Tolosa-Hunt-Syndrom: Entzündete Arterie legt okuläre Motorik lahm

Dr. Daniela Erhard

Zu Beginn fiel eine 1–2 mm dicke Gewebsmanschette um die rechte A. carotis interna auf (1) sowie eine Entzündung im Sinus caverosus (2). Nach zwei Monaten hatte sich die Verdickung verschlimmert (3). Zudem lag eine Sinus-Cavernosus-Thrombose vor (4). Zu Beginn fiel eine 1–2 mm dicke Gewebsmanschette um die rechte A. carotis interna auf (1) sowie eine Entzündung im Sinus caverosus (2). Nach zwei Monaten hatte sich die Verdickung verschlimmert (3). Zudem lag eine Sinus-Cavernosus-Thrombose vor (4). © Zhou L et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 34-35 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg

Eine 50-Jährige mit Morbus Ormond leidet unter orbital-assoziierten Schmerzen, die episodisch das obere Ende der Schmerzskala erreichen. Kollegen stellen die Diagnose Tolosa-Hunt-Syndrom.

Wenn die Augenhöhle schmerzt und der Patient die Augen nicht mehr bewegen kann, liegt der Verdacht auf ein Tolosa-Hunt-Syndrom nahe. Soweit man weiß, entwickelt es sich infolge einer Granulomatose des Sinus cavernosus oder der Fissura orbitalis superior – wobei unbekannt ist, warum es zu der Entzündung kommt. Dr. Linfei Zhou von der Asklepios Klinik Nord in Heidelberg und ihre Kollegen fügen nun eine weitere mögliche Ursache hinzu: Eine Gefäßvaskulitis, bedingt durch eine Retroperitonealfibrose.

Diese Schilderung basiert auf dem Fall einer 50-jährigen Patientin. Diese war wegen seit Monaten bestehender und langsam zunehmender Dauerschmerzen mit Exazerbationen bis 10 von 10 Punkten auf der Schmerzskala im rechten Stirn- und Schläfenbereich, am rechten kraniozervikalen Übergang und hinter dem rechten Auge zu den Ärzten gekommen. Bei stark erhöhten Entzündungswerten (CRP 115 mg/l, Leukozytose) ohne Anzeichen für eine Meningitis oder Riesenzellarteriitis, aber bekannter Retroperitonealfibrose mit chronischer Periaortitis, Z.n. multipler Skleritis und Polychondritis, Z.n. Pankreatitis, Fibromyalgie und Bluthochdruck diagnostizierten diese anfangs eine schmerzhafte Trigeminusneuropathie. 

Die Erregerdiagnostik blieb negativ

Die Grundlage dafür lieferte das Schädel-MRT, das im Bereich des Sinus cavernosus eine Verdickung und Entzündung der Gefäßwand der rechten A. carotis interna offenbarte, die bereits den Sinus cavernosus und vermutlich auch Teile des Trigeminusnervs betraf.

Während sich die Schmerzen unter Carbamazepin und Amitriptylin deutlich besserten, intensivierten die Ärzte gegen die Entzündung zunächst die Prednisolontherapie, welche die Patientin aufgrund des M. Ormond ohnehin schon erhielt. Dauerhaft ließ sich die Dosis allerdings nicht unter 20 mg/Tag reduzieren. Trotzdem waren zwei Monate später nicht nur die Kopfschmerzen wieder da. Auch die Augäpfel traten jetzt hervor, die Patientin sah Doppelbilder und die Hirnnerven III, IV und VI waren gelähmt. Eine Erregerdiagnostik blieb negativ und MRT-Aufnahmen zeigten nunmehr eine partielle Thrombose des Sinus cavernosus, die Wand der A. carotis hatte sich weiter verdickt. 

Diese Befunde sprachen für ein Tolosa-Hunt-Syndrom, wobei dies erst sekundär entstand, wie die Autoren erklären. Während initial der Trigeminusnerv beteiligt war, kam es im Verlauf zu einer kompletten Ophthalmoplegie, vermutlich bedingt durch die Gefäßentzündung aufgrund der Retroperitoneal­fibrose und die davon ausgehende Sinusthrombose. Die Patienten erhielt hoch dosiertes Prednisolon und vorübergehend ein Antikoagulans, worunter sich die Beschwerden rasch besserten. Die Steroidtherapie wurde aufgrund der Intoleranz gegenüber Alternativen (Tocilizumab, Methotrexat) beibehalten. Außerdem wurde nach Absetzen der Antikoagulation ASS zur Primärprophylaxe verordnet. Wie die Erkrankungen genau zusammenhängen, konnte nicht geklärt werden. Die Forscher vermuten IgG4-Autoantikörper als die entscheidende Verbindung. 

Steroide senken die Konzentration der Antikörper

Diese können unter anderem zu orbitalen Symptomen führen und scheinen auch bei der Retroperitonealfibrose eine Rolle zu spielen. Ob Dr. Zhou und ihre Kollegen damit richtig liegen, bleibt aber noch zu beweisen, denn IgG4 fanden sie bei der Frau nicht. Vermutlich aber aus einem einfachen Grund: Steroide senken die Konzentration der Antikörper. Und davon erhielt die 50-jährige Patientin reichlich.

Quelle: Zhou L et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 34-35

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Zu Beginn fiel eine 1–2 mm dicke Gewebsmanschette um die rechte A. carotis interna auf (1) sowie eine Entzündung im Sinus caverosus (2). Nach zwei Monaten hatte sich die Verdickung verschlimmert (3). Zudem lag eine Sinus-Cavernosus-Thrombose vor (4). Zu Beginn fiel eine 1–2 mm dicke Gewebsmanschette um die rechte A. carotis interna auf (1) sowie eine Entzündung im Sinus caverosus (2). Nach zwei Monaten hatte sich die Verdickung verschlimmert (3). Zudem lag eine Sinus-Cavernosus-Thrombose vor (4). © Zhou L et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 34-35 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg