Strategien zur Mikrobiom-Optimierung bei entzündlichen Darmerkrankungen

Dr. Alexandra Bischoff und Dr. Anna-Lena Krause

Das intes­tinale Mikrobiom gilt mittlerweile wissenschaftlich als metabolisch aktives „Organ". Das intes­tinale Mikrobiom gilt mittlerweile wissenschaftlich als metabolisch aktives „Organ". © iStock/jamesbenet

Was aus einer Mikroben-Schieflage resultieren kann, sieht man am Beispiel Morbus Crohn. Verfahren zur Modulation der Darmflora haben zunehmend an wissenschaftlicher und klinischer Evidenz gewonnen. Sie reichen von einer mediterranen Diät bis hin zur Übertragung von künstlichem Stuhlersatz.

Auf die Balance kommt es an, wenn es um das rege Zusammenleben der verschiedenen Bakterienkolonien in unserem Darm geht, denn spezifische Mikrobiome und deren Metaboliten beeinflussen das intestinale Immunsystem. Dies führt beispielsweise zu einer Deregulation der T-Zell-vermittelten Immunantwort, wie sie im Zusammenhang mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen steht. Das intes­tinale Mikrobiom gilt mittlerweile wissenschaftlich als metabolisch aktives „Organ“.

Die dazu gehörigen Bakterien wandern bereits im Uterus über die Nabelschnur und die Plazenta in den Darm ein. In der Kindheit gesellen sich zu den Kolonien der Enterokokken, Streptokokken, Staphylokokken und Propionibakterien noch weitere Bakterienstämme, Viren und Pilze. Wissenschaftler vermuten, dass das frühe Besiedelungsmuster nicht nur entscheidend für die Zusammensetzung der Darmflora im Erwachsenenalter ist, sondern auch für den Zeitpunkt, wann eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung erstmals auftritt.

Zwar kennt man bis dato die genauen Mechanismen, die zur Entstehung dieser Autoimmunerkrankungen führen, nicht. Jedoch scheinen insbesondere Patienten mit Morbus Crohn sehr gut auf eine Modulation ihrer Darmflora mit Mikroben anzusprechen. Dr. Abigail­ Basson und ihre Kollegen von der Case Western Reserve University of Cleveland forschen im Bereich der komplementären und alternativen Medizin und fassen den aktuellen Stand der Behandlungsstrategien bei chronisch-entzündlichen Darm­erkrankungen zusammen.

Nutraceuticals

Als Nutraceuticals werden Lebensmittel oder -anteile bezeichnet, die einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben und sich zur Prävention oder Behandlung von Erkrankungen eignen (s. Kasten). Phytochemikalien können die Zusammensetzung und Aktivität der Mikrobiota modulieren. Doch die Bioverfügbarkeit ist unterschiedlichsten Einflüssen unterworfen.

Um dieses Problem zu überwinden, wurden Nutraceuticals z.B. in unverdauliche Fasern enkapsuliert, die ausschließlich von Darmbakterien abgebaut werden. Damit wird gewährleistet, dass die Substanz gezielt im Darm freigesetzt wird. Funktioniert hat diese Form der bakterienvermittelten Freisetzung z.B., um mit der aktiven Form von Vitamin D die lokale Entzündung im Darm positiv zu beeinflussen.

Nutraceuticals zur Modulation der Darmflora

  • Prebiotika (z.B. Oligofruktose)
  • Polysaccharide (z.B. Carrageene aus Rotalgen)
  • Casein-Glykomakropeptid (aus Molke)
  • Pilzextrakte (z.B. aus dem glänzenden Lackporling)
  • Phytochemikalien (z.B. Polyphenole)

Ernährungsumstellung

Bereits mit einer geringfügigen Ernährungsumstellung gelingt es, die Darmflora in weniger als einem Tag zu verändern, schreiben Dr. Basson und Kollegen. Einen großen Effekt in kürzester Zeit kann man z.B. über eine kurzfristige kohlenhydratfreie Diät erzielen – jedoch klappt das nicht bei jedem. Hinweise auf einen positiven Einfluss auf das intestinale Mikrobiom gibt es bei mediterraner Kost mit wenig rotem Fleisch. Liegt eine geringe Biodiversität vor, kann diese mit einem ballaststoffreichen und energiearmen Speiseplan um bis zu 25 % erhöht werden. Lebensmittel mit niedrigem FODMAP*-Gehalt, z.B. Kartoffeln, Auberginen, Paprika, Fisch und Melone, führen zu weniger Blähungen und Schmerzen als Zwiebelgewächse, Milch, Weizenprodukte oder Äpfel. Allerdings werden durch diese Diät viele Prebiotika-haltige Lebensmittel ausgeschlossen sowie einige Kohlgemüse, deren Senfölglycoside von Darmbakterien in biologisch aktive antiinflammatorische Verbindungen umgewandelt werden.

Probiotika

Studien mit verschiedenen Probio­tika-Präparaten bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen haben widersprüchliche Ergebnisse erzielt. Für Morbus Crohn gibt es daher derzeit keine Empfehlungen, diese Lebendkulturen einzunehmen.

Fäkaler Mikrobiomtransfer

Vielversprechender dagegen ist die Studienlage zum fäkalen Mikrobiomtransfer. Die Stuhlübertragung via Nasensonde, endoskopisch oder als Kapsel zum Schlucken war in mehreren Studien bei einem Teil der Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen nachweislich erfolgreich. Eine Metaanalyse er­gab, dass damit bei rund einem Drittel der Colitis-ulcerosa-Patienten und etwa 60 % der an Morbus Crohn Erkrankten eine Remission erzielt werden konnte. Aufgrund des Risikos, mit dem Stuhl auch Pathogene zu übertragen, geht der Trend nun hin zu synthetischen Stuhlmischungen mit aufgereinigten klinisch aktiven Spendermikroben. Es wurde bereits demonstriert, dass es mit dem Stuhlersatz möglich ist, die antibiotikaresistente C.-difficile-Colitis zu heilen.adb/alk

* Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole

Quelle: Basson A et al. Gastroenterol Clin N Am 2017; 46: 689-729

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Das intes­tinale Mikrobiom gilt mittlerweile wissenschaftlich als metabolisch aktives „Organ". Das intes­tinale Mikrobiom gilt mittlerweile wissenschaftlich als metabolisch aktives „Organ". © iStock/jamesbenet