Sofortige Androgendeprivation bei asymptomatischem Prostatakarzinom

Josef Gulden

Bei sofortiger ADT  können toxische Folgetherapien potenziell hinausgeschoben werden. Bei sofortiger ADT können toxische Folgetherapien potenziell hinausgeschoben werden. © fotolia/fotoliaxrender

Prostatakarzinome, die nicht kurativ therapierbar sind, werden bekanntlich zunächst mittels biochemischer Kastration behandelt. Die Frage, ob sofort behandelt werden soll oder nicht, ist aber bisher nicht wirklich geklärt. In einer randomisierten Studie wurde die sofortige Androgendeprivation mit einer verzögerten, erst beim Auftreten von Symptomen einsetzenden Therapie verglichen.

Die Androgendeprivationstherapie ist gemeinhin die erste nicht-kurative Behandlungsoption beim Prostatakarzinom– egal, ob es sich um ein PSA-Rezidiv nach primär kurativ intendierter Therapie oder um eine primär inoperable Erkrankung handelt. Die Patienten können jedoch über viele Jahre asymptomatisch sein. Solange stellt sich die Frage, ob man mit einer sofortigen Hormontherapie nicht mehr Schaden als Nutzen anrichtet und daher bis zum Auftreten einer symptomatischen metastasierten Erkrankung damit warten sollte.

Randomisierte Studie bei asymptomatischen Patienten

Dieser Frage wurde in der internationalen Phase-III-Studie TOAD (Timing of Androgen Deprivation) nachgegangen, in der 293 Männer mit ausschließlich biochemischem Rezidiv oder mit primärem asymptomatischem, aber nicht kurativ therapierbarem Prostatakarzinom randomisiert wurden: Etwa die Hälfte von ihnen erhielt sofort eine Androgendeprivation nach Wahl des behandelnden Zentrums, bei den übrigen erfolgte diese erst, wenn die Progression klinisch bemerkbar wurde oder wenn der Patient oder der Arzt es für angezeigt hielt.

Kein Unterschied bei der Lebensqualität

Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben. Dazu hatten die Autoren bereits im vergangenen Jahr berichtet, dass die sofortige Therapie einen grenzwertig signifikanten Vorteil brachte – mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von 91,2 gegenüber 86,4 % nach verzögerter Behandlung (Hazard Ratio 0,55; p = 0,050).1 Beim wichtigsten sekundären Endpunkt, der gesundheitsbezogenen Lebensqualität nach zwei Jahren, war zu diesem Zeitpunkt kein Unterschied erkennbar. In der aktuellen Publikation berichten die Autoren nun über diverse Lebensqualitätsendpunkte, bestimmt mit den EORTC-Fragebögen QLQ-C30 und PR25:2

  • Bei weiteren sekundären, die Lebensqualität betreffenden Endpunkten wie der globalen Lebensqualität, der körperlichen, Rollen- und emotionalen Funktion, der Fatigue, Dyspnoe, Schlaflosigkeit und dem mangelnden Männlichkeitsgefühl waren bis zu fünf Jahre nach der Randomisierung keine signifikanten Unterschiede zu erkennen.
  • Die sexuelle Aktivität war in dem Arm mit sofortiger Therapie nach sechs und zwölf Monaten signifikant geringer; die Differenz zum Arm mit verzögerter Hormontherapie war auch nach mehr als zwei Jahren noch größer als zehn Punkte auf der entsprechenden Skala, die als klinisch signifikant angesehen werden.
  • Bei den durch die Hormonbehandlung bedingten Symptomen waren nach sechs und zwölf Monaten statistisch signifikante Unterschiede messbar, die aber nicht klinisch relevant erschienen – mit Ausnahme von Hitzewallungen, die über fünf Jahre ebenso häufiger waren (Odds Ratio 2,87; p < 0,0001) wie Reizungen von Brustwarzen oder Brust (OR 2,64; p = 0,00013).

Die sofortige Androgendeprivation ist also mit einem gewissen Vorteil beim Überleben verbunden, der sich ähnlich wie bei der adjuvanten Therapie aus der Behandlung mikroskopischer im Gegensatz zu größeren, klinisch manifesten Metastasen ergeben dürfte. Erkauft wird dieser Vorteil mit nicht sehr ausgeprägten Nachteilen bei einigen wenigen hormonell bedingten Nebenwirkungen wie Hitzewallungen und Symptomen an den Brüsten.

Zusätzlich zum Überlebensvorteil ist zugunsten der sofortigen Behandlung zu sagen, dass man damit möglicherweise die Notwendigkeit für toxische Folgetherapien hinausschiebt. Denn die mikroskopischen Metastasen, gegen die sich die frühe Therapie richtet, werden auch weniger schnell kastrationsresistent als größere, klinisch auffällig gewordene Filiae.

1. Duchesne GM et al. Lancet Oncol 2016; 17: 727-737
2. Duchesne GM et al. Lancet Oncol 2017; 18: 1192-1201

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Bei sofortiger ADT  können toxische Folgetherapien potenziell hinausgeschoben werden. Bei sofortiger ADT können toxische Folgetherapien potenziell hinausgeschoben werden. © fotolia/fotoliaxrender