Toxoplasmose: Immunschwache und Schwangere vor Folgen bewahren

Dr. Dorothea Ranft

Die Infektion mit Toxoplasma gondii erfolgt vor allem über rohe oder ungenügend erhitzte, kontaminierte Fleischprodukte. Die Infektion mit Toxoplasma gondii erfolgt vor allem über rohe oder ungenügend erhitzte, kontaminierte Fleischprodukte. © iStock.com/Dr_Microbe

Augenschäden, Hydrozephalus, Multiorganbefall – die Toxoplasmose hat ihren Schrecken nicht verloren. Gefährdet sind vor allem Kinder im Mutterleib und Immunsupprimierte.

Menschen in Europa infizieren sich mit Toxoplasma gondii vor allem, indem sie rohe oder ungenügend erhitzte, kontaminierte Fleischprodukte (Schwein, Schaf, Ziege, Wild, Geflügel) essen. Gekühlt (4 °C) halten sich darin enthaltene Toxoplasma-Zysten etwa genauso lange wie das Produkt selbst. Abtöten kann man den Erreger durch Einfrieren (-21 °C) oder 20-minütiges Erhitzen bei einer Kerntemperatur ≥ 50 °C.

Auch über die orale Aufnahme von Oozysten kann der Erreger in den Körper gelangen, z.B. durch direkten Kontakt mit Katzenkot oder Schmierinfektion bei der Gartenarbeit (kontaminierte Erde). Oozysten können im Boden 18 Monate überleben, bei 4 °C sogar mehrere Jahre.

Ist der Patient immunkompetent, verläuft die akute Toxoplasmose zu 80–90 % asymptomatisch, daher bedarf es in der Regel nur einer Überwachung, aber keiner Therapie. Gelegentlich kommt es zu einem selbstlimitierenden, grippeähnlichen Krankheitsbild (Fieber, zervikale Lymphadenitis). Für Immunsupprimierte kann die Infektion dagegen lebensbedrohlich (mit Organbeteiligung) sein: AIDS-Kranke z.B. entwickeln häufig eine Enzephalitis und Transplantierte einen Multiorganbefall.

Präventive Maßnahmen

  • keine rohen, unzureichend erhitzten/gefrosteten Fleischprodukte (z.B. Mett, kurzgereifte Rohwürste) für Schwangere und Immunsupprimierte ohne Antikörper
  • Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich waschen
  • Hände waschen: vor dem Essen, nach Zubereiten von rohem Fleisch und nach Feld- oder Gartenarbeit oder dem Aufenthalt auf Sandspielplätzen
  • für Hauskatzen nur Dosen- oder Trockenfutter, Katzenklos täglich mit heißem Wasser reinigen (nur Nichtschwangere)

Test im 1. Trimenon

Kommt es zur Erst­infektion in der Schwangerschaft, droht eine pränatale Infektion. Das Risiko für den Nachwuchs hängt unter anderem vom Zeitpunkt ab. Infiziert sich die Mutter im 1. Trimenon, kann es ohne Behandlung zu schweren embryonalen Schäden bis hin zur Fehlgeburt kommen. Im 2. und 3. Trimenon dominiert zahlenmäßig die Retinochoroiditis, die sich z.T. erst Jahre später manifestiert. Auch intrakranielle Verkalkungen und Hydrozephalus sind möglich. Diagnostische Methode der Wahl ist der Antikörpernachweis im Serum, der in der Schwangerschaft im 1. Trimenon erfolgen sollte bzw. idealerweise vor der geplanten Schwangerschaft. Empfohlen wird ein Stufensystem. An erster Stelle steht der Toxoplasma-Antikörper-Suchtest. Ein negatives Ergebnis für IgG und IgM schließt eine Infektion aus. Seronegative Schwangere sollten allerdings regelmäßig gecheckt werden. Bei positivem IgG werden in Stufe zwei die Toxoplasma-IgM-Antikörper getestet: Ein negatives IgM deutet auf eine latente Infektion hin, die z.B. für Schwangere nicht relevant ist. Bei positivem IgM sind spezielle Abklärungsverfahren nötig. Eine niedrige IgG-Avidität (Bindungskraft) bedeutet möglicherweise eine frische Infektion. Da Antikörpertests bei Immunsupprimierten falsch negativ ausfallen können, ist direkt ein Erreger-DNA-Nachweis anzustreben, vorzugsweise über PCR. Gleiches gilt für den pränatalen Toxoplasmosetest. Hier liefert die PCR (Fruchtwasser, Nabelschnur­blut) eine 80%ige Sicherheit. Einen Infektionsverdacht bei Neugeborenen sollte man über Immun­oblot oder PCR prüfen.

