Virtuelle Darmspiegelung mit Perspektive?
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Die virtuelle Koloskopie ist schnell erklärt: CT oder MRT nehmen Schnittbilder auf, die anhand von Software-Algorithmen in ein dreidimensionales Darmmodell umgewandelt werden. Dieses alternative Darmkrebs-Screening rechtfertigt sich vor allem durch die mangelnde Aktezeptanz des invasiven Verfahrens in der Bevölkerung, erklärte Professor Dr. Thomas Lauenstein, Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin, Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf.
Kleine Adenome werden eher übersehen
Mitte der 1990er-Jahre entstand ein regelrechter Hype um die virtuelle Spiegelung, der inzwischen etwas abgeflacht ist. Aber wo liegen eigentlich die Stärken der Methode – und wo die Schwächen?
Gegen die virtuelle Koloskopie spricht die diagnostische Ungenauigkeit. Diese hängt vor allem von der Adenomgröße ab. Studien zufolge schwankt die Sensitivität des Verfahrens für Adenome ≥ 6 mm zwischen 78 und 98 %. Für Adenome ≥ 10 mm liegt sie bei ca. 90 %. CT und MRT geben sich in puncto Sensitivität nicht viel, bei der Spezifität schneidet die Kernspintechnik vermutlich besser ab, so die Einschätzung von Prof. Lauenstein. Der Implementierung einer Vorsorge per MRT stehen jedoch sowohl die hohen Kosten als auch die nicht flächendeckende Verfügbarkeit entgegen.
Wohin die Reise geht
Neutral bewertet Prof. Lauenstein die Möglichkeit, mittels virtueller Koloskopie extraintestinale Befunde zu erfassen, sowie die Patientenakzeptanz. Schließlich unterscheidet sich die Vorbereitung (Abführen, Nahrungskarenz) i.d.R. nicht von der der klassischen Darmspiegelung. Bauchaortenaneurysmen oder Nierenzellkarzinome können im CT zusätzlich detektiert werden, was einen gewissen Benefit mit sich bringt. Es gibt aber auch Beispiele für das „Öffnen der Büchse der Pandora“, so der Kollege. Dazu zählen fragliche Läsionen beim Anschnitt von Lunge oder Nebennieren. Das Verfahren könne also durchaus Ängste schüren.
Zum Intervenieren muss dann doch das Endoskop rein
Einen Vorteil bietet die Methode, wenn sich die invasive Koloskopie nicht vollständig durchführen lässt. Prof. Lauenstein berichtete von einem Patienten mit nicht passierbarem stenosierendem Sigmakarzinom, bei dem sich in der anschließenden virtuellen Bildgebung ein Zweitkarzinom an der rechten Flexur fand. Die Indikation bei inkompletter Koloskopie spiegelt sich mittlerweile in der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des kolorektalen Karzinoms wider.Steht ein Patient dem klassischen Screening – aus welchen Gründen auch immer – ablehnend gegenüber, kommt die noninvasive Variante ebenfalls infrage. Den Kandidaten müsse man aber ganz klar die Limitationen aufzeigen, mahnte der Referent: Kleine Läsionen können in der virtuellen Koloskopie übersehen werden und das Verfahren bietet keine Möglichkeit zur therapeutischen Intervention. Letztlich stellt sich die Frage, was sinnvoller ist: Gar keine Diagnostik oder eine virtuelle Früherkennung mit all ihren Nachteilen?
Quelle: 123. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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