Was alte Knochen bröseln lässt und was sie stärkt

Dr. Franziska Hainer

Ein erhöhtes Risiko für eine Fragilitätsfraktur am Schenkelhals besteht bei einem T-Wert unter -2,5 bei der DXA-Messung. Ein erhöhtes Risiko für eine Fragilitätsfraktur am Schenkelhals besteht bei einem T-Wert unter -2,5 bei der DXA-Messung. © Science Photo Library/ Pasieka, Alfred

Bei Frauen ab 65 Jahren sollte die Knochendichte ins Blickfeld rücken. Bei einem T-Wert kleiner als -2,5 oder einer Fragilitätsfraktur liegt eine Osteoporose vor. Vier Medikamente stehen zur Auswahl, um das Frakturrisiko der Patientinnen zu senken.

Von den Patientinnen mit postmenopausaler Osteoporose erleiden 50 % eine Fragi­litätsfraktur. Wirbelsäule, Hüfte, Handgelenk, Humerus oder Becken sind besonders prädestiniert. Eine Hüftfraktur verdoppelt das Mortalitätsrisiko im ersten Jahr nach der Fraktur, warnen Prof. Dr. ­Marcella ­Donovan ­Walker und Prof. Dr. ­Elizabeth ­Shane von der Columbia University in New York in ihrer Übersichtsarbeit. 

Eine Knochendichtemessung mittels DXA* sollte bei Frauen ab 65 Jahren erfolgen – bei erhöhtem Osteoporoserisiko auch früher. Risikofaktoren für postmenopausale Osteoporose sind u.a. höheres Alter, niedriges Körpergewicht (< 58 kg), Frakturen im Erwachsenenalter, Hüftfrakturen der Eltern, Therapie mit Glukokortikoiden (> 5 mg Prednisolonäquivalent/d länger als drei Monate), Medikamente, die das Osteoporoserisiko erhöhen, Rauchen, exzessiver Alkoholkonsum und Auslöser sekundärer Osteoporose (z.B. Diabetes mellitus, HIV, Organtransplantationen).

Eine Therapie benötigen Patientinnen mit:

  • Fragilitätsfrakturen (besonders der Hüfte und der Wirbelsäule), unabhängig von der Knochendichte
  • T-Werten unter -2,5 in LWS, Hüfte oder Schenkelhals
  • einem hohen Zehn-Jahres-Frakturrisiko laut FRAX-Algorithmus (≥ 3 % Risiko für Hüftfrakturen oder ≥ 20 % osteoporosebedingtes Frakturrisiko)

Ein hohes Risiko haben Frauen, die die Mindestkriterien erfüllen. Ein sehr hohes Risiko liegt bei T-Werten unter -3,0 vor, bzw. bei T-Werten unter -2,5 plus Fragilitätsfraktur oder mehreren Wirbelfrakturen. Nach dieser Einteilung richtet sich die Therapie.

Kasuistik: Ältere Patientin mit multiplen Frakturen

Eine 69 Jahre alte Frau kommt zur Besprechung ihrer ersten DXA-Befunde. Die T-Werte sind -2,6 in der LWS und -2,3 in der Hüfte. Vor 18 Monaten stürzte sie beim Gehen und zog sich dabei eine Humerusfraktur zu. Sie war 5 cm kleiner geworden und hatte eine thorakale Kyphose. Eine Bildgebung der Wirbelsäule zeigte zwei Wirbelfrakturen. Zum Fallbeispiel kommentieren die Autorinnen: Die Humerusfraktur wurde damals offenbar nicht als Zeichen einer Osteoporose erkannt. Die multiplen Fragilitätsfrakturen sprechen für ein sehr hohes Frakturrisiko. Es sollte eine Therapie mit rekombinantem Parathormon oder Romosozumab begonnen werden. Die Expertinnen empfehlen, anschließend Denosumab (mit möglicherweise größerem Effekt auf die Knochendichte) oder Bisphosphonat zu geben. Eine DXA-Verlaufskontrolle sollten nach ein bis zwei Jahren durchgeführt werden.