Während der Therapie Folin- statt Folsäure supplementieren

Die aktive Infektion bei Immunsupprimierten, okuläre Toxoplasmose sowie prä- und postnatale Fälle stellen eine Therapieindikation dar. Angesetzt wird am Folsäure- und Proteinsynthese-Stoffwechsel der Tachyzoiten-Stadien (siehe). Ob eine maternofetale Behandlung bei erstinfizierten Schwangeren effektiv ist, wird nach wie vor diskutiert. Generell ist bei werdenden Müttern darauf zu achten, dass während einer Therapie die Folsäure-Supplementation durch Folinsäure ersetzt wird.

Über Jahre im Herzen

Endwirt der Toxoplasmen sind Katzen. In ihrem Darm kann sich der Parasit sexuell vermehren. Die Oozysten werden mit dem Kot ausgeschieden. Jede Oozyste enthält nach Reifungsphase acht infektiöse Sporozoiden, aus denen sich im Zwischenwirt replikative Tachyzoiten entwickeln. Nach asexueller Vermehrung (Infektionsausbruch) gehen sie in eine Ruheform über (Bradyzoiten, latente Infektion), die in Gehirn, Retina, Skelett- und Herzmuskulatur viele Jahre lebensfähig bleibt.

Bis zur 16. Woche empfiehlt das RKI Spiramycin (3 g = 9 MIU/Tag). Danach kann Pyrimethamin (50 mg an Tag 1, danach 25 mg) mit Sulfa­diazin (50 mg /kgKG/Tag, max. 3 g/Tag bei < 80 kg und 4 g/Tag bei ≥ 80 kg) kombiniert verordnet werden – bei gleichzeitiger Gabe von 10–15 mg Folinsäure/Tag. Gibt es Hinweise auf eine fetale Infektion, kann diese sogeannte PSF-Therapie auch bis zur Geburt weitergeführt werden – natürlich unter engmaschiger Kontrolle. Für Neugeborene wird die Dosierung reduziert (Pyrimethamin: 1 mg/kgKG, Sulfadiazin: 50–100 mg/kgKG; 2–3 mg Folinsäure/Woche). Je nach Schwere der Erkrankung kann bis zu zwölf Monate behandelt werden. In asymptomatischen Fällen ist eine Kurzzeittherapie (3–6 Monate) denkbar.

Bei Hirnbefall Dreifachkombi mit Atovaquon möglich

Retinochoroiditis-Patienten können neben der Kombinationstherapie alternativ Clindamycin (1,2–2,4 g/Tag) erhalten – es passiert aber schlechter die Blut-Hirn-Schranke. Hat ein Immunsupprimierter eine zerebrale Toxoplasmose, ist es möglich, die Kombinationstherapie (Pyrimeth­amin/Sulfadiazin) mit Atovaquon zu erweitern.

Quelle: RKI, Epidemiologisches Bulletin 2018; 42: 452-456

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Die Infektion mit Toxoplasma gondii erfolgt vor allem über rohe oder ungenügend erhitzte, kontaminierte Fleischprodukte. Die Infektion mit Toxoplasma gondii erfolgt vor allem über rohe oder ungenügend erhitzte, kontaminierte Fleischprodukte. © iStock.com/Dr_Microbe