Studie stellt kein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch SGLT2-Hemmer fest

Manuela Arand

Bei näherer Betrachtung zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei anderen SGLT2-Hemmern. Bei näherer Betrachtung zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei anderen SGLT2-Hemmern. © iStock/Andrey Bukreev

Mit Ertugliflozin liegen nun für einen weiteren SGLT2-Inhibitor die Resultate einer Studie zur kardiovaskulären Sicherheit bei Diabetes Typ 2 vor. Die Daten decken sich größtenteils mit Erkenntnissen von anderen Vertretern der Substanzklasse.

So lautet zumindest das Fazit von Studienleiter Professor Dr. Christopher Cannon, Harvard Medical School Boston, der die Ergebnisse zu kardiovaskulären und renalen Endpunkten der Phase-3-Studie VERTIS-CV erstmals im Detail vorstellte.

8246 Menschen mit Typ-2-Diabetes und dokumentierter arteriosklerotischer Erkrankung in einem der drei wichtigen Gefäßbetten – kardio-, zerebro- oder peripher-vaskulär – nahmen daran teil und erhielten zusätzlich zu ihrer sonstigen antidia­betischen Medikation 5 respektive 15 mg/Tag Ertugliflozin oder Placebo. Die Beobachtungsdauer betrug bis zu 6,1 Jahre (im Mittel 3,5 Jahre). Beim primären Endpunkt handelte es sich um einen zusammengesetzten MACE-Endpunkt* bestehend aus Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Herztod.

Kohorte bestand aus typischen Patienten

Die Studienteilnehmer waren typisch für eine Kohorte mit Typ-2-Diabetes, berichtete Professor Dr. Sam ­Dagogo-Jack, University of Tennessee in Memphis. Das Durchschnittsalter betrug 64 Jahre, der Diabetes bestand im Schnitt seit 13 Jahren, der HbA1c lag bei 8,2 % und der BMI bei 32 kg/m2. Acht von zehn Teilnehmern hatten eine koronare Herzkrankheit, knapp die Hälfte bereits einen Myokardinfarkt hinter sich und jeder Vierte eine chronische Herzinsuffizienz. Zwei Drittel wurden bereits bei Studieneinschluss mit mindestens zwei Antidiabetika behandelt, knapp die Hälfte mit Insulin und 40 % mit Sulfonylharnstoffen.

Ziel der Nichtunterlegenheit des SGLT2-Hemmers wurde erreicht

Während der Studienlaufzeit lag der HbA1c unter Behandlung mit Ertugliflozin etwa 0,3–0,5 Prozentpunkte unter dem der Placebogruppe, berichtete der Experte. Unterschiede zugunsten des SGLT2-Inhibitors fanden sich auch bei Körpergewicht und Blutdruck. Beim primären Endpunkt verliefen die Ereigniskurven praktisch deckungsgleich, so Prof. Cannon. Das Ziel derartiger Studien, Nicht-Unterlegenheit der Prüfsubstanz bei der kardiovaskulären Sicherheit gegenüber Placebo zu zeigen, wurde also erreicht (p < 0,001). Auch zwischen den beiden Ertugliflozindosen bestand kein Unterschied, wie der Referent erläuterte. Das gilt ebenso für die Einzelkomponenten des Endpunkts – Herztod, Myokardinfarkt und Schlaganfall. Subgruppenanalysen zeigten ein konsistentes Bild ohne Ausreißer.

Die Prüfung auf Überlegenheit ergab gleich bei der ersten der hier­archisch angelegten Testungen (Herztod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz) keinen si­gnifikanten Effekt, sodass weitere Analysen obsolet wurden. Auffällig ist aber, dass sich die Kurven früh trennten, wie man dies von SGLT2-Hemmern kennt, merkte Prof. ­Cannon an. Am Ende erreichte der Unterschied zugunsten von Ertugliflozin 1 % (Hazard Ratio [HR] 0,88, p = 0,11). Getrieben wurde dies in erster Linie durch die Herzinsuffizienzhospitalisierung, hier betrug die Rate unter Ertugliflozin 2,5 % versus 3,6 % unter Placebo (HR 0,7). Beim präspezifizierten kombinierten renalen Endpunkt zeigte sich ein nicht signifikanter Unterschied zugunsten von Ertugliflozin. Der Endpunkt setzte sich zusammen aus Tod durch Nierenversagen, Dialysepflicht bzw. Transplantation und einer Verdopplung des Serumkreatinins. Die Differenz wurde jedoch relativ spät im Studienverlauf deutlich und war vor allem bedingt durch eine Stabilisierung der glomerulären Filtration – auch das kenne man von anderen SGLT2-Hemmerstudien, so der Experte.

Resultate der Studie passen ins Bild der Wirkstoffklasse

„Wir hatten gehofft, einen stärkeren kardiovaskulären Nutzen zeigen zu können, aber die Ergebnisse passen konsistent zu dem, was wir mit anderen SGLT2-Inhibitoren gesehen haben, vor allem hinsichtlich Herzinsuffizienz und Nierenfunktion“, ordnete Prof. Cannon die Daten ein. Das Sicherheitsprofil bot keine Überraschungen, Ertugliflozin unterschied sich außer bei den bekannten Harnwegsinfektionen und Genitalmykosen nicht von Placebo. Alles in allem können sich SGLT2-Inhibitoren inzwischen auf eine solide Datenbasis mit mehr als 46.000 Studienteilnehmern stützen, die ihren Stellenwert in der antidiabetischen Therapie insbesondere bei erhöhtem kardiovaskulärem und renalem Risiko untermauert, kommentierte Professor Dr. David Cherney, Universität Toronto. Zu klären bleibe, woher die Diskrepanzen zwischen den Studien etwa bei Herztod oder kombinierten kardiovaskulären Endpunkten stammen.

* Hinter der Abkürzung MACE verbirgt sich die englische Bezeichnung Major Adverse Cardiovasular Event, also schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse. Meist wird der Begriff im Rahmen von klinischen Studien verwendet, um unterschiedliche kardiovaskuläre Ereignisse in einem Endpunkt zusammenzufassen.

Quelle: 80th Scientific Sessions der ADA

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei näherer Betrachtung zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei anderen SGLT2-Hemmern. Bei näherer Betrachtung zeigte sich ein ähnliches Bild wie bei anderen SGLT2-Hemmern. © iStock/Andrey Bukreev