Therapie

Zu den wichtigsten Lifestyle-Maßnahmen zählen Krafttraining, Sturzprophylaxe, Rauchstopp und Vermeidung von exzessivem Alkoholkonsum. 1.000–1.200 mg Kalzium und 400–1.000 IU Vitamin D täglich mit der Nahrung aufzunehmen, lautet die Empfehlung in den meisten Leitlinien. Umstritten bleiben Kalzium und Vitamin D als Supplemente, da es bisher keine klare Evidenz für eine Senkung des Frakturrisikos gibt.

Bisphosphonate

Bisphosphonate wirken antiresorptiv und sind oft erste Wahl für Frauen mit postmenopausaler Osteo­porose und hohem Frakturrisiko. Die Wirkstoffgruppe ist effizient, sicher, gut anwendbar (oral und intravenös) und kostengünstig. Bisphosphonate wirken sogar über den Einnahmezeitraum hinaus. Sie senken das Risiko für Wirbelfrakturen, Hüftfrakturen und Nicht-Wirbelfrakturen (Ausnahme: Ibandronat). Das Risiko für Kiefernekrosen und atypische Femurfrakturen schätzen die Autorinnen bei der Dosierung für diese Gruppe als niedrig ein. Therapiepausen senken möglicherweise das Risiko für atypische Femurfrakturen unter Bisphosphonat-Therapie.

Denosumab

Denosumab ist eine Alternative für Patientinnen mit hohem Risiko. Es wird alle sechs Monate subkutan verabreicht. Der antiresorptiv wirkende Antikörper führte in Studien zu höherer Knochendichte als Bisphosphonate, aber die Evidenzlage für eine Senkung des Frakturrisikos ist begrenzt. Im Vergleich zu Placebo reduzierte Denosumab das Frakturrisiko für Wirbelsäule, Hüfte und Nicht-Wirbelfrakturen. Cave: Beim Absetzen kann es zu schnellem Knochenabbau mit hohem Frakturrisiko kommen. Deshalb sollte es durchgehend angewandt oder durch Bisphosphonate abgelöst werden.

Romosozumab

Romosozumab ist in den meisten Leitlinien die bevorzugte Erstlinientherapie bei sehr hohem Risiko. Der osteoanabol wirksame Antikörper wird monatlich subkutan verabreicht. Die Therapie ist auf ein Jahr begrenzt. Anschließend ist eine Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab nötig. Die ­FRAME-Studie belegte einen Rückgang des Frakturrisikos (vertebral und nicht-vertebral) nach zwölf Monaten, verglichen mit Placebo. Anwendungsbeschränkungen gelten im ersten Jahr nach einem Myokardinfarkt oder Schlaganfall, denn in einer Studie gab es kardiovaskuläre Zwischenfälle.

Rekombinantes Parathormon

Teriparatid oder Abaloparatid sind bei Patientinnen mit sehr hohem Frakturrisiko indiziert. Die osteoanabolen Substanzen werden täglich injiziert und reduzieren das Risiko für Wirbelfrakturen und Nicht-Wirbelfrakturen. Um den osteoanabolen Effekt der Therapie aufrechtzuerhalten, muss eine antiresorptive Therapie folgen. Langzeitergebnisse stehen noch aus und ein Hinweis auf ein erhöhtes Osteosarkomrisiko beschränkten die Anwendung. Die Autorinnen empfehlen längeren Einsatz nur unter strenger Indikationsstellung und nicht bei erhöhtem Osteosarkomrisiko.

Für alle genannten Substanzen sind regelmäßige Reevaluationen von Nutzen und Risiko indiziert. Eine Verlaufs-DXA ein bis zwei Jahre nach Therapiebeginn ist nach Ansicht der Autorinnen sinnvoll, um ein Therapieversagen zu erkennen. 

* Dual energy X-ray absorptiometry

Quelle: Walker MD, Shane E. N Engl Med 2023; 389: 1979-1991; DOI: 10.1056/NEJMcp2307353

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Ein erhöhtes Risiko für eine Fragilitätsfraktur am Schenkelhals besteht bei einem T-Wert unter -2,5 bei der DXA-Messung. Ein erhöhtes Risiko für eine Fragilitätsfraktur am Schenkelhals besteht bei einem T-Wert unter -2,5 bei der DXA-Messung. © Science Photo Library/ Pasieka, Alfred