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Tritt ADHS unter Leistungssportlern häufiger auf?

Mangelhafter Fokus, motorische Defizite, niedrige Frustrationstoleranz, geringes Selbstbewusstsein: Die Liste der möglichen Merkmale von Personen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist lang. Da scheint eine Karriere im Profisport nicht gerade vorprogrammiert. Trotzdem liegt der Anteil an Erkrankten in den Leistungskadern vermutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung. Bei jugendlichen Athleten soll er 4–8 % betragen.
Abwegig wäre eine Häufung der ADHS in den Arenen nicht, wie Dr. Xaver Berg und Dr. Malte Christian Claussen von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich erklären. Zum einen treiben Betroffene schon aufgrund ihres übermäßigen Bewegungsdrangs womöglich häufiger Sport, was auch die Symptomatik mindert. Zum anderen kann das, was in der Schule oft zu Frust führt, im Sport sogar von Vorteil sein und für Anerkennung sorgen.
Vor allem die hohe Impulsivität ermöglicht es den Hyperaktiven vielfach, schnelle, unvorhergesehene Aktionen zu starten und damit beispielsweise als Spielmacher zum Erfolg eines Teams beizutragen. Fähigkeiten, die unter Therapie wohl verloren gehen, schreiben die Autoren. Insofern stellt sich die Frage, ob und wie man die Erkrankung bei Sportlern behandeln kann, ohne dass dadurch Leistungseinbußen und andere Nachteile entstehen.
Medikamente stehen auf der Liste der Anti-Doping-Agentur
Je nach Ausprägung der ADHS kombiniert man generell verschiedene Behandlungsoptionen. Bei gravierenden Einschränkungen sind aber Medikamente unverzichtbar. Zu den Erstlinienpräparaten gehören Methylphenidat und die strukturell ähnlichen Amphetamine. Sie wirken schnell und werden meist gut vertragen. Allerdings haben diese Stimulanzien, wie die Zürcher Psychiater bemerken, für Athleten einen entscheidenden Nachteil: Sie stehen auf der Liste der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und verbieten sich daher in Wettkämpfen – sofern die Sportler keine Ausnahme beantragen. Und davon scheinen nicht wenige Gebrauch zu machen.
In der amerikanischen Baseball-Liga beispielsweise habe im Jahr 2013 etwa jeder siebte Spieler eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten, zitieren die Autoren aus einem entsprechenden Bericht. Das würde auf eine fünfmal höhere Prävalenz in dieser Disziplin als in der Allgemeinbevölkerung hinweisen. Ob das stimmt oder ob es sich hier um „Doping auf Rezept“ handelt, bleibt Spekulation. Kritisch für Athleten ist aber nicht nur das Dopingthema, sondern eine potenziell tödliche Nebenwirkung (siehe Kasten).
Vorsicht, Hitzschlag!
Bupropion unter Beobachtung, aber nicht verboten
Das Gleiche gilt für Guanfacin, das in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bei ADHS zum Einsatz kommt. Für Erwachsene sei es in Deutschland nur off label verwendbar, merken die beiden Autoren an. Auch in Bupropion sehen selbst Experten, die Stimulanzien kritisch gegenüberstehen, oft eine Alternative. Und das, obwohl diese Substanz die gleichen leistungssteigernden Eigenschaften sowie Risiken hat und daher zumindest unter besonderer Beobachtung der Anti-Doping-Agentur steht. Verboten ist sie aber nicht. Um Sportler mit ADHS optimal beraten und unterstützen zu können, bedarf es also noch einiger Forschungsarbeit.Quelle: Berg X, Claussen MC. DNP 2020; 21: 37-42; DOI: 10.1007/s15202-020-2878-0
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