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Was bei der Therapie mit Enfortumab-Vedotin im klinischen Alltag wichtig ist

Bis 2021 war eine taxanbasierte Chemotherapie oder Vinfludin Standard für die Behandlung von Personen mit platin- und immuntherapierefraktärem Urothelkarzinom. Seit Kurzem gibt es mit Enfortumab-Vedotin (EV) eine neue Option. Die Zulassung basiert auf der offenen EV-301-Studie, in der das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat mit einer Standardtherapie nach Wahl der Prüfärztin/des Prüfarztes (Docetaxel, Paclitaxel oder Vinflunin) verglichen wurde. Mit EV erreichten die Teilnehmenden ein PFS von median rund 5,6 Monaten und ein OS von median 12,9 Monaten. In der Kontrolle lagen die Werte mit 3,7 Monaten und knapp 9,0 Monaten signifikant unter den Ergebnissen des Prüfarms.
In der Routine lassen sich mit EV auch in prognostisch ungünstigeren Kohorten ähnliche Ergebnisse erzielen, berichtete Dr. Stefanie Zschäbitz vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen, Heidelberg. Sie stellte die Ergebnisse von 94 Patient:innen mit vorbehandeltem, fortgeschrittenem Urothelkarzinom vor, die in einer von 17 deutschen Kliniken EV erhalten hatten. Die Therapie erfolgte nach Zulassung entsprechend der Fachinformation, im Rahmen eines Compassionate-Use-Programms oder einer Studie sowie – selten – als individueller Heilversuch nach Antragstellung und Import von EV aus dem Ausland.
Patient:innencharakteristika
Die Teilnehmenden waren median 64 Jahre alt (17 % ≥ 75 Jahre). Drei Viertel der Betroffenen hatten einen guten Allgemeinzustand. Am häufigsten fand sich eine moderate Einschränkung der Nierenfunktion, jede fünfte Person wies kardiale Komorbiditäten auf oder hatte eine Diabetes-Diagnose. Die Zahl der Vorbehandlungen reichte bis maximal 5; die meisten hatten bislang zwei Therapien erhalten, am häufigsten einen Checkpoint-Inhibitor (95,7 %) und ein cisplatinhaltiges Regime (77,7 %).
Keine schlechten Ergebnisse
Mit dem Antikörper-Wirkstof-Konjugat betrug die Gesamtansprechrate 39,4 %, wobei drei Betroffene (3,2 %) eine komplette und 34 (36,2 %) eine partielle Remission erreichten. Zusammen mit 9,6 % stabilen Erkrankungen ergab sich eine Krankheitskontrollrate von 49,0 %. Dr. Zschäbitz bezifferte das mediane OS mit 10,0 Monaten und das mediane PFS mit 5,0 Monaten. „Das ist nicht so viel schlechter als in den Zulassungsstudien, obwohl die Patient:innen in einer schwierigeren Ausgangssituation waren.“
69,1 % entwickelten Nebenwirkungen, davon 34 % auch des Grads 3–5; es kam zu drei behandlungsassoziierten Todesfällen. Häufige unerwünschte Ereignisse waren insbesondere Polyneuropathie und Nebenwirkungen an der Haut in allen Schweregraden. „Wir lernen gerade, mit der Toxizität umzugehen“, sagte Dr. Zschäbitz. Sie betonte die Bedeutung der guten Schulung der Patient:innen. Die Informationsbroschüre des pharmazeutischen Herstellers ist nach ihrer Erfahrung hilfreich. „Die Betreuung der Behandelten erfolgt bei uns zusammen mit der Dermatoonkologie“, erläuterte die Hämatoonkologin das Vorgehen in Heidelberg. Die PNP tritt häufig von einem Tag auf den anderen auf, ist manchmal regredient, verschwindet jedoch nicht. Für die Nebenwirkung spielt laut Dr. Zschäbitz auch die Vortherapie beispielsweise mit Cisplatin eine Rolle. Wenn bereits ein Ansprechen auf EV erreicht wurde, kann eine zweiwöchentliche statt der wöchentlichen Gabe die Lebensqualität verbessern, ergänzte Prof. Dr. Viktor Grünwald vom Universitätsklinikum Essen.
Quelle:
Zschäbitz S. Jahrestagung 2022 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie; Vortrag V233: „Enfortumab-Vedotin bei metastasiertem Urothelkarzinom: retrospektive, multizentrische Patientenkohorte“
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