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Vom Diabetes trennen: Bariatrische Chirurgie hilft Zuckerkranken langfristig

Noch zögern die Diabetologen. Trotz belegter Sicherheit, Wirksamkeit und Kosten-Effizienz werde die Chirurgie als Therapiemethode für Zuckerkranke immer noch kontrovers diskutiert, beklagen der Endokrinologe Dr. David Cummings von der University of Washington in Seattle und der Chirurg Professor Dr. Francesco Rubino vom King‘s College Hospital in London. Dabei würde die OP doch selbst in den wenigen Fällen, in denen sie langfristig nicht funktioniert, dem Patienten wahrscheinlich Vorteile bringen.
Bei einem Drittel der Roux-en-Y-Bypass-Operierten kommt es nach 8,3 Jahren zu einem Wiederaufflammen des Diabetes. Angesichts der bekannten Tücken der konservativen Therapie sei es möglich, dass selbst diese Krankheitspause später kardiovaskuläre Probleme erspare.
In den meisten anderen Fällen stehe der Sinn der Maßnahme ohnehin außer Frage. Denn auch wenn letztendlich noch niemand genau weiß, wie: Dass bariatrische Eingriffe einem Diabetiker völlig unabhängig vom Gewichtsverlust helfen, darf ihrer Meinung nach wissenschaftlich als bewiesen gelten. Dafür spreche beispielsweise, dass sich die Zuckerwerte nach einer Operation schon vor dem Abnehmen bessern, oder auch, dass die Veränderungen im Glukosestoffwechsel größer ausfallen als nach einem ähnlichen Gewichtsverlust auf anderem Wege.
Die Amerikanische Diabetes Gesellschaft legt deshalb in ihren neuen Leitlinien den Mitgliedern nahe, bei Patienten mit einer schlechten Zuckerkontrolle und einem Body Mass Index von mehr als 30 kg/m2 eine solche OP zumindest zu „erwägen“.
Komplikationsrate nach dem Eingriff beträgt maximal 3,4 %
Tatsächlich haben inzwischen nicht nur Beobachtungs-, sondern auch elf randomisiert-kontrollierte Studien Belege dafür geliefert, dass dieser Schritt richtig ist. Im Schnitt zeigten dort die Patienten verglichen mit herkömmlich behandelten Probanden einen höheren Gewichtsverlust, eine größere Remissionsrate und glykämische Kontrolle, bessere Blutfettwerte, brauchten weniger Medikamente und berichteten über mehr Lebensqualität.
Diese Vorteile waren assoziiert mit akzeptablen Komplikationen. 3,4 % beträgt die postoperative Rate der unerwüschten Ereignisse bei laparoskopisch durchgeführten Roux-en-Y-Bypässen. Die endoskopische Vertical Sleeve Gastrectomy und das Gastric Banding gelten als noch sicherer. „Das sind bessere Werte als bei einer Cholecystektomie“, so die Experten.
Mögliche Folgen: Probleme mit Psyche oder Knochen
Und doch finden sich eben auch Haare in der Suppe: Ein chronischer Eisenmangel in der Folge des Eingriffs lässt sich natürlich behandeln, aber was sagt man zu der verdoppelten bis verdreifachten Suizid- und Alkoholsucht-Rate? Noch nicht richtig eingeordnet sind auch die Signale, die für Langzeitprobleme im Kalziumhaushalt sprechen, einschließlich Osteoporose und vermehrten Frakturen. „Aber“, mahnen die Autoren, „all das muss man abwägen gegenüber den möglichen Konsequenzen einer nicht durchgeführten Operation“.
Letztendlich seien in der metabolischen Chirurgie aber noch viele Fragen zu klären: Ab welchem BMI kann man eine OP bei einem Diabetiker nun tatsächlich empfehlen? Wie steht es um die erwähnten Komplikationen? Und letztendlich fehlt auch noch die Antwort auf eine andere Frage: Wie geht es den Patienten nach fünf oder zehn Jahren?
Quelle: Cummings DE, Rubino F. Diabetologia 2018; 61: 257-264
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