Thrombozytose: Wenn es vor Blutplättchen nur so wimmelt

Aufgrund der modernen Laboranalysemethoden fallen Veränderungen der Thrombozytenzahlen heute häufiger auf als früher. Für eine Thrombozytose kann eine gesteigerte Bildung der Blutplättchen im Knochenmark oder eine periphere Umverteilung der in der Milz gespeicherten Thrombozyten ursächlich sein, schreiben Dr. Kai Wille und seine Kollegen vom Universitätsklinikum für Hämatologie, Onkologie, Gerinnungsstörungen und Palliativmedizin in Minden.
Eine primäre Störung, die sogenannte Thrombozythämie, liegt vor, wenn es im Rahmen myeloproliferativer Neoplasien (z.B. Polycythämia vera, essenzielle Thrombozythämie, primäre Myelofibrose, chronische myeloische Leukämie) zu einer klonalen Vermehrung der Blutplättchen kommt. Viele Betroffene sind beschwerdefrei. Symptomatische Patienten leiden unter schmerzhaften Mikrozirkulationsstörungen der Finger und Zehen oder des Gehirns (Migräne, Sehstörungen). Venöse und arterielle Thromboembolien sind möglich. Andererseits kann bei sehr hohen Thrombozytenzahlen (> 1 000 000/µl) eine verstärkte Blutungsneigung bestehen.
Oft reaktives Ansteigen nach OP oder Chemotherapie
Sekundäre Thrombozytosen sind wesentlich häufiger als die primären Formen, führen die Hämatologen weiter aus. Sie verlaufen in der Mehrzahl der Fälle ebenfalls asymptomatisch. Ursächlich liegt ihnen meist eine Steigerung der Thrombopoetin-Synthese, beispielsweise im Rahmen einer Tumorerkrankung oder einer chronischen Entzündung, zugrunde. Auch nach Blutverlusten oder in der Regenerationsphase nach einer Knochenmarksuppression kann die Zahl der Blutplättchen reaktiv ansteigen. Eine Sonderform besteht bei Asplenie: Hier zirkulieren zusätzlich die normalerweise im Milzpool gespeicherten Thrombozyten im Blut.
Die diagnostische Abklärung einer unklaren Thrombozytose beginnt mit der Anamnese und klinischen Untersuchung (Mikrozirkulationsstörungen, Thrombosen, Blutungen, Hepato-, Splenomegalie). Außer einem Differenzialblutbild sollten das CRP, die LDH sowie das Ferritin bestimmt werden und eine Oberbauchsonographie erfolgen. Myeloproliferative Ursachen werden molekulargenetisch sowie mittels Knochenmarkpunktion und histologischer Untersuchung diagnostiziert. Besteht der Verdacht auf eine Thrombozythämie oder liegt die Blutplättchenzahl über drei Monate zu hoch, sollte sich der Patient beim Hämatologen vorstellen.
Eine Thrombozytose ist meist ein Zufallsbefund, fassen die Autoren zusammen. In erster Linie sollte an reaktive Ursachen gedacht werden. Bestehen keine zusätzlichen thrombophilen Risiken, z.B. eine maligne Erkrankung, ist die Gefahr thromboembolischer Komplikationen gering. Eine Antikoagulation oder Plättchenhemmung ist in diesem Fall nicht indiziert. Bei einer Thrombozythämie muss angesichts des kombinierten Risikos für thromboembolische und hämorrhagische Komplikationen die Blutverdünnung in Zusammenarbeit mit einem Hämatologen individuell gestaltet werden.
Quelle: Wille K et al. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 1732-1743
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