Trispezifische Antikörper und neue Targets

ASCO 2024 Dr. Miriam Sonnet

Neue bispezifische Antikörper stehen aktuell beim Non-Hodgkin-Lymphom auf dem Prüfstand. Neue bispezifische Antikörper stehen aktuell beim Non-Hodgkin-Lymphom auf dem Prüfstand. © Naeblys – stock.adobe.com

Gegen neue Antigene gerichtete bispezifische Antikörper stehen zurzeit unter anderem beim Non-Hodgkin-Lymphom auf dem Prüfstand. Forschende untersuchen zudem Trispecifics sowie Konstrukte, die keine T-Zellen, sondern andere Immunzellen einbeziehen.

Die Forschung zu therapeutischen Immunglobulinen gegen Non-Hodgkin-Lymphome und andere hämatologische Malignome steht nicht still. In zahlreichen Studien untersuchen Wissenschaftler:innen Substanzen, die auf neue Antigene abzielen, sowie trispezifische Antikörper und weitere, innovative Konstrukte. Dr. Paolo Strati, MD Anderson Cancer Center, Houston, präsentierte jeweils eine aktuelle Studie aus jeder dieser Kategorien.

Fokus auf neue Antigene

Der bispezifische Antikörper AZD0486 zielt auf CD19/CD3 ab. Dank einer geringen Affinität für CD3 soll er weniger Zytokinfreisetzungssyndrome verursachen, bei gleichzeitig gesteigerter Wirksamkeit durch eine hohe CD19-Affinität.

In einer Phase-1-Studie wurden Wirksamkeit und Sicherheit der Substanz bei Patient:innen mit rezidivierten/refraktären B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen geprüft. Die 65 Teilnehmenden wiesen einen CD19+ Tumor auf und hatten zuvor mindestens zwei Therapielinien erhalten. Vorangegangene, gegen CD19 gerichtete Behandlungen waren erlaubt. Die Forschenden testeten verschiedene Dosierungen von 0,03 mg bis 2,4 mg sowie im ersten Zyklus verschiedene Dosierschemata (fix, einzelner oder doppelter Step-up).

Der Referent stellte Auswertungen vor, die sich auf die Gruppe der follikulären Lymphome (FL) und DLBCL bezogen (n = 45). Mit der fixen Dosierung in Zyklus 1 entwickelten alle Patient:innen ein CRS (Grad 2: 20 %). Bei einzelner Step-up-Dosierung reduzierte sich die Rate auf 53 % (Grad 1: 37 %; Grad 2: 16 %). Die doppelte Step-up-Dosierung schien mit 29 % CRS (alle Grad 1) das günstigste Sicherheitsprofil aufzuweisen – welches besser scheint als dasjenige von CD3/CD20 bispezifischen Antikörpern. 

Auch ICANS traten auf, laut dem Experten eher ungewöhnlich bei dieser Art von Substanzen. Das Dosierungsschema in Zyklus 1 schien diese Nebenwirkung nur wenig zu beeinflussen (fix: 20 %; einzelner Step-up: 32 %; doppelter Step-up: 10 %). „Der biologische Mechanismus von mit CD3/CD19-bispezifischen Antikörpern assoziierten ICANS muss weiter untersucht werden“, meinte er.

Wurde der Antikörper mit 2,4 mg eingesetzt (plus einzelner Step-up-Dosierung in Zyklus 1), sprachen 81,2 % der 16 Patient:innen mit FL/DLBCL darauf an, davon 68,7 % komplett. Von den acht Personen mit FL erzielten sieben eine CR, unter den vier Erkrankten mit DLBCL war es die Hälfte (ORR: 75 %). 

Bevor man aber konkrete Schlussfolgerungen ziehen könne, bräuchte es eine größere Patient:innenzahl und ein längeres Follow-up – die derzeitige Nachbeobachtungszeit betrug median sechs Monate.

Weitere Antigene, zu denen Studien laufen, sind CD38/CD3 und FcRH5/CD3. Hier prüfen Forschende jeweils bispezifische Antikörper bei Erkrankten mit rezidiviertem/refraktärem Multiplem Myelom.

