Suizidprävention aus dem Wasserhahn

Dr. Alexandra Bischoff

Einer Studie zufolge enthält das Trinkwasser in Österreich im Schnitt 11,3 μg/l Lithium. Die Konzentration wird nicht standardmäßig erfasst. Patienten mit bipolarer affektiver Störung gibt man täglich rund 75 mg des Leichtmetalls. Einer Studie zufolge enthält das Trinkwasser in Österreich im Schnitt 11,3 μg/l Lithium. Die Konzentration wird nicht standardmäßig erfasst. Patienten mit bipolarer affektiver Störung gibt man täglich rund 75 mg des Leichtmetalls. © fotolia/jozsitoeroe

Lithium wird in der Pharmakotherapie bei psychisch Erkrankten zur Suizidprävention zu selten eingesetzt, kritisieren Experten. Wer in einem Gebiet mit hoher Konzentration im Trinkwasser wohnt, ist aber offenbar von Haus aus geschützt. Ganz ohne Medikamente geht es allerdings nicht.

In Deutschland nehmen sich jährlich etwa 10 000 Menschen das Leben. Die Zahl der Suizidversuche wird sogar auf 100 000 pro Jahr geschätzt. Die Mehrzahl der Patienten leidet zum Zeitpunkt des Suizids an einer psychiatrischen Erkrankung. Meist handelt es sich dabei um affektive Störungen, aber auch Angsterkrankungen, Schizophrenie und Suchterkrankungen gehen mit einem deutlich erhöhten Suizidrisiko einher.

Zudem gibt es spezifische Risikokollektive wie die Altersgruppe der 15- bis 20-Jährigen sowie Migranten und Homosexuelle, bei denen die Suizidrate besonders hoch ist. Bei den jungen Patienten stellt der Suizid sogar die zweithäufigste Todesursache dar, schreiben Dr. Ute Lewitzka von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Dresden und ihre Kollegen.

Die Therapie und Prophylaxe des suizidalen Verhaltens richtet sich in erster Linie nach der psych­iatrischen Grunderkrankung. Ihre drei Säulen bilden psycho-, soziotherapeutische und pharmakologischen Behandlungsoptionen. Suizidprotektive Effekte bestimmter Medikamente spielen dabei eine zentrale Rolle.

Antidepressiva: Die Wirksamkeit der Antidepressiva ist in einer Vielzahl randomisierter, kontrollierter Studien belegt. Sie eignen sich zur Behandlung mittelgradiger Depressionen und schwerer depressiver Episoden. Allerdings wird der Einfluss dieser Wirkstoffe auf die Suizidalität kontrovers diskutiert. Ein suizidprotektiver Effekt lässt sich anhand der aktuellen Datenlage nicht nachweisen, so die Autoren.

Junge Patienten besonders im Auge behalten

Allerdings zeigen Antidepressiva möglicherweise einen günstigen Einfluss auf Suizidgedanken und Lebensüberdruss. Bei jungen Patienten kann die Einnahme von Antidepressiva zum erstmaligen Auftreten oder womöglich auch zur Verstärkung von Suizidgedanken führen. Diese Altersgruppe bedarf deshalb einer sorgfältigen klinischen Beobachtung.

Lithium: Lithium gilt als Goldstandard in der Therapie von Patienten mit uni- oder bipolaren affektiven Störungen. Unabhängig vom Ausmaß seiner stimmungsstabilisierenden Wirkung hat Lithium auch einen suizidprotektiven Effekt. Mehrfach konnte in Studien belegt werden, dass sowohl die Suizidrate als auch die Zahl der Suizidversuche signifikant abnimmt. Zudem fanden sich in Gebieten mit erhöhter Konzentration im Trinkwasser deutliche niedrigere Suizidraten in der Bevölkerung. Trotz dieser Evidenz wird Lithium in der Behandlung und Suizidprävention zu selten eingesetzt, so die Autoren. Auch das Absetzen gilt als kritisch, denn im ersten Jahr danach steigt die Suizidrate auf das 20-Fache. Die Experten raten deshalb bei Hochrisikopatienten zu einer Weiterbehandlung, mit dem Ziel, Suiziden vorzubeugen.

Clozapin: Clozapin hat in zwei Studien als einziges atypisches Neuroleptikum eine suizidpräventive Wirkung gezeigt. Zudem verbesserte es depressive Symptome und Hoffnungslosigkeit, die als suizidale Risikofaktoren gelten. Deshalb könnten nach Meinung der Autoren nicht nur Patienten mit neuroleptikaresistenter Schizophrenie von Clozapin profitieren, sondern auch diejenigen mit einem erhöhten Suizidrisiko. Jeder zweite bis vierte Patient mit Schizophrenie unternimmt im Laufe seines Lebens einen Suizidversuch.

Quelle: Lewitzka U et al. Nervenheilkunde 2017; 36: 239-243

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Einer Studie zufolge enthält das Trinkwasser in Österreich im Schnitt 11,3 μg/l Lithium. Die Konzentration wird nicht standardmäßig erfasst. Patienten mit bipolarer affektiver Störung gibt man täglich rund 75 mg des Leichtmetalls. Einer Studie zufolge enthält das Trinkwasser in Österreich im Schnitt 11,3 μg/l Lithium. Die Konzentration wird nicht standardmäßig erfasst. Patienten mit bipolarer affektiver Störung gibt man täglich rund 75 mg des Leichtmetalls. © fotolia/jozsitoeroe