
Warnzeichen der Konversion frühzeitig erkennen

Der Beginn einer MS ist in der Regel von Schüben mit neu auftretenden fokalen neurologischen Ausfällen gekennzeichnet, auf die eine Phase der Remission folgt. Irgendwann setzt dann eine schleichende Verschlechterung neurologischer Funktionen unabhängig von den Schüben ein, die für eine sekundär progrediente MS (SMPS) spricht. Dies kann bei unbehandelten Patienten schon nach einem oder auch erst nach 51 Krankheitsjahren der Fall sein, schreiben Dr. Bruce Cree von der Abteilung für Neurologie an der Universität von Kalifornien in San Francisco und Kollegen.
Traditionell werden schubförmig verlaufende MS (RRMS) und SPMS als verschiedene Subtypen der Multiplen Sklerose betrachtet. Da sich jedoch pathologische Charakteristika und Krankheitsmechanismen überlappen, wird zunehmend davon ausgegangen, dass es ein Krankheitskontinuum von der RRMS zur SPMS gibt. Zu Beginn stehen entzündliche Prozesse im ZNS im Vordergrund, in späteren Stadien überwiegen neurodegenerative Vorgänge, auch wenn es durchaus noch zu Schüben mit neuen kontrastmittelspeichernden Läsionen kommen kann.
Keine Sonderstellung für die PPMS
Diagnostische Unklarheit oft über mehrere Jahre
Bisher gibt es keine sicheren Prädiktoren für den Übergang der RRMS in die SPMS. Als Risikofaktoren gelten höheres Alter bei MS-Beginn, männliches Geschlecht, hohe Schubrate und bereits im frühen Verlauf, längere Krankheitsdauer, höherer Ausgangs-EDSS und rascher Anstieg, größere Last an T2-Läsionen, Rückenmarksbeteiligung und geringeres Hirnvolumen. Die Diagnose der SPMS ist nicht einfach und erfolgt meist erst retrospektiv, wenn die Patienten sich von einem akuten Schub nicht mehr erholen oder die Symptome sich unabhängig von Schüben schleichend verschlechtern. Meist ist der Übergang beider Formen nicht klar zu definieren und es besteht nicht selten eine mehrjährige Periode diagnostischer Unsicherheit. Da es mittlerweile eine Therapie mit nachgewiesener Wirksamkeit bei SPMS gibt, muss die Krankheitsprogression gut überwacht werden, um möglichst zeitgerecht mit der Therapie beginnen zu können, schreiben Dr. Cree und seine Kollegen. Hilfreich sind dabei der EDSS, der Timed 25-Foot Walk Test zur Messung der Gehgeschwindigkeit und der Nine-Hole Peg Test. Hinzu kommen neuropsychologische Tests zur Kontrolle der kognitiven Funktion. Allerdings fehlt bislang eine allgemein akzeptierte standardisierte Definition der SPMS, kritisieren die Kollegen. Die meisten der vorgeschlagenen beruhen mehr oder weniger auf dem EDSS, der sehr auf die motorische Funktion abzielt. Stehen andere Symptome wie Fatigue oder kognitive Störungen im Vordergrund, könnte es zur Unterdiagnose der SPMS kommen.Therapie möglichst zeitgerecht beginnen
Für die RRMS stehen schon seit Längerem zahlreiche effektive Therapien zur Verfügung – für die SPMS war das lange nicht der Fall. Viele der bei RRMS wirksamen Medikamente wurden auch bei der SPMS getestet, zumeist ohne durchschlagenden Erfolg. Zugelassen ist mittlerweile der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator Siponimod. In der EXPAND-Studie wurde das Risiko für eine gesicherte Behinderungsprogression in einem Zeitraum von drei Monaten um 21 % im Vergleich zu Placebo reduziert. Wie Dr. Cree und seine Kollegen ausführen, könnte die Wirksamkeit durch einen dualen Wirkmechanismus bedingt sein, da Siponimod sowohl die peripher-vermittelte Entzündung reduziert, als auch direkt antiinflammatorische und promyelinisierende Effekte aufweist. Es müsse aber noch überprüft werden, ob sich die Behandlung mit diesem Medikament auch außerhalb kontrollierter klinischer Studien bewährt.Quelle: Cree BAC et al. Neurology 2021; 97: 378-388; DOI: 10.1212/WNL.0000000000012323
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