Selbsttherapie mit Vitamin D birgt Hyperkalzämiegefahr

Dr. Dorothea Ranft

Hinter einer Niereninsuffizienz unklarer Ursache kann eine Überdosis Vitamin D stecken. Hinter einer Niereninsuffizienz unklarer Ursache kann eine Überdosis Vitamin D stecken. © peterschreiber.media – stock.adobe.com

Vermeintlich harmlose Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D können für Patienten schwerwiegende Folgen bis hin zum Nierenversagen haben. Vier Beispiele aus einer nephrologischen Praxis.

Ein 88-jähriger Mann wurde wegen einer seit Tagen anhaltenden Abgeschlagenheit, Übelkeit und Erbrechen stationär aufgenommen. Das Serumkalzium war mit 3,3 mmol/l deutlich erhöht, die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate lag bei 19 ml/min/1,73 m². Die Klinikärzte vermuteten akutes Nierenversagen bei tumorbedingter Hyperkalzämie, fanden aber kein Malignom.

Ein halbes Jahr lang täglich 50.000 IE eingenommen

Dafür fiel ein mit 326 µg/l deutlich erhöhter 25-Hydroxy-Vitamin-D3-Spiegel auf, berichtet der Darmstädter Nephrologe Dr. ­Michael ­Zieschang. Die Einnahme entsprechender Tabletten verneinte der Patient, räumte aber den Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln ein. Allerdings wäre er bei korrekter Anwendung nicht einmal auf eine Tagesdosis von 1000 IE Vitamin D gekommen. Der alte Herr musste die Supplemente also massiv überdosiert haben.

Bei einer 51-jährigen Brustkrebs­patientin fiel präoperativ eine eingeschränkte Nierenfunktion auf: Kreatinin 3,17 mg/dl, Parathormon erniedrigt, keine Metastasen im Szintigramm. Die Ärzte vermuteten akutes Nierenversagen unter Hyperkalzämie bei vorbestehender chronischer Insuffizienz. Wie sich herausstellte, hatte die Frau zur Selbstbehandlung ihres Mammakarzinoms ein halbes Jahr lang täglich 50 000 IE Vitamin D und anschließend über drei Monate hinweg 50.000 IE einmal pro Woche eingenommen.

Als Drittes berichtet Dr. Zieschang über eine 61-Jährige mit Nieren­insuffizienz unklarer Genese. Das Kreatinin lag bei 2,89 mg/dl, das Serumkalzium war mit 4 mmol/l gefährlich hoch. Alkalische Phosphatase und Gesamteiweiß waren nicht erhöht. Die Patientin hatte keine monoklonale Gammopathie, die Nieren waren sonographisch bis auf einzelne kleine Zysten unauffällig. Aber das 25-Hydroxy-Vitamin-D3 überstieg 500 µg/l. Nach mehrfachem Nachfragen berichtete die Patientin, gelegentlich Vitamin D eingenommen zu haben. Die genaue Dosis blieb unklar.

Im Zweifel mal alle Tabletten und Tropfen mitbringen lassen

Eine 78-jährige chronische Dialyse­patientin wurde wegen eines sekundären Hyperparathyreoidismus mit 0,25 µg Calcitriol behandelt. Als das Serumkalzium auf 2,9 mmol/l stieg, wurde die Behandlung unterbrochen. Das Kalzium aber kletterte weiter und erreichte sechs Wochen nach Absetzen des Medikaments 3,3 mmol/l. Um die Ursache zu klären, ließ sich der Arzt sämtliche im Haus vorhandenen Medikamente in einem Beutel vorbeibringen. Das Ergebnis dieser „Tütenprüfung“: Die Patientin hatte offenbar monatelang Vitamin-D-Tropfen und dazu noch einige Multivitaminpräparate eingenommen – ohne Rezept.

Dr. ­Zieschang erinnert abschließend daran, dass die Einnahme von Vitamin D stets der klaren Indikation bedarf. Außerdem sollte der Kalziumspiegel unter der Therapie regelmäßig kontrolliert werden.

Quelle: Zieschang M. Arzneiverordnung in der Praxis 2021

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