Sicher durch den Ramadan – was Sie Ihren Diabetespatienten raten können

Dr. Dorothea Ranft

Besonders Diabetiker müssen während des Fastens auf sich achten. Besonders Diabetiker müssen während des Fastens auf sich achten. © iStock/alexkich

Jetzt beginnt der Ramadan. Einen Monat lang fasten – daran halten sich rund 80 % der muslimischen Typ-2-Diabetiker. Sogar Typ-1-Diabetiker lassen sich mitunter nicht davon abbringen. Höchste Zeit zu prüfen, wie gefährdet der zuckerkranke Patient ist.

Im Fastenmonat Ramadan, der am 23. April begonnen hat, sollen Muslime zwischen Sonnenaufgang und -untergang nicht nur auf Essen und Trinken verzichten. Es dürfen auch keine Medikamente in den Körper gelangen (Tabletten, Tropfen oder Injektionen). Diese Regeln gelten für jeden mündigen, geistig zurechnungsfähigen Moslem, sofern er ihnen ohne Schaden für seine Gesundheit Folge leisten kann. Dementsprechend sind akut und chronisch Kranke, zu denen ja auch die Diabetiker zählen, eigentlich vom Fasten befreit.

Wer ist vom Fasten befreit?

  • Kinder
  • Schwangere und Stillende
  • altersschwache Patienten
  • Reisende (> 90 km Distanz zum Heimatort)
  • akut und chronisch Kranke

Jeder Fünfte nimmt während des Ramadans zu

Allerdings stürzt das Nichteinhalten der Fastenzeit viele Gläubige in schwere Gewissenskonflikte, berichtete Professor Dr. Werner Kern vom Zentrum für Hormon- und Stoffwechselerkrankungen in Ulm. Zusätzlich hat der Ramadan eine große soziale Bedeutung, weil man sich nach Sonnenuntergang mit Freunden und Verwandten zum „Fastenbrechen“ trifft. Das führt dazu, dass etwa 80 % der Typ-2-Diabetiker und mehr als 40 % der Typ-1-Diabetiker doch tagsüber auf Nahrung und Flüssigkeit verzichten. Wie das Abendessen ist auch das Frühstück vor Sonnenaufgang üblicherweise sehr kalorienhaltig. Einer Studie zufolge nehmen nur 27 % der Menschen mit Dia­betes während des Ramadans ab, bei 54 % bleibt das Gewicht konstant und 19 % legen sogar zu. Patienten, die unbedingt fasten wollen, müssen Sie über die damit verbundenen Risiken aufklären, fordert Prof. Kern.

Risikofaktor Schlafentzug

Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist in der Fastenzeit häufig verändert: In der Regel wird der Schlaf sehr früh unterbrochen, denn das Frühstück (suhoor) muss bis Sonnenaufgang beendet sein. Wer kann, legt sich anschließend noch einmal schlafen und beginnt den Tag später. Manche ruhen auch nachmittags und viele bleiben nach dem Abendessen (iftar) bis Mitternacht wach.

So steigt die Gefahr schwerer Hypoglykämien tagsüber deutlich an. In Studien zu Typ-2-Diabetes verfünffachte sich nachts die Inzidenz von Hyperglykämien. Auch das Risiko für Ketoazidose, Dehydratation und Thrombose ist erhöht. Generell erlaubt ist Fasten laut Prof. Kern deshalb nur gut kontrollierten Diabetikern, die nicht mit Insulin oder insulinotropen Substanzen behandelt werden. Auf keinen Fall fasten dürfen Patienten mit sehr hohem Risiko. Dazu zählen Personen mit schweren Hypoglykämien sowie mit einem ketoazidotischen oder hyperosmolaren Koma in den vorangegangenen drei Monaten. Auch bei gestörter Hypoglykämie-Wahrnehmung, akuten Erkrankungen, Schwangerschaft, Dialyse-Behandlungen und einem schlecht eingestellten Typ-1-Diabetes riskieren die Fastenden ihre Gesundheit. Gleiches gilt für fortgeschrittene makrovaskuläre Komplikationen und Senioren in schlechtem Gesundheitszustand. Wegen des erhöhten Risikos nicht fasten sollen Patienten mit moderaten Hyperglykämien (Blutzucker von 150–300 mg/dl, HbA1c 7,5–9 %), Nephropathie (ab Stadium 3), stabilen makrovaskulären Komplikationen oder riskanten Begleiterkrankungen. Auch Menschen mit anstrengender körperlicher Tätigkeit oder kognitiv beeinträchtigender Medikation sollten Sie davon abraten, tagsüber auf Essen, Trinken und Arzneien zu verzichten. In jedem Fall gilt es, mit fastenwilligen Patienten einen individuellen Therapieplan zu erarbeiten. Metformin, Acarbose, DPP4-Hemmer und GLP-1-Analoga können während des Ramadans vor dem Abendessen in unveränderter Dosis genommen werden. Glinide werden auf zwei Dosen (vor Frühstück und Abendessen) reduziert. Glibenclamid-Patienten sollten wegen der kürzeren Halbwertszeit auf Glimepirid oder Gliclazid umgestellt werden (1 x täglich vor dem Frühstück oder 2 x täglich vor den Mahlzeiten, ggf. in reduzierter Dosis). SGLT2-Hemmer sollten großzügig abgesetzt werden, rät der Experte.

Risikopatienten überzeugen, nicht zu fasten

  • Setzen Sie Ihren Therapieerfolg nicht aufs Spiel!
  • Der Koran verlangt von Ihnen, dass Sie Ihr Leben schützen. Aber Fasten kann Ihr Leben gefährden.
  • Für chronisch Kranke besteht die Möglichkeit einer Fastenersatzleis­tung (fidya), d.h. „täglich einen Armen zu speisen“ bzw. den entsprechenden Geldbetrag zu spenden.

Dosis des Insulins muss angepasst werden

Die Insulintherapie sollte bevorzugt mit Analoga erfolgen. Ein Basal­insulin wird bei einmaliger Applikation täglich vor dem Abendessen gespritzt (Dosisreduktion um 15–30 %), bei zweimal täglicher Gabe bleibt die Morgendosis vor dem Frühstück wie gehabt und die Abenddosis vor dem Fastenbrechen wird halbiert. Von einem prandialen Insulin sollte der Patient dagegen vor dem Frühstück 25–50 % weniger injizieren und die Dosis vor dem Abendessen bleibt unverändert. Misch­insulin wird bei einmal täglicher Gabe wie gewohnt verabreicht, wird zweimal täglich gespritzt, gibt es die Morgendosis vor dem Abendessen und halbierte Abenddosis vor dem Frühstück.

Quelle: 15. Diabetologie-Update-Seminar

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Besonders Diabetiker müssen während des Fastens auf sich achten. Besonders Diabetiker müssen während des Fastens auf sich achten. © iStock/alexkich