Von der Biene auf die Wespe gekommen

Dr. Melanie Söchtig

Um die Gefahr für solche Behandlungsfehler möglichst gering zu halten, sollte gemäß Leitlinien behandelt und klare Richtlinien sowie Prozeduren in der Praxis etabliert werden. Um die Gefahr für solche Behandlungsfehler möglichst gering zu halten, sollte gemäß Leitlinien behandelt und klare Richtlinien sowie Prozeduren in der Praxis etabliert werden. © Gerhard Seybert – stock.adobe.com

Bei der allergenspezifischen Immuntherapie gibt es medizinische Risikofaktoren, aber auch ein Behandlungsfehler ist schnell passiert – das zeigt ein aktuelles Fallbeispiel aus der Schweiz.

Die allergenspezifische Immuntherapie hat sich zur ursächlichen Behandlung von Atemwegs- und Insektengiftallergien bewährt. Obwohl sie grundsätzlich sicher ist, besteht die Gefahr, dass allergische Reaktionen auftreten. Zu den medizinischen Risikofaktoren für systemische Reaktionen oder schwere Verläufe zählen:

  • interkurrente allergische Symptome und/oder hohe Allergenbelastung
  • akute Infekte
  • instabiles bzw. unzureichend kontrolliertes Asthma bronchiale
  • hoher Sensibilisierungsgrad
  • vorangegangene schwere systemische Reaktion auf eine Immuntherapie
  • Mastozytose bzw. erhöhte Mastzelltryptase
  • Hyperthyreose
  • Komedikation mit Beta-Blockern oder ACE-Hemmern
  • interkurrente Kreislaufbelastung (z.B. durch Alkoholkonsum, starke körperliche Anstrengung, Saunieren)

Aber auch organisatorische oder menschliche Fehler können im Rahmen der Therapie vorkommen. Über einen solchen Fall berichteten nun Allergologen um Prof. Dr. Andreas Bircher vom Universitätsspital Basel. Dabei handelte es sich um eine 20-jährige Frau, bei der seit drei Jahren eine Immuntherapie mit Bienengift durchgeführt worden war. Während die Patientin zuvor monatlich eine Erhaltungsdosis von 100.000 SQU Bienengift erhalten hatte, wurden ihr im Juni des dritten Jahres stattdessen versehentlich 100.000 SQU Wespengift injiziert. Obwohl keine unmittelbaren Nebenwirkungen auftraten, war nach einigen Wochen ein Anstieg der initial negativen wespenspezifischen IgE- und IgG-Antikörper zu beobachten, was auf eine aktive Sensibilisierung durch die hohe Einmaldosis Wespengift hindeutet.

Als weitere Fehler, die generell im Rahmen einer allergenspezifischen Immuntherapie passieren können, nennen die Autoren etwa eine inadäquate Dosissteigerung während der Einleitungstherapie, eine Über- oder Fehldosierung des Allergenextrakts, keine Dosisreduktion bei Chargenwechsel, inadäquate Injektionstechniken sowie keine oder verzögerte Adrenalingabe. Um die Gefahr für solche Behandlungsfehler möglichst gering zu halten, sollte gemäß Leitlinien behandelt und klare Richtlinien sowie Prozeduren in der Praxis etabliert werden (z.B. Standardisierung von Abläufen, eindeutige Etikettierung der Extrakte).

Im beschriebenen Fall konnte die allergenspezifische Immuntherapie gegen Bienengift nach zwei weiteren Jahren erfolgreich abgeschlossen werden; die Patientin verzichtete auf rechtliche Schritte oder Schadensersatzforderungen. Dennoch warnen die Autoren vor potenziellen Konsequenzen, die Behandelnden in solchen Fällen drohen: Juristisch dürfte ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten aus dem Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) vorliegen – möglicherweise auch eine fahrlässige Körperverletzung.

Quelle: Bircher AJ et al. Akt Dermatologie 2022; 48: 267-270; DOI: 10.1055/a-1660-4731

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