Spät, aber heftig
 
 
 
 
 
 
 
 
Wie Osteoporose an Männerknochen nagt

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Die Osteoporose lässt nicht nur Frauenknochen brechen, sondern auch die von Männern. Die Osteoporose lässt nicht nur Frauenknochen brechen, sondern auch die von Männern. © Science Photo Library/Fung, K.H.

In puncto Osteoporose werden Männer oft stiefmütterlich behandelt. Dabei ist ihr Risiko für osteoporotische Frakturen höher als die Gefahr, ein Prostatakarzinom zu entwickeln.

Osteoporose ist keine Frauenkrankheit, betonte Professor Dr. Maria Luisa Brandi, Endokrinologische Abteilung der Medizinischen Klinik der Universität Florenz. Millionen von Männern leiden ebenso unter der Knochenschwäche und den Folgen der Brüche – insgesamt betreffen etwa 30 % der Hüftfrakturen Männer.

Männerknochen brechen später

Im Vergleich zu Frauen brechen ihre Knochen jedoch erst später: Ab einem Alter von etwa 60 Jahren steigen die Raten von Hüft-, Handgelenks- und Wirbelkörperfrakturen deutlich an. Weil Männer zum Zeitpunkt ihrer osteoporotischen Fraktur älter sind als Frauen, haben sie meist auch mit schwereren Folgen zu kämpfen. So zeigen Studien, dass 37 % der Männer das erste Jahr nach ihrer Hüftfraktur nicht überleben und bei den Übrigen die Lebensqualität deutlich reduziert ist.

Im Gegensatz zu den Frauen ist die Osteoporose bei Männern nur zu etwa einem Drittel primär, d.h., entweder idiopathisch oder altersbedingt. Die Mehrzahl der Fälle (65–70 %) ist sekundär. Mögliche Ursachen reichen von endokrinen Erkrankungen über Medikamente bis hin zu Lebensstilfaktoren (siehe Kasten). Zudem ergab eine Untersuchung aus dem Jahr 2016, dass neben Alter, vorangegangenen Frakturen und den schon bekannten Risikofaktoren noch weitere Umstände die Gefahr einer Hüftfraktur zusätzlich steigern können: Dazu gehörten z.B. eine hohe Statur, kognitive Einschränkungen, Scheidung und ein schlechtes Abschneiden im Aufstehtest. 

Ursachen sekundärer Osteoporose bei Männern (Auswahl)

  • endokrine Erkrankungen: Hypogonadismus, Cushing-Syndrom, Akromegalie, Diabetes, Vitamin-D-Mangel.
  • Lebensstil: Alkoholmissbrauch, Bewegungsmangel, Rauchen, Unterernährung, Proteinmangel, Kalziummangel, Immobilisation.
  • Medikamente: Glukokortikoide, Antiepileptika, Immunsuppressiva, Chemotherapeutika, HIV-Behandlung, Androgendeprivation.
  • andere Erkrankungen: rheumatoide Arthritis, chronische Leber- oder Nierenerkrankungen, COPD, Plasmozytom, Malabsorptionssyndrome.

Doch wie kommt man der Osteoporose bei Männern auf die Spur? Die Knochendichtemessung ist ein wichtiges Instrument, je nach Empfehlung soll sie bei Männern über 70 Jahre und bei jüngeren mit Risikofaktoren vorgenommen werden. Auch das Labor hilft weiter. Prof. Brandi rät zu folgenden Untersuchungen:
  • Kalzium (Serum), Phosphat, Kreatinin, alkalische Phosphatase und Leukozyten
  • Leberfunktionswerte
  • Proteinelektrophorese bei über 50-Jährigen
  • 25(OH)-Vitamin D und Parathormon
  • Kreatinin und Kalzium im 24-Stunden-Urin
  • Spezialtests je nach konkreten Hinweisen auf sekundäre Osteoporose.
Die Osteoporoseprävention unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen nicht, betonte die Expertin. Basis sind eine gute Ernährung mit Verzicht auf Alkohol und Rauchen, viel Bewegung, Balance- und Krafttraining sowie, wenn nötig, Kalzium- und Vitamin-D-Supplementierung. Auch kommen dieselben Medikamente zum Einsatz. Allerdings beruhen die Angaben zu ihrer Wirksamkeit meist auf randomisierten, kontrollierten klinischen Studien mit nur weiblichen Teilnehmern. Trotzdem scheinen sie auch osteoporotische Männerknochen vor weiteren Frakturen zu schützen, wie Prof. Brandi ausführte. So reduzierten sich laut verschiedenen Auswertungen vertebrale Frakturen bei Männern unter Alendronat um 56 %, unter Risedronat um 61 % (das für nicht-vertebrale um 47 %) und unter Zoledronat i.v. innerhalb von zwei Jahren um 62 %. Subkutanes Denosumab (halbjährlich) senkte bei einer Untersuchung an Prostatakarzinompatienten das Risiko für neue vertebrale Frakturen innerhalb von drei Jahren ebenfalls um rund zwei Drittel. Und subkutanes Teriparatid reduzierte im Follow-up das Risiko für vertebrale Frakturen (fast signifikant) um 51 %.

Quelle: EULAR* 2021 Virtual Congress

* European Alliance for Rheumatology

Osteoporose mit Kyphose sowie eingebrochenen und höhenverminderten Wirbelkörpern (kolorierter 3D-Scan). Osteoporose mit Kyphose sowie eingebrochenen und höhenverminderten Wirbelkörpern (kolorierter 3D-Scan). © Science Photo Library/Fung, K.H.