Wann Sie Einlagen knicken können

Dr. Dorothea Ranft

Die Experten erachten Einlagen bei jungen Patienten mit schmerzhaftem flexiblem „Plattfuß“ und bei einer Subluxation im Fußwurzelbereich bzw. fehlender Aufrichtung im funktionellen Zehenstand als sinnvoll. Die Experten erachten Einlagen bei jungen Patienten mit schmerzhaftem flexiblem „Plattfuß“ und bei einer Subluxation im Fußwurzelbereich bzw. fehlender Aufrichtung im funktionellen Zehenstand als sinnvoll. © fotolia/beeboys

Generationen von Kindern mit Knick-Senk-Füßen wurden mit Einlagen traktiert. Nur eine nutzlose Quälerei? Eine neue Leitlinie beleuchtet, wie viel Diagnostik und Therapie sinnvoll ist und worauf man eher verzichten sollte.

Bis zum Alter von sechs Jahren ist der flexible Knick-Senk-Fuß fast immer physiologisch – und weit verbreitet. Schließlich zeigen im Alter von 19 Monaten fast alle Kinder (97 %) eine entsprechende Fußform. Denn das mediale Längsgewölbe bildet sich erst bis zum Alter von etwa zehn Jahren aus. Nur bei etwa 4 % der 10-Jährigen persistiert der „Plattfuß“ oder wird sogar progredient, wobei Übergewicht als Risikofaktor eine wichtige Rolle spielt. Schon im Alter von sechs Jahren haben 62 % der betroffenen Kinder zu viele Pfunde auf den Rippen.

Jenseits der Zehnjahresgrenze, je nach Reifegrad auch schon früher, besteht die Gefahr einer Dekompensation mit zunehmender Rigidität. Allerdings leidet nur eine Minderheit von etwa 2 % der Kinder Schmerzen, heißt es in der aktuellen S2k-Leitlinie* unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chir­urgie (DGOOC).

Neben dem physiologischen flexiblen Knick-Senk-Fuß gibt es auch neurogene Erkrankungen, die u.a. das Beschwerdebild umfassen und einer besonderen Therapie bedürfen. Zu diesen Differenzialdiagnosen zählen z.B. das Down-Syndrom und die infantile Cerebralparese, die oft mit einer Muskelschwäche beginnt, während sich die Spastik z.T. erst im vierten Lebensjahr entwickelt. Auch Meningomyelozelen und kongenitale Myo- und Neuropathien führen häufig zu Fußfehlstellungen.

Rigide Fehlstellung von flexibler abgrenzen

Aufgrund des unmittelbaren Therapiebedarfs muss man die rigide Fehlstellung (z.B. knöcherne Fehlstellung, Spastik) bereits im Säuglingsalter von der flexiblen abgrenzen. Deswegen gilt es, alle Kinder, die mit „Plattfuß“ in die Praxis kommen, gründlich abzuklären. Die Anamnese umfasst u.a. Geburtskomplikationen, Familienanamnese, körperliche Entwicklung und Fußpathologie. In der klinischen Untersuchung stehen z.B. Schwielen, Achsfehlstellungen und Bewegungseinschränkungen im Fokus. Das Längsgewölbe sollte während des Aufrichtens in den Zehenstand beurteilt werden – nicht im maximalen Zehenstand.

Für Patienten mit schmerzhaftem, dekompensiertem oder rigidem/kontraktem Knick-Senk-Fuß empfiehlt die Leitlinie eine Röntgenuntersuchung in zwei Ebenen (a.p. und exakt seitlich). Die Aufnahmen sollten unter Belastung und beim stehfähigen Kind im Stand erfolgen. Korrekte Projektionen helfen, Fehldiagnosen zu vermeiden. Auch weitere Diagnostik wie Pedobarographie, Videoanalyse oder MRT können zum Einsatz kommen.

Klettern und Barfußlaufen

Eltern sollten den natürlichen Bewegungsdrang ihrer Sprösslinge wie Rennen, Klettern und Barfußlaufen aktiv unterstützen. Lauflernhilfen sind dagegen kontraproduktiv und eine spezielle Physiotherapie benötigen unter Sechsjährige mit physiologischem Knick-Senk- Fuß ebenfalls nicht. Ab dem Schulalter eignet sich Fußgymnastik, die sich in den Tagesablauf integrieren lässt (z.B. beim Zähneputzen, Hausaufgabenmachen). Außerdem sollten die Eltern dafür sorgen, dass ihr Kind normgewichtig bleibt und weiche Schuhe trägt, die in der Länge sowie Weite genügend Platz bieten.

Für die Therapie gilt der klare Grundsatz: Der flexible, schmerzlose physiologische Knick-Senk-Fuß bedarf keiner Behandlung – auch keiner Einlagen und Orthesen. Bei Kindern unter sechs Jahren, die weder eine neuromuskuläre Erkrankung noch eine Fehlbildung aufweisen, ist ebenfalls keine Therapie indiziert.

Individuelle Anfertigung mit sensomotorischen Elementen

Die Autoren der Leitlinie erachten Einlagen bei jungen Patienten mit schmerzhaftem flexiblem „Plattfuß“ und bei einer Subluxation im Fußwurzelbereich bzw. fehlender Aufrichtung im funktionellen Zehenstand als sinnvoll. Sie sollten individuell nach einem dreidimensionalen Fußabdruck gefertigt werden und wegen der propriozeptiven Stimulation sensomotorische Elemente enthalten. Rein mechanische Varianten aus hartem Material haben keinen günstigen Einfluss auf die Fußentwicklung.

In der Behandlung des neuromuskulären oder kontrakten Knick-Senk-Fußes kommt eine hochschalige Einlagenversorgung oder eine knöchelübergreifende dynamische Fuß-Sprunggelenkorthese zum Einsatz. Sie wirkt allerdings nur, wenn die Wadenmuskulatur nicht strukturell verkürzt ist.

Nachtschiene hält die Wadenmuskeln straff

Zusätzlich kann eine Nachtschiene mit Orthesengelenken helfen, Verkürzungstendenzen der Waden- und Peronealmuskulatur zu begegnen. Außerdem raten die Experten dazu, den physiotherapeutischen Befund der gesamten unteren Extremität wie Achsenfehlstellungen, Drehfehler oder Bewegungseinschränkungen falls nötig mitzubehandeln. Eine OP wird zwar nur selten benötigt – sie kann aber in schweren Fällen bereits in der ersten Lebensdekade sinnvoll sein, damit der Eingriff noch vor der Ausreifung des Fußskeletts erfolgt.

Quelle: S2k-Leitlinie „Kindlicher Knick-Senk-Fuß“, AWMF-Reg. Nr. 033/022, www.awmf.org

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Die Experten erachten Einlagen bei jungen Patienten mit schmerzhaftem flexiblem „Plattfuß“ und bei einer Subluxation im Fußwurzelbereich bzw. fehlender Aufrichtung im funktionellen Zehenstand als sinnvoll. Die Experten erachten Einlagen bei jungen Patienten mit schmerzhaftem flexiblem „Plattfuß“ und bei einer Subluxation im Fußwurzelbereich bzw. fehlender Aufrichtung im funktionellen Zehenstand als sinnvoll. © fotolia/beeboys