
Übelkeit und Erbrechen bei älteren Patienten – was sind die Ursachen?

Die physiologische Alterung des Gastrointestinaltrakts beeinflusst die Verdauung ganz gehörig. Für sich allein kann sie aber weder Übelkeit noch Erbrechen hervorrufen. Sie steigert „nur“ die Empfindlichkeit für pathogene Einflüsse und potenzielle Nebenwirkungen von Arzneimitteln, betont Dr. Rolf Schaefer, Internist in Bergisch Gladbach.
Jede vierte Medikation beim Senior bedingt geeignet
Rund die Hälfte der über 65-Jährigen leidet an mindestens drei relevanten chronischen Erkrankungen. Das Spektrum reicht von arterieller Hypertonie, Diabetes und Herzinsuffizienz bis zu COPD, Osteoporose und Polyarthrose. Für eine leitliniengerechte Therapie müssten viele von ihnen jeden Tag zwölf verschiedene Wirkstoffe einnehmen, von denen man zirka 66 Medikamenteninteraktionen erwarten kann. Das Risiko für unerwünschte Arzneimitteleffekte liegt bei 25 %.
Am häufigsten verordnet werden im Rentenalter Statine, Opioide, PPI, Antidepressiva und Antidementiva. Sämtliche Vertreter dieser Substanzgruppen können Übelkeit, Erbrechen oder andere gastrointestinale Beschwerden auslösen. Von den emetischen Begleiteffekten einer Krebstherapie ganz zu schweigen. Außerdem wird etwa ein Viertel der Senioren mit Arzneimitteln behandelt, die sich für diese Altersgruppe nur bedingt eignen. Ein knappes Drittel nutzt zusätzlich freiverkäufliche Medikamente. Beides erhöht die Zahl der Nebenwirkungen und Interaktionen zusätzlich.
Zu den bedeutsamsten Erkrankungen, die mit Übelkeit in Verbindung stehen, zählt der Typ-2-Diabetes. Am häufigsten betroffen sind mit einem Anteil von etwa einem Drittel Männer und Frauen zwischen 80 und 85 Jahren. Bei etwa der Hälfte von ihnen lassen sich infolge der autonomen Neuropathie Störungen von Ösophagusmotilität und Magenentleerung nachweisen. Jeder vierte Diabetiker klagt über gastrointestinale Beschwerden wie Nausea, Emesis, Obstipation und Diarrhö.
Nierenschwäche kann auf den Magen schlagen
An einem Morbus Parkinson leiden etwa 1 % der über 60-Jährigen. Mehr als zwei Drittel der Betroffenen weisen eine gestörte Magenmotilität auf, deren Schweregrad mit den motorischen Einschränkungen korreliert. Auch die Medikation kann auf den Magen schlagen: Mehr als 10 % der Parkinsonpatienten entwickeln unter Levodopa/Benserazid Übelkeit mit und ohne Erbrechen.
Ein weiterer häufiger Grund für gastrointestinale Beschwerden ist die chronische Niereninsuffizienz. Die Prävalenz steigt ab dem Alter von 50 Jahren exponentiell an. Zwischen 70 und 79 Jahren ist ein Fünftel der Menschen betroffen, im folgenden Lebensjahrzehnt sogar fast die Hälfte. Zu den Kardinalsymptomen des fortgeschrittenen renalen Funktionsverlusts zählen Nausea und Vomitus.
Wenn der Gastrointestinaltrakt altert | |
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Ösophagus | verringerte Peristaltik, vermehrte nicht propulsive Kontraktionen, reduzierter Druck im unteren Sphinkter |
Magen | verzögerte Entleerung für feste Nahrungsmittel und große Speisen, (Zunahme um ca. 6 min pro Jahrzehnt), Reduktion der Schrittmacher(Cajal)-Zellen um ca. 13 % pro Dekade ohne Veränderung der Magenpassage |
Dünndarm | leicht erhöhte Entzündungswerte im Alter mit geringem Einfluss auf die Permeabilität, keine Veränderung der Motilität |
Dickdarm | Zellverlust in Plexus myentericus und P. submucosus, Abnahme der Schrittmacherzellen, Verlängerung der Transitzeit um 29 min |
Metoclopramid nur in bestimmten Fällen indiziert
Von den Prokinetika sollte Metoclopramid aufgrund der extrapyramidalen Nebenwirkungen nur im Rahmen einer Chemo- oder Strahlentherapie bzw. bei Migräne verordnet werden. Im Rahmen einer erweiterten Therapie erwägen kann man außerdem Gabapentine, Olanzapine oder Trizyklika. Letztere fallen allerdings in die Kategorie potenziell inadäquat für Ältere, schreibt der Geriater.Quelle: Schaefer R. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 446-450; DOI: 10.1055/a-1202-9366
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