Schilddrüse auf Hochtouren

Dr. Andrea Wülker

Genetische Faktoren, weibliches Geschlecht und Rauchen begünstigen die Entwicklung von Schilddrüsenknoten ebenfalls. Genetische Faktoren, weibliches Geschlecht und Rauchen begünstigen die Entwicklung von Schilddrüsenknoten ebenfalls. © Orawan -stock.adobe.com

Eine unbehandelte Schilddrüsenüberfunktion kann zu ernsten Komplikationen in verschiedenen Organ­systemen führen. Für die Therapie gibt es drei Optionen – von denen eine an Bedeutung gewinnt.

Morbus Basedow, Schilddrüsenautonomie und Thyreo­iditis sind die häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsen­überfunktion, schreiben Dr. Layal Chaker vom Erasmus University Medical Center, Rotterdam, und Kollegen. Der M. Basedow zählt zu den Autoimmunkrankheiten, wobei an der Pathogenese genetische und Umweltfaktoren (Jodstatus, Rauchen, Stress, Schwangerschaft u.a.) beteiligt sind. Die Hyperthyreose beim M. Basedow wird durch Autoantikörper verursacht, die den Rezeptor für das Thyroidea stimulierende Hormon (TSH) aktivieren.

Jodmangel bewirkt eine chronische Stimulation der Schilddrüse, was zu einer diffusen oder knotigen Struma führt und letztlich in einer Schilddrüsenautonomie resultiert. Genetische Faktoren, weibliches Geschlecht und Rauchen begünstigen die Entwicklung von Schilddrüsenknoten ebenfalls. Eine funktionelle Autonomie entwickelt sich in etwa 5 % der Knoten, entweder als solitäres autonomes Adenom oder als Teil einer mehrknotigen Struma.

Zu den Auslösern einer Thyreoiditis zählen (virale) Infektionen, Medikamente und Autoimmunvorgänge. Die Entzündung kann dazu führen, dass aus Schilddrüsenfollikeln vermehrt Schilddrüsenhormone freigesetzt werden. Das führt unter Umständen zu einer passageren Hyperthyreose, die nach ein bis vier Monaten sistiert – wenn die Hormonvorräte erschöpft sind oder die Entzündung abgeklungen ist.

Die Überfunktion durch eine Thyreoiditis sistiert nach wenigen Monaten

Klinisch macht sich die Hyperthyreose durch eine Vielzahl an Zeichen und Symptomen bemerkbar, darunter: 

  • Struma 
  • Schwitzen, warme, feuchte Haut 
  • Gewichtsverlust trotz Heißhunger 
  • Wärmeintoleranz
  • Tachykardie
  • Belastungsdyspnoe
  • gesteigerte Stuhlfrequenz
  • Nervosität, Ruhelosigkeit, Ängstlichkeit 
  • Depression 

Typisch für den M. Basedow ist die endokrine Ophthalmopathie/Orbitopathie, die zusätzlich zu den oben genannten Symptomen beobachtet wird.

Ältere Menschen haben eher untypische Symptome

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Hyperthyreose-Symptomatik bei älteren Menschen nur gering ausgeprägt sein kann. Bei Senioren sollte man daher bei Gewichtsverlust mit ungeklärter Ursache, Vorhofflimmern bzw. -flattern oder affektiven Störungen etc. differenzialdiagnostisch auch an eine Hyperthyreose denken. Eine unbehandelte Überfunktion führt gerade bei Senioren zu negativen Outcomes wie Vorhofflimmern mit konsekutiver Herzinsuffizienz und embolischem Schlaganfall. Frakturen treten insbesondere bei postmenopausalen hyperthyreoten Frauen häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung.

Labordiagnostisch findet man bei manifester Hyperthyreose erhöhte Konzentrationen an freiem Trijodthyronin (FT3) und freiem Thyroxin (FT4) im Serum, während der TSH-Wert meist unter 0,01 mU/l sinkt. Einige Patienten weisen nur einen erhöhten FT3-Wert bei normalem FT4-Wert auf. Bei subklinischer Hyperthyreose ist lediglich das TSH supprimiert, die Schilddrüsenhormone liegen dagegen im Normbereich (s.  Kasten). Wenn ein M. Basedow vermutet wird, aber (noch) keine Ophthalmopathie vorliegt, kann es hilfreich sein, nach TSH-Rezeptor-Autoantikörpern zu suchen. 

Eine Szintigrafie hilft in manchen Fällen, um die Ursache der Hyperthyreose zu identifizieren. Eine Schilddrüsensonografie dient dazu, Knoten darzustellen, die bei der Palpation oder der Szintigrafie entdeckt wurden.

Manifest oder subklinisch?

Die manifeste Hyperthyreose ist biochemisch definiert durch einen verminderten TSH-Spiegel und erhöhte Konzentrationen an FT4 und/oder FT3. Eine subklinische Hyperthyreose liegt vor, wenn der TSH-Wert erniedrigt ist, aber die FT3- und FT4-Werte normal sind.

Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion können mit Betablockern gelindert werden – unabhängig von der Ursache der Hyperthyreose. Seit langer Zeit wird der nicht-selektive Betablocker Propranolol (drei- bis viermal täglich 10–40 mg) eingesetzt, doch länger wirksame, selektive Beta-1-Blocker wie Atenolol oder Metoprolol zeigen ebenfalls Wirkung. Eine Thyreoiditis wird symptomatisch oder mit Glukokortikoiden behandelt.

Zur medikamentösen thyreostatischen Therapie stehen Thiamazol, Carbimazol und Propylthiouracil zur Verfügung. Für Patienten mit neu diagnostiziertem M. Basedow eignet sich gemäß aktuellen Leitlinien Carbimazol oder Thiamazol über 12–18 Monate. Wenn der TSH-Wert wieder im Normbereich liegt und sich keine TSH-Rezeptor-Autoantikörper mehr nachweisen lassen, kann man die Therapie beenden. Kommt es zum Rezidiv, lauten die Optionen Thyreostatikaeinnahme oder definitive Therapie (Radiojodtherapie oder OP). 

In Knoten entwickeln sich zu 5 % Autonomien

Bei Patienten mit unifokaler oder multifokaler Schilddrüsenautonomie wurde bisher bevorzugt eine Radiojodtherapie oder eine Operation durchgeführt. Studien zeigen jedoch die Effektivität einer langfris­tigen, niedrig dosierten Therapie mit Thyreostatika – insbesondere bei Senioren oder bei Patienten, für die eine Radiojodtherapie oder ein operativer Eingriff keine gute Option ist. Während der COVID-19-Pandemie wurden nicht dringend erforderliche Operationen und Radiojodtherapien eingeschränkt. Das bewirkte eine weitere Verschiebung in Richtung Thyreostatika.

Quelle: Chaker L et al. Lancet 2024; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)02016-0

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