Fazit

Dr. Strati resümierte:

  • Alternative Antigene oder Immunzellen zu adressieren oder das Konstrukt zu ändern, kann Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie von Lymphomen und Myelomen verbessern
  • Gegen CD3/CD19 sowie gegen CD3/FcRH5 gerichtete bispezifische Antikörper befinden sich in einem späteren Stadium der klinischen Entwicklung
  • Frühe Daten zu Trispecifics werden mit Spannung erwartet – gleiches gilt für Bispecifics, die auf Makrophagen abzielen

Fokus auf Trispecifics

Der trispezifische Antikörper HPN217 ist ebenfalls Gegenstand einer Phase-1-Studie. Er richtet sich gegen Albumin, BCMA und CD3. Die Bindung an Albumin erhöhe die Halbwertszeit, erläuterte Dr. Strati. 

97 Erkrankte mit rezidiviertem/refraktärem Multiplem Myelom und mindestens drei vorangegangenen Therapielinien erhielten in der Eskalationsphase zunächst verschiedene Dosierungen wöchentlich. Darauf folgte in der Expansionsphase die Gabe mit Zieldosierungen von 24 mg (n = 33) oder 12 mg (n = 19). Die Patient:innen waren mit median sechs vorangegangenen systemischen Therapien stark vorbehandelt, 38 % pentarefraktär.

32 % erlitten ein CRS (≥ Grad 3: 2 %). Die häufigste Toxizität ≥ Grad 3 war mit 16 % eine Erhöhung der Transaminasen. Die Therapiedauer wurde dadurch nicht beeinträchtigt, so Dr. Strati, ebensowenig gab es „bedeutsame“ Dosisreduktionen oder -verzögerungen.

In den Gruppen mit 12 mg und 24 mg Zieldosierung sprachen 63 % und 45 % der Erkrankten an; 53 % bzw. 33 % erzielten mindestens eine VGPR. 58 % der Teilnehmenden, die ansprachen, erhalten noch immer die Therapie.

Beim Multiplen Myelom werden weitere Trispecifics untersucht, die sich gegen CD38, BCMA und CD3 sowie gegen GPRC5D, BCMA und CD3 richten. Für CD20+ und/oder CD19+ B-Zell-Erkrankungen steht eine Substanz gegen CD20, CD19 und CD3 auf dem Prüfstand. Forschende evaluieren zudem trispezifische Antikörper gegen CD79, CD20 und CD3 für die Therapie von Personen mit rezidiviertem/refraktärem B-Zell-NHL oder CLL.

Fokus auf andere Immunzellen

Geforscht wird darüber hinaus an Konstrukten, die nicht T-Zellen, sondern andere Immunzellen einbeziehen. Ein Beispiel ist AFM13, ein anti-CD16/CD30-bispezifischer Antikörper, der NK-Zellen und Tumor in unmittelbare Nähe zueinander bringt. Erstere setzen nach der Bindung Perforine und Granzyme frei, was zur Tumorlyse führt.

Die Substanz wird zusammen mit NK-Zellen aus Nabelschnurblut verabreicht, die im Labor verändert wurden. An einer Phase-1-Studie nahmen 42 Patient:innen mit rezidivierten/refraktären CD30+ Lymphomen teil. Median hatten sie sieben vorangegangene Therapielinien erhalten.

Die Kombination sei relativ sicher, CRS, ICANS oder GvHD traten nicht auf, erläuterte Dr. Strati. Bis auf drei Patient:innen reduzierte sich die Tumorgröße bei allen Erkrankten. Mit längerem Follow-up erlitt aber der Großteil ein Rezidiv oder einen Krankheitsprogress. Man müsse nun evaluieren, ob man mehrere Zyklen der Therapien geben kann, um eine MRD-Eradikation zu erreichen, oder das Ansprechen mit einer allogenen Stammzelltransplantation konsolidieren könne, betonte der Referent.

Quelle:
Strati P. 2024 ASCO Annual Meeting; Vortrag: „New Agents on the Horizon: Targets Other Than CD3/CD20, New Constructs and Trispecifics“

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