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Reduktion der entzündlichen Aktivität verbessert die Fertilität
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Beim Thema „Schwangerschaft und Rheuma“ gerät der männliche Part oft ein wenig in den Hintergrund. Aber auch Männer mit einer rheumatischen Erkrankung machen sich häufig Sorgen, dass ihre Fertilität eingeschränkt ist oder die Medikamente negative Auswirkungen auf eine Schwangerschaft haben könnten, so die Erfahrung von Dr. Susanna Späthling-Mestekamper, niedergelassene Rheumatologin aus München.
Die Sorge um die Fruchtbarkeit ist durchaus begründet. Denn Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen sind insgesamt deutlich häufiger von Infertilität betroffen als Gesunde (8–37 % vs 8–15 %). Rheumatische Erkrankungen stören die männliche Zeugungsfähigkeit auf vielerlei Arten. Bei systemischem Lupus erythematodesKrankheitsbild Detailseite (SLE) werden z.B. in bis zu 48 % der Fälle Spermienabnormalitäten beobachtet, bis zu 43 % haben Anti-Spermien-Antikörper. SLE- und RA-Patienten weisen häufig erniedrigte Testosteronwerte auf. RA-Kranke leiden zudem häufig an einer erektilen Dysfunktion. Und bei Männern mit ankylosierender Spondylitis finden sich vermehrt Varikozelen, berichtete die Rheumatologin.
Um die männliche Infertilität abzuklären, sind deshalb folgende Maßnahmen sinnvoll:
- urologische Untersuchung einschließlich Hodensonographie
- Bestimmung des Hormonstatus
- Bestimmung der Antispermienantikörper
- Samenanalysen
Bei der Samenanalyse als wichtigsten diagnostischen Schritt ist zu bedenken, dass auch normal fertile Männer heutzutage insgesamt geringere Spermienkonzentrationen aufweisen als in früheren Zeiten. Oft rutschen deshalb auch eigentlich fertile Männer von Zeit zu Zeit unter die Fertilitätsgrenze. Auf eine einzige Samenanalyse sollte man sich daher nie verlassen.
Nicht nur die rheumatische Erkrankung, auch deren Therapie kann theoretisch die Fertilität beeinflussen. Der einzige Wirkstoff mit gesichert negativem Einfluss auf Fertilität und Schwangerschaft ist Cyclophosphamid, das in jedem Fall zwölf Wochen vor Zeugungsversuch abgesetzt werden sollte. Unter Sulfasalazin (SSZ) ist eine eingeschränkte Spermienmobilität beschrieben.
Alle anderen DMARD können zeugungswillige Männer wahrscheinlich problemlos weiternehmen, auch wenn die Datenlage für einige neuere Biologika noch gering ist. In den ACR*-Empfehlungen von 2020 wird eindeutig grünes Licht gegeben für Azathioprin/6-Mercaptopurin, Hydroxychloroquin und alle TNF-Inhibitoren.
Wenig Daten zu neueren Biologika
Die Fortsetzung der Einnahme von COX-2-Inhibitoren, NSAR, konventionellen DMARD (MTX, Cyclosporin, Leflunomid, SSZ) sowie Anakinra und Rituximab wird bedingt empfohlen, ist aber wahrscheinlich unproblematisch. Noch deutlich zu wenig Daten liegen für Abatacept, Tocilizumab, Baricitinib und Tofacitinib vor. Hinweis auf eine Teratogenität liegen bisher aber auch hier nicht vor. Warum MTX nur eine bedingte Empfehlung bekommen hat, könne sie aufgrund der guten Datenlage allerdings nicht ganz nachvollziehen, so die Rheumatologin.
Adäquate antirheumatische Therapie am wichtigsten
Viele Betroffene fürchten auch, über die Samenflüssigkeit Medikamente auf schwangere oder stillende Frauen vaginal zu übertragen. Diese Sorge ist in der Regel unbegründet. Dr. Späthling-Mestekamper empfiehlt deshalb, alle Männer mit rheumatischen Erkrankungen und potenziellem Kinderwunsch entsprechend zu beraten. Das sei in jedem Fall besser, als wenn die Männer und ihre Partnerinnen durch das Lesen der Beipackzettel verunsichert und möglicherweise unkontrolliert ihre antirheumatischen Medikamente absetzten würden.
Die allerwichtigste Maßnahme zur Verbesserung der Fertilität ist die Reduktion der entzündlichen Aktivität durch eine adäquate antirheumatische Therapie, betonte die Rheumatologin. Das gilt natürlich auch für die Therapie der häufig bei rheumatischen Patienten anzutreffenden Komorbiditäten wie kardiovaskuläre Erkrankungen, Bluthochdruck oder chronischen Nierenerkrankungen. Denn diese haben ebenso wie Alkohol und Nikotin einen negativen Einfluss auf die männliche Zeugungsfähigkeit.
* American College of Rheumatology
Quelle: Deutscher Rheumatologie Kongress 2021 – virtuell
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