dieser Ergebnisse wird Ciltacabtagen-Autoleucel jetzt in früheren Linien und bei ambulanter Gabe weiter geprüft.

AMG 701

AMG 701 ist ebenfalls gegen BCMA gerichtet. Das Molekül stellt laut Professor Dr. Simon­ J. Harrison­ vom Peter MacCallum Cancer Centre and Royal Melbourne Hospital ein ideales Therapieziel dar, weil es nur auf Myelomzellen, Plasmazellen und reifen B-Zellen exprimiert wird.3 Bei AMG 701 handelt es sich um einen BiTE** mit verlängerter Halbwertszeit, der nur einmal wöchentlich gespritzt werden muss. Er bindet neben BCMA an den CD3-Rezeptor auf T-Zellen, sodass diese aktiviert werden und expandieren. Über freigesetztes Perforin führt er zudem zur Apoptose von Myelomzellen.

AMG 701 wurde in einer Phase-1-Studie bei bislang 85 Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Multiplen Myelom in steigender Dosierung (0,005–18 mg) geprüft. Die Teilnehmer hatten bereits median sechs Vortherapien (2–25) erhalten. Ihr Krebs war refraktär gegenüber Proteasom-Inhibitoren, Immunmodulatoren und/oder Anti-CD38-Antikörpern. Derzeit erhalten noch 21 Patienten den BiTE.

Im Gesamtkollektiv über alle Dosierungen betrug die Gesamtansprechrate rund 28 %, bei Dosierungen zwischen 3 mg und 18 mg 36 % und in der aktuellsten Kohorte 83 %. Insgesamt wurden bislang:

  • fünf stringente Komplettremissionen,
  • drei Komplettremissionen,
  • sechs mindestens sehr gute partielle Remissionen und
  • sieben partielle Remissionen dokumentiert.

Sechs der sieben darauf getesteten Teilnehmer hatten einen negativen MRD-Status erreicht. Sie sind weiterhin alle in Remission, die bei einem Erkrankten bereits 23 Monate lang anhält. Die mediane Remissionsdauer ist noch nicht erreicht, da 17 der Responder während des letzten Stagings weiterhin ansprachen.

Auch unter AMG 701 kam es zu Zytokin-Freisetzungssyndromen, die jedoch überwiegend geringgradig ausfielen. Weitere Toxizitäten umfassten Anämie (43 %), Neutropenie (27 %), Thrombozytopenie (21 %) sowie Diarrhöen und Hypophosphatämien mit jeweils 31 %.

Das Sicherheitsprofil bewertete Prof. Harrison insgesamt als handhabbar. Aufgrund der ermutigenden Aktivität mit etwa zwei Jahren bestehenden Remissionen sollte der BiTE AMG 701 seiner Meinung nach weiter evaluiert werden.

REGN5458

Der bispezifische Antikörper REGN5458 bindet ebenfalls an BCMA auf Myelom- sowie CD3 auf T-Zellen. Damit steigert er die T-Zell-Effektorfunktion und induziert so die Apoptose in BCMA-exprimierenden Myelomzellen, erläuterte Prof. Madduri­. REGN5458 könnte für triple- und penta-refraktäre Patienten mit Multiplem Myelom, deren Gesamtüberleben mit median 9 Monaten bzw. 5,5 Monaten ausgesprochen kurz ist, eine neue Option darstellen.

In einer Dosisfindungsstudie erhielten 49 Patienten mit refraktärem/rezidiviertem Multiplem Mye­lom in steigenden Dosen 3–96 mg.4 Die Teilnehmer der Phase-1-Studie hatten bereits median fünf Vor­therapien (2–17) erhalten. Gut die Hälfte von ihnen (57 %) war penta-refraktär, 80 % refraktär gegenüber Carfilzomib, 92 % gegenüber Pomalidomid und alle gegenüber Anti-CD38-Antikörpern.

Über alle Dosisstufen hinweg betrug die Gesamtansprechrate 39 %. Ein hoher Anteil an Patienten (95 %) erreichte mindestens eine sehr gute partielle Remission, 42 % eine (stringente) Komplett­remission. Die Gesamtanstrechrate stieg mit zunehmender Dosis bis auf 62,5 % unter dem obersten Dosislevel, erklärte der Experte. Remissionen traten früh ein, meist bereits bis Woche 4. Sie vertieften sich im weiteren Follow-up. Die Remissionsdauer erstreckt sich über median sechs Monate, bei 37 % der Responder über acht Monate und länger. Vier der sieben evaluierbaren Patienten hatten einen negativen MRD-Status (10-5)­. Das Ansprechen war unabhängig von der BCMA-Expression, wie Prof. Madduri­ betonte.

Neben der Effektivität überzeugte REGN5458 durch positive Daten zum globalen Gesundheitsstatus und zur Lebensqualität: Beide Parameter besserten sich bis Studien­woche 4 relevant und blieben bis Woche 24 erhalten. „Das Ergebnis spricht für die gute Verträglichkeit von REGN5458“, resümierte Prof. Madduri­. Die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 3 und höher waren Anämien, Neutropenien und Lymphopenien. Neurotoxizität von Grad 3–4 und schweres Zytokin-Freisetzungssyndrom traten nicht auf. Auch wurde keine Korrelation zwischen einem Zytokin-Freisetzungssyndrom und Dosisstufe festgestellt. Auf Basis der Daten läuft die Rekrutierung von Patienten für den Phase-2-Teil der Studie.

* B-cell maturation antigen
** bispecific T-cell Engager

Quellen:
1. Berdeja JG et al. J Clin Oncol 2020; 38: Abstract 8505
2. Madduri D et al. 62. ASH Annual Meeting (virtuell); Abstract 177
3. Harrison SJ et al. A.a.O.; Abstract 181
4. Madduri D et al. A.a.O.; Abstract 291